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Fördert Chaos die Kreativität ?

******XXL Mann
3.802 Beiträge
Erst mal danke an Tatjana_DA für den Thread. Ich nutze den mal um ein paar Gedanken rund um das Thema Chaos los zu werden. Das ist für mich begriffliche Arbeit, die ich für sehr wichtig halte.

Im Übrigen gehe ich mal davon aus, dass der Thread auch gut ohne persönliche Anpissereien auskommt. Insofern bitte *troll*.

Zunächst mal möchte ich hervorheben, dass Chaos nicht das Gegenteil von Ordnung ist. Das Gegenteil von Ordnung ist Unordnung. Wikipedia sagt

******dia:
Das [...] Chaos [...] ist ein Zustand vollständiger Unordnung oder Verwirrung

Ein bisschen Unordnung ist also noch kein Chaos.

*********13AB:
In der Physik gibt es den Begriff der Entropie, d.h., das Bestreben von Materie, in einen zunehmend größer werdenden Zustand von Unordung zu geraten und dabei Energie abzugeben.

Sehr richtig. Ergebnis einer vollständigen Entropie ist eine vollständige Gleichförmigkeit. Es ist nichts mehr voneinander unterscheidbar - also wirklich nichts. Das ganze Universum ist eine einzige, völlig homogene Sphäre.

Es ist offensichtlich, dass ein solcher Zustand mit dem Leben nicht vereinbar ist. Ich würde sogar sagen, dass das Leben die einzige bekannte Kraft im Universum ist, die der Entropie entgegen wirkt.

D.h. um den Begriff Chaos zu verstehen, müssen wir uns mit den Begriffen Ordnung und Unordnung auseinandersetzen. Ich würde es noch ein wenig anders, m.E. deutlicher formulieren mit dem Begriff Struktur. Diese Begriffe wiederum kommen ohne den Begriff der Regel nicht aus.

Vorsichtig sein müssen wir hier übrigens mit der menschlichen Wahrnehmung. Der menschliche Wahrnehmungsapparat ist darauf ausgelegt Strukturen zu erkennen - auch dann wenn sie vielleicht unvollständig sind. Deswegen können wir auch ohne große Mühe Gesichter oder anderes in simple Tintenkleckse hineininterpretieren. Mit der Wahrnehmung von Struktur und deren tatsächlicher Anwesenheit ist es also so eine Sache.

Eine Regel ist eine Vorschrift, wie Dinge angeordnet sein sollen oder Handeln ablaufen soll. Die Anwendung von Regeln schafft Ordnung und Strukturen. Werden in einem Bereich keine Regeln angewandt, so entsteht Unordnung.

Eine Regel schafft damit auch immer Grenzen. Eine Struktur ist nichts anderes als eine Sammlung von Grenzen. Wenn das physikalische Chaos sich durch Gleichförmigkeit präsentiert, dann ist das genau die Abwesenheit von Grenzen.

Regeln gibt es jetzt in zwei Geschmachsrichtungen. Die eine Geschmacksrichtung nennen wir Naturgesetze. Naturgesetze "regeln" wie sich die Elemente der Natur verhalten und daraus folgend Strukturen bilden. Naturgesetze sind ungeheuer mächtig, denn sie setzen sich einfach so durch - dafür braucht es keinen menschlichen Eingriff. Deswegen macht es übrigens auch keinen Sinn sich gegen Naturgesetze aufzulehnen.

Die andere Geschmacksrichtung sind Regeln, die von Menschen gemacht werden. Die gibt es in verschiedenen Darreichungsformen als Gesetz, Norm, etc. Im Gegensatz zu Naturgesetzen müssen Regeln durchgesetzt werden um wirksam zu werden. Das kann unspektakulär sein wenn sich einfach alle dran halten und das kann spektakulär sein wenn die Handelnden das nicht tun und andere für die Einhaltung sorgen.

Werden Regeln nicht durchgesetzt, so können sie ihre ordnende Wirkung nicht entfalten. Regeln ohne Durchsetzung machen also keinen Sinn. Schärfer: Regeln müssen immer zusammen mit ihrer Durchsetzung gedacht werden.

Grenzen sind ein eigen Ding. Sie schaffen z.B. Grenzfälle, über die sich trefflich streiten lässt, was aber selten weit führt. Grenzen haben auch eine seltsame Ambivalenz. Auf der einen Seite können sie einengend sein, auf der anderen Seite bieten sie aber auch eine definierte Sphäre in der ich mich sicher bewegen kann.

So mag die Schwerkraft zwar mich zwar dahingehend einengen, dass ich eben nicht einfach abheben kann, gleichzeitig gibt sie mir die Gewissheit, dass ich stets auf dem Boden bleibe *g*.

Diese Schaffung einer definierten Sphäre, in der ich mich dann frei und sicher bewegen kann ist m.E. die Rechtfertigung für Regeln.

Chaos in einem gesellschaftlichen Zusammenhang kann also mit der völligen Regellosigkeit gleich gesetzt werden. Dabei ist es unerheblich, ob es gar keine Regeln gibt oder ob Regeln regelmäßig (sic!) nicht eingehalten bzw. durchgesetzt werden. Auch die Variante, in der jeder eigene Regeln macht fällt in dieser Kategorie.

Chaos macht auf gesellschaftlicher Ebene ungeheuer unfrei. Ich kann mich ja auf nichts mehr verlassen und muss für alles selbst sorgen. An Chaos können dementsprechend nur die Interesse haben, die große Macht haben.

Um nach diesem längeren Exkurs nochmal zur konkreten Frage zu kommen. Kreativität besteht ja zu einem wesentlichen Teil daraus keine (bekannten) Regeln anzuwenden, sondern gerade Neues zu schaffen. Damit ist es logisch, dass Kreativität per Definition nicht funktionieren kann, wenn sämtliche Regeln (gedanklich) eingehalten werden.

Chaos hingegen ist für Kreativität nicht förderlich, denn im Chaos kann nichts (nachhaltig) geschaffen werden, weil alles sofort von der Zerstörung bedroht ist. Und um das Erschaffen geht es ja bei Kreativität.


LG
*klugscheisser* Stefan
**st
BICINUM, keine Angst, ich verlange von Niemandem, dass er das totale Chaos mag. *zwinker*
In meinem Eröffnungs-Thread ging es eher um die Frage, ob Chaos die Kreativität fördert oder fördern kann.
Und um die Frage, was Chaos eigentlich ist, bzw. was es für den Einzelnen bedeutet.

Blueberry, mein Chaos ist nicht phyikalischer Natur, außerdem ein Niedrigenergie-Chaos. Zum Ordnung halten benötige ich viel mehr Energie.
Aber natürlich braucht man Energie um kreativ zu sein.
**st
Stefan schreibt:

Chaos macht auf gesellschaftlicher Ebene ungeheuer unfrei. Ich kann mich ja auf nichts mehr verlassen und muss für alles selbst sorgen. An Chaos können dementsprechend nur die Interesse haben, die große Macht haben.

Chaos auf gesellschaftlicher Ebene ist auf jeden Fall sehr anstrengend. Wenn ich aber zuhause, in meinen vier Wänden, also innerhalb meiner selbst gewählten Grenzen bin, dann ist Chaos für mich nicht mehr störend und auch nicht anstrengend.

Theoretisch mag es durchaus stimmig sein, dass Chaos der Kreativität hinderlich ist.
Meine Erfahrung sagt mir aber immer wieder, dass das Chaos meine Kreativität fördert.

Möglicherweise liegt das daran, dass doch jeder Mensch eine andere Vorstellung von Chaos hat. Wenn eine Person von Chaos redet, hat sie eine ganz bestimmte, für sich festgelegte Vorstellung vom Chaos und die meisten Menschen lesen nicht erst bei Wikipedia oder einem Physikbuch nach, wie Chaos definiert wird.

Deshalb bleibt es weiter spannend für mich, bei der Frage: Was ist Chaos für den Einzelnen und kann es die Kreativität fördern ?
*******_DA:
Theoretisch mag es durchaus stimmig sein, dass Chaos der Kreativität hinderlich ist.
Meine Erfahrung sagt mir aber immer wieder, dass das Chaos meine Kreativität fördert.

Vielleicht, weil das "Chaos" nur bei dir ist? und sich nicht außerhalb deiner Wohnung fortsetzt?


In der Physik spricht man von Arenen- Geltungsbereichen. Naturgesetze z.Bsp. gelten nicht überall. Auf Quantenebene funktionieren sie nicht.

Deine Ordnung ist also (und das ist für deine Kreativität wichtig) Draußen Ordnung, drinnen Unordnung. Ein bewusst gewählter Umstand mit einem bewussten Ziel.
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
****NUM:

In der Physik spricht man von Arenen- Geltungsbereichen. Naturgesetze z.Bsp. gelten nicht überall. Auf Quantenebene funktionieren sie nicht.

Das überrascht mich jetzt. Muss mich erst mal schlau machen ...

überlegt

luccioladagosto

*nachdenk*
**st
Deine Ordnung ist also (und das ist für deine Kreativität wichtig) Draußen Ordnung, drinnen Unordnung. Ein bewusst gewählter Umstand mit einem bewussten Ziel.

Das kommt hin.
Drinnen herrscht größere Freiheit, drinnen mache ich die Regeln selbst.
*****_54 Frau
11.811 Beiträge
Zitat Stefan
Chaos hingegen ist für Kreativität nicht förderlich, denn im Chaos kann nichts (nachhaltig) geschaffen werden, weil alles sofort von der Zerstörung bedroht ist. Und um das Erschaffen geht es ja bei Kreativität.


Zitat Tati
Theoretisch mag es durchaus stimmig sein, dass Chaos der Kreativität hinderlich ist.
Meine Erfahrung sagt mir aber immer wieder, dass das Chaos meine Kreativität fördert.

Mitten im Chaos kann sicher nichts direkt geschaffen werden. Aber NACH dem Chaos sehr wohl.
Dann nämlich, wenn man aus dem Chaos Elemente heraus löst und (zumindest für einen selbst, ob es für die Welt gilt, steht auf einem anderen Blatt) in eine neue Ordnung stellt.
******XXL Mann
3.802 Beiträge
Also dass ich Tati mal ein *danke* zu einem Beitrag zum Thema Chaos gebe, hätte ich mir vor ein paar Tagen noch nicht träumen lassen *juhu*.

*******_DA:
Möglicherweise liegt das daran, dass doch jeder Mensch eine andere Vorstellung von Chaos hat.

Oder andersherum gewendet: Verschiedene Vorstellungen von Regeln. Denn im sozialen Feld sind es ja die von Menschen gemachten Regeln, die definieren, was (völlige) Unordnung ist. Und im Gegensatz zu Naturgesetzen sind menschliche Regeln ja änderbar und

****NUM:
In der Physik spricht man von Arenen- Geltungsbereichen. Naturgesetze z.Bsp. gelten nicht überall. Auf Quantenebene funktionieren sie nicht.

in noch viel stärkerem Maße können in unterschiedlichen Bereichen unterschiedliche Regelsätze gelten. Wat dim eenen sin Uuhl is dem annern sin Nachtigall.

Wenn wir also im menschlichen Bereich über Chaos / Unordnung reden, dann müssen wir eigentlich immer auch das Regel-Set angeben hinsichtlich dessen es eben Chaos / Unordnung ist. Das ist im Großen sicher nicht immer so schwierig - dann eher bei den Grenzfällen. Aber individuell können die Regel-Sets sehr unterschiedlich sein. Und das ist auch gut so und eine wichtige Qualität.


Liebe Grüße
Stefan
****low Frau
8.319 Beiträge
******XXL:
Also dass ich Tati mal ein *danke* zu einem Beitrag zum Thema Chaos gebe, hätte ich mir vor ein paar Tagen noch nicht träumen lassen *juhu*



Hach der gute, alte Frühling:

Love is in the air,
Everywhere you look around ... *wolke7*




*klugscheisser*-Modus:

Nichts ist unmöglich und der Wille verschiebt Berge ... *blumenwiese*
bin mir nach dem Durchlesen nicht ganz schlüssig ob nun das Chaos zuerst da war oder die Ordnung ?
Vielleicht war das Chaos dann einfach geordnet: da ist chaos, und da auch, und da, und das in einer gewissen Ordnung, nix weiß....
**st
bin mir nach dem Durchlesen nicht ganz schlüssig ob nun das Chaos zuerst da war oder die Ordnung ?

Das Chaos war zuerst da. Der Mensch hat die Ordnung erfunden. Und wie es bei den Menschen so ist, wird alles gleich übertrieben. Der Mensch fing ja sogar an, die Natur zu ordnen. Der Rasen vor oder hinter dem Haus ist so ein Lieblingsbeispiel von mir.
Auch meine Eltern waren immer der Meinung, ein Garten müsse "ordentlich" aussehen. Deshalb wurden wunderhübsche Disteln herausgerissen und beim Anlegen der Beete Schnüre gespannt.
Als Jugendlicher bekam ich mal den Auftrag in unserem Nutzgarten Karotten zu säen. Mein Vater sagte noch: Spann dir eine Schnur, dass die Reihen schön gerade werden.
Ich stand vor dem Beet und fand, dass Karotten, die im Zick-Zack wachsen, bestimmt viel schöner aussehen. Also zog ich mit dem Rechenstiel Furchen im Zick-Zack übers Beet. Als die ersten Pflänzchen aus der Erde lugten, war der Zirkus da.
Die Karotten dagegen schmeckten genauso wie immer.
*******_DA:
Der Mensch fing ja sogar an, die Natur zu ordnen.

Da stimmte der Frosch zu, bevor er den Löwen in Gänze verschlang und anschließend hinfortflog.

Ich bin ein wenig hin und hergerissen bezüglich das der Mensch ordnet. Das glaube ich nicht ganz. Wir empfinden es so, das die Begrifflichkeiten eine Ordnung erschaffen (gerade/zickzack) aber aus Begriffen geht halt nur bedingt eine ordnende Wirkung hervor. Wir sind nicht Gott, weil unsere Worte keinen schöpferischen Aspekt haben, vielleicht in unserer Wirklichkeit, aber nie in der Realität.
Nur weil ich den Frosch zu den Vögeln ordne wird dieser nicht fliegen können. Sicher kann ich Formen nach eckig und rund sortieren und dadurch entsteht eine geschaffene Ordnung. Dennoch gibt es, ich sage mal natürliche Strukturen (Ordnungen), die nichts mit dem anderen menschengemachten Teil der Bedeutung "Ordnung" zu tun hat. Das sieht man z.Bsp. bei Nahrungsketten, die immer gleichsam ablaufen (Das Plankton fängt nicht plötzlich an den Wal zu essen).

Vielleicht ist es wie beim Wort "Gut". Zum einen kann es eine Attestierung von Leistung/Wert sein. Aber auch als Gesinnungszustand- als Gegenteil von "böse". Ich vermute, das sich sprachlich gesehen zwei verschiedene Bedeutung in einem Begriff/Wort entwickelt haben. "Schlicht" und "schlecht" waren vor 500 Jahren in der deutschen Sprache ja auch EIN Wort ("schlecht"). Heute unvorstellbar für uns. Auch Sprache ist ja im Fluß. Vielleicht trifft das auch auf das Wort "Ordnung" zu.
**st
Noch ein Versuch, meine Worte zu erklären:

Die Natur hat natürlich ihre eigene Ordnung. Bestimmte Pflanzen wachsen nur auf bestimmten Böden, bestimmte Pflanzen wachsen nur im Verbund mit bestimmten anderen Pflanzen usw. Die Natur reguliert sich selbst. Deshalb ist naturbelassene Landschaft viel abwechslungsreicher, als Landschaft und Gärten, in die der Mensch eingreift und ordnet.
Wenn im Garten alles kreuz und quer wächst, so wie es die Natur bestimmt hat, dann empfinden viele Menschen dies als Chaos, Unordnung. Also greift der Mensch ein. Er bestimmt, was "Unkraut" ist und was nicht. Er vernichtet bunt blühende Blumen, nur weil sie wild gewachsen sind und nicht auf seine Initiave. Er vergiftet seinen Garten und seinen Rasen, damit keine Gänseblümchen und Löwenzahn wächst, sondern nur ein stinklangweilger, steriler Rasen zurückbleibt, der auch stets eine bestimmte Höhe haben muss.
Der Mensch liebt die Geometrie, also werden zum Anlegen eines Beetes gerade Schnüre gezogen. In der Natur gibt es keine geraden Beete. Die meisten von Menschen angelegte Parks und Gärten haben mit Natur nicht mehr viel zu tun. Der Mensch hat verlernt, mit der Natur zu leben, wundert sich aber, dass es ihm die Natur heimzahlt.
*******_DA:
Der Mensch liebt die Geometrie,
Genau da ist des Pudels Kern.

die gute Frage ist: Warum ist das so?
Diese Frage kann ich allerdings nicht beantworten. Da müssten sich ein Neurologen, ein Psychologe, und ein Paläoanthropologe zusammensetzen. Irgendwo müssen wir die Affinität zur Geometrie ja haben.

Vielleicht ist die Antwort pragmatischer Natur, weil sich mit klaren Umrissen Menge (z.Bsp. Fläche, Gewicht oder Abmaße) besser abschätzen lassen. Und dieser Umstand hat über Umwege den Weg im Labyrinth des Unterbewusstseins in den Bereich der Ästhetik gefunden. Aber genau weiß ich das nicht.

Kann ich jetzt jemand anrufen? oder 50/50 Joker? Oder ist das eher eine Publikumsfrage?
Chaos
Nach den alten, mythologischen Schriften war am Anfang das Chaos als das Ungeordnete. Das Chaos repräsentiert dann sogar das "Böse" ( Teufel = Diabolos = der Durcheinanderbringer, der Chaot). Erst die ordnende Hand eines Schöpfers, eines Kreator, schafft aus dem Chaos einen Kosmos (das Geordnete). Es entsteht die Harmonie, die Symmetrie, die Ästhetik der Natur und der Schöpfung.
Chaos wurde von unseren Vorfahren als Bedrohung empfunden und nur Ordnung als das Durch- und Überschaubare gewährte Sicherheit. Die Vermessung der Welt ist Ausdruck dieses Sicherheitsbedürfnisses.
******XXL Mann
3.802 Beiträge
******e_n:
ob nun das Chaos zuerst da war oder die Ordnung ?

Also physikalisch gesehen war das Chaos zuerst da. Die seit Langem wissenschatlich favorisierte Idee des Urknalls setzt einen völlig homogenen Urzustand voraus. Tatsächlich stellt sich die Frage, wie bei einem völlig homogenen Urzustand überhaupt Strukturen wie Galaxien und Sterne entstehen können.

Momentan wird favorisiert, dass es durch quantenphysikalische Effekte winzigste Unregelmäßigkeiten entstanden - und damit die Auslöser für Struktur.


Liebe Grüße
Stefan
******XXL Mann
3.802 Beiträge
*******_DA:
Der Mensch liebt die Geometrie

Also der Mensch sicher nicht. Insbesondere ist die europäische Ästhetik, die sehr auf Symmetrie steht, eine andere als z.B. die asiatische.

Und auch historisch ist das durchaus variabel. Musik wie wir sie heute kennen und für "natürlich" halten, ist auch noch nicht immer so. Interessanterweise gibt es heute noch sehr alte Kirchenlieder, die z.B. ohne Takt auskommen.

Ordnungsprinzipien im ästhethischen Empfinden sind also nicht überhistorisch, sondern immer historisch gebunden.


Liebe Grüße
Stefan
kann etwas homogenes Chaos sein?

Aber auch gerade so eine Idee:

könnte es jemals etwas wie das Chaos überhaupt geben, wenn es einen Schöpfer gibt, und alles eine Folge eines Schaffensprozesses ist? Braucht Chaos nicht die Absichtlosigkeit, bzw. die Abwesenheit eines Schöpfungsaktes?
Wäre dann, folgen wir diesem Gedanken, alles Chaos allenfalls ein Unverständnis der Ordnung? Also: Ich verstehe diese Ordnung nicht, also ist es Chaos. Müsste Ordnung verstanden werden, damit es zur Ordnung wird (und wir daher Normen entwickeln um dem Anderen kommunizieren zu können: "Alles in Ordnung")
******XXL Mann
3.802 Beiträge
****NUM:
Wäre dann, folgen wir diesem Gedanken, alles Chaos allenfalls ein Unverständnis der Ordnung? Also: Ich verstehe diese Ordnung nicht, also ist es Chaos.

Na ja, mit allem bin ich lieber vorsichtig. Aber klar: Ich muss eine Struktur als solche erkennen. Wenn ich das nicht schaffe, weil ich das Ordnungsprinzip dahinter nicht verstehe / spüre, dann kann ich es nicht als Struktur erkennen.

Ich sagte ja schon:

Wenn wir also im menschlichen Bereich über Chaos / Unordnung reden, dann müssen wir eigentlich immer auch das Regel-Set angeben hinsichtlich dessen es eben Chaos / Unordnung ist.

Richtigerweise müsste das eigentlich nicht nur auf den menschlichen Bereich gemünzt sein, sondern auf alle Strukturen - also auch die in der Natur.


Liebe Grüße
Stefan
Jetzt gehe ich den umgekehrten Weg:

Ich nehme an, es gibt einen Schöpfer der alles geschaffen hat und der Welten Lenker ist.
alternativ:
Alle Entscheidungen, sogar alles Wollen sind determiniert (Entscheidung werden aufgrund eines Ursache-Wirkungs-prinzip entschieden).

In so einem Fall sieht es mit der Kreativität schlecht aus. Entweder habe ich wenig oder gar keine Möglichkeiten. Kreativität wäre dann eine Ordnung durch eine andere Ordnung zu ersetzen. Denn der vorgefundene Zustand wäre ja ebenfalls Ergebnis einer Ordnung.


Anders bei folgendem Axiom:
Es gibt keinen Schöpfer. Alles ist entstanden aufgrund einer Wahrscheinlichkeit.
Alternativ:
Das Gehirn arbeitet nicht nur mit dem Ursache-Wirkungsprinzip. d.H. Ich kann einen Willen entwickeln, der auf keine zwingende Ursache zurückgeht. (das wäre ja Grundlage für den freien Willen)

In so einem Fall ist es Möglich aus Chaos eine Ordnung zu schaffen. Kreativität wäre dann das Spiel mit Chaos und Ordnung. Kreativität braucht ja auch ein Stück Unvorhersehbarkeit. Denn wir nehmen sie dann am stärksten wahr, wenn ein Resultat/Herangehensweise so für Andere nicht vorhersehbar war.
Gute Frage ...
Vielleicht ist zu Beginn eines Diskurses nicht so sehr zu klären, was zuerst da war, sondern: ob Chaos oder Kosmos etwas ist, was zuerst in unserem Bewusstsein existiert oder doch eine objektive Gegebenheit sind. Insofern stimmt es, dass wir eine Ordnung, die wir als solches nicht erkennen, als Chaos ansehen. Wir müssten dann als menschliches Bedürfnis Gesetze konstruieren (nicht erfinden!), die eine Ordnung begründen.
******_65 Frau
18.113 Beiträge
Persönlichkeitsentwicklung
Auch in diesem Feld streiten sich die Geister...

Die innere Ordnung steht im Verhältnis zur äußeren Ordnung
oder auch umgekehrt.
So die Meinung vieler

Im Gegensatz ist es aber auch unbestritten, dass es Menschen gibt
die mit dem Erleben ihres Chaos ihre innere Freiheit erst für sich dingbar machen können.

Mein eigenes Erleben ist, dass durch die Ordnung /Struktur das eigentliche Wissen des jeweiligen Menschen erkennbar und abrufbar wird.
Exzentrik jedoch sowohl in die eine , als auch in die andere Richtung, einen zerstörerischen Verlauf nimmt.

Wissen und Entwicklung eines Einzelnen zu fördern und zu entwickeln habe ich in einem inneren Chaos noch nie als erfolgreiches absolvieren können.
Geschweige denn dem Klient in seinem Chaos zu einer besseren Kommunikationsebene führen.


Je vielfältiger das Wissen angelegt ist, desto mehr verlangt es nach einer Ordnung um differenziert und zielgerichtet weiter verfolgt und erneuert zu werden.
Im Chaos ist das nur minimalistisch und bleibt auf halben Wege stecken, weil Anteile sich wieder verlieren, ohne in der Wertschöpfung als Ergebnis dienen zu können.


Eine gesund / individuelle Ausgestaltung beider Anteile empfinde ich als Natürlich, unverkrampft und nachvollziehbar.

Also ein geordnetes Chaos
oder
das Chaos mit Struktur

*g*
******XXL Mann
3.802 Beiträge
@BICINUM
Puh, jetzt wird es wirklich wissenschaftlich *g*.

Generell folge ich dir bei solchen Gedanken nicht. Ob es einen Schöpfer gibt oder nicht ist m.E. für unsere Diskussion eine akademische Frage - also eine, die uns hier nicht weiter hilft (sic!).

Selbst wenn es einen Weltenlenker geben sollte, so kann ich mir den nur auf der Ebene der Naturgesetze vorstellen. In diesem Fall gibt es bis zur Abstraktionsebene menschlicher Kreativität so viele Vermittlungsebenen, dass die Determiniertheit unserer Kreativität für uns nicht erkennbar ist.

M.a.W. ist das hier gar nicht dir Frage:

****NUM:
Das Gehirn arbeitet nicht nur mit dem Ursache-Wirkungsprinzip.

Das ist für mich in gewisser Weise die fundamentale Unterscheidung zwischen Kultur und Natur.


Liebe Grüße
Stefan
******XXL:
In diesem Fall gibt es bis zur Abstraktionsebene menschlicher Kreativität so viele Vermittlungsebenen, dass die Determiniertheit unserer Kreativität für uns nicht erkennbar ist.
Dem stimme ich zu. Unser Gehirn ist so komplex, das wir die Vorgänge als chaotisch einstufen würden. Nur, lege ich das Newtonsche Weltbild zur Grundlage, kann auch nur ein Neuron etwas anderes machen als den Naturgesetzen zu widersprechen? Mag unser Gehirn bildlich gesprochen ein riesenhaftes Uhrwerk sein, hat auch nur ein Rädchen die Freiheit (!) sich nach Gutdünken andersherum zu drehen? Nach dem Newtonschen Weltbild ist Chaos unmöglich, weil alles was passiert eine zwingende Reaktion aus einer Aktion war, welche zuvor eine Reaktion auf eine andere Aktion war. Und bei allem sind die Naturgesetze die Instanz, das alles determiniert (quasi die Reaktion auf eine Aktion vorprogrammiert).

Folge ich dem Newtonschen Weltbild bin ich unfähig Chaos zu erschaffen. Denn alle Handlungen erfolgen nach einem Muster - einer Ordnung. Es mag sein, das mir selbst diese Ordnung nicht bewusst sind. Die Ordnung, selbst bei vermeintlichen Chaos, kommt daher, das unsere Unordnung nach einem Prinzip erfolgt. Bsp. Ich lasse das Hemd fallen, weil ich ein Input bekommen habe, worauf mein Unterbewusstsein reagiert und veranlasst (zum Loslassen ist ja ein Haufen Befehle richtung Muskeln notwendig) das Hemd fallen zu lassen. Die Ordnung ist also nicht visueller/ästhetischer Natur, sondern die Ordnung ist ein Handlungsmuster welches sich dann visuell/Ästhetisch auf entsprechende Weise manifestiert.

sehr akademisch jetzt *ggg* , aber kurioser Weise ist das auch der Ansatz der Psychotherapie. Da geht es nicht ums Aufräumen, sondern um die Veränderung der Handlungsmuster. Dies ist der eigentliche Punkt. Das wir danach "ordentlicher" sind ist allenfalls eine Konsequenz/Manifestierung der neuen Handlungsmuster.


Ironischerweise ist die Quantenebene die Rettung von der Konsquenz des newtonschen Weltbildes. Eben jene Konsquenz, das wir Roboter sind, unglaublich komplexe aber dennoch unfähig eine Aktion zu tätigen, die nicht eine zwingende Reaktion auf eine andere Aktion ist.
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