********1970:
Was mich wirklich mehr interessieren würde, ist, ob HIER wirklich die Mehrheit, so eine Lebensweise meint, wenn sie ihren "eigenen" Beziehungsstatus mit "polyamor" angeben.
Ich kann mich nur auf mein subjektives Empfinden verlassen, aber meine Beobachtung, auch beim persönlichen Kennenlernen, sieht so aus:
Einige wenige, die ich kennen gelernt habe und die NICHT in einer "festen" Beziehung stehen, scheinen tatsächlich ihr Herz, ihre Zuwendung und (nicht immer automatisch!) ihre Sexualität mit mehreren Menschen zu teilen.
Die anderen, die in festen, aber offenen Beziehungen sind, scheinen mir eher nur am erotischen Teil der Polyamorie interessiert zu sein. Hauptbeziehung bleibt der angetraute Partner, daran wird nicht gerüttelt.
Die nebenher laufenden erotischen Kontakte sind in meinen Augen nichts anderes als die früher als Affäre bezeichnete sexuelle Zweit- oder Drittbeziehung, bloß dass es nicht ganz so heimlich passiert.
Für mich geht das am Grundgedanken der Polyamorie vorbei, ist in gewissem Sinn eine Rosinenpickerei.
So etwas gab es übrigens auch in früheren Jahrhunderten: Die Ehe blieb bestehen, war ja eine Wirtschaftsgemeinschaft. Der Sex wurde, meist sogar mit Wissen des Partners, in fremden Betten genossen.
Auch habe ich den Eindruck, dass es durchaus chic ist, sich als modern, aufgeschlossen und eben auch als "poly" zu bezeichnen.
Polyamorie könnte ein menschenfreundliche gesellschaftliche Form darstellen, auch wenn ich, wie gesagt, selbst dazu wohl nicht in der Lage bin.
Ich bin aber davon überzeugt, dass es den Kindern egal ist, ob ihre Eltern miteinander oder mit anderen schlafen. Wenn das soziale Gefüge drumherum stimmt, Förderung und liebevolle Zuwendung da ist, werden Kinder gut gedeihen.
Ich mag das afrikanische Sprichwort: Um ein Kind zu einem guten Menschen zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.
Beziehungsanarchie ist eigentlich eine Erweiterung von Polyamorie.
Beziehungsanarchisten (RAs) ziehen es vor, zwischenmenschliche Beziehungen nicht danach zu unterscheiden, welche als Partnerschaft gelten und welche nicht, sondern haben stattdessen eine flexible Herangehensweise, innerhalb der zwischen zwei Menschen alles erlaubt ist, dem beide Beteiligten zustimmen.