Chop Suey für Spatzen
Seit einigen Wochen habe ich ein Vogelhäuschen. Mein Hausmeister brachte es mir, und ich stellte es auf einen Stapel Terrassenplatten in bequemer Sichtweite vom Wohnzimmerfenster.
Im nahen Supermarkt erstand ich eine Tüte Vogelfutter, eine Mischung aus Sonnenblumenkernen, Weizenkörnern und kleinen runden rotschaligen Sämereien, die ich nicht identifizieren konnte.
Außerdem nahm ich noch ein paar Meisenknödel mit.
Die erste Fütterung verlief suboptimal: Ein dicker Spatz besetzte den Eingang und verteidigte den Futterplatz vehement. Daraufhin verteilte ich das Futter weiträumig, und bald fanden sich bis zu dreißig Vögel gleichzeitig ein.
Die Meisenknödel hängte ich mit Schnürsenkeln in den Faulbaum, dessen hängende Blätter Immergrünen Eselsohren gleichen.
Herumtrödeln kennen die Spatzen nicht. Sie flutschen so geschwind aus dem Blickfeld und wieder hinein, dass ich mich oft wundere, wieso sie nicht zusammenstoßen und abschmieren.
Nur bruchstückhaft und ausschnittsweise kann ich erkennen, was die Vogelschar macht. Kantige Brombeeräste mit ihren immer noch tiefgrünen stacheligen Blättern verstellen mir den Blick.
Die Hinterlassenschaften meiner fedrigen Nachbarschaft sehe ich schon deutlicher: Schalen der Sonnenblumenkerne und ein paar Kothäufchen.
Neulich habe ich sogar an meiner ersten Vogelzählung teilgenommen. Eine Stunde lang behielt ich den Futterplatz im Blick und notierte die maximale Zahl einer jeden Art, die sich in diesem Zeitraum beobachten ließ.
„Stunde der Wintervögel“ heißt diese jährliche Aktion des NABU.
Allerdings hatte ich einige Anfangsschwierigkeiten. Nicht nur, dass sich die hin-und her schwirrenden Sperlinge schwer zählen ließen. Es gelang mir auch erst nach gründlichem Studium der Fachliteratur, zwischen Haus- und Feldsperlingen zu unterscheiden.
Schließlich baute ich mir eine Eselsbrücke: brauner Kopf - Feldsperling (braun = Feld), grauer Kopf - Haussperling (grau = Haus).
Die Kohlmeisen zu erkennen war kein Problem, sie waren unverwechselbar gefärbt. Die absolute Krönung dieser „Stunde der Wintervögel“ aber war ein Stieglitz, der mit seiner leuchtend bunten Färbung so schön wie selten ist. Mein Herz machte einen Hüpfer vor Freude, als ich ihn sah.
Und so mutierte die muntere Clubgängerin zur nicht weniger eifrigen Birdwatcherin.