Darf ich an dieser Stelle mal ein kleines Märchen erzählen?
Evelyne Reberg erzählt in einem ihrer wunderbaren Kinderbücher von einem Drachen, der in ein Dorf einzieht und schon bald die Dorfbewohner mit seinem nicht enden wollenden Gesang so sehr stört, dass sie nachts nicht mehr schlafen können.
Verzweifelt versuchen die genervten Dorfbewohner zunächst, den Drachen zum Schweigen zu bringen, indem sie ihm eine gewaltige Menge Kartoffelbrei kochen - natürlich nicht, um ihn damit zu erfreuen, sondern in der Hoffnung, er möge daran ersticken.
Als dies nicht gelingt, versuchen sie ihn unter einer Glocke einzuschließen, was ebenfalls schief geht.
Nun bieten sie ihm ausreichend Wein an - nicht etwa aus Gastfreundschaft, sondern mit dem Hintergedanken, ihn auf diese Weise einschläfern zu können.
Aber auch dieser Versuch, ihn zum Schweigen zu bringen, ist vergeblich.
Erst als ein kleines Mädchen die ganz einfache Idee hat, den Drachen zwar höflich, aber auch klar, eindeutig und direkt zu bitten, endlich mit dem Singen aufzuhören, und dabei auch noch genau erklärt, warum sie darum bittet, wird es interessant. Sie sagt ihm, dass sonst niemand im Dorf schlafen kann, aber alle ihren Schlaf nötig haben.
Und siehe da - nun hat es mit dem Gesang ein Ende. Der Drache hört einfach auf mit dem nächtlichen Singen. Und die erstaunten Dorfbewohner finden wieder ihre Ruhe. Und sie haben etwas sehr Entscheidendes dazugelernt ...
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Diese kleine und harmlose Geschichte hat es in sich, wie ich finde. Deshalb werde ich immer wieder darauf zurückkommen. Sie ist ein wunderbares Lehrstück zur sogenannten gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg.
Möge es als Anregung dienen - es ist nur eine Einladung, es einfach mal auf sich wirken zu lassen ...
(Der Antaghar)