Und da war noch was. Am 11. September 1973 wurde der sozialistische Präsident Chiles , Salvador Allende gestürzt und General Pinochet übernahm die Macht und es begannen Jahre der Verfolgung und des Regierungsterrors. Ich war damals 10, und wir lebten in der DDR. Der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chiles Luis Corvalán war auch verhaftet worden. In meiner Schule wurden Postkarten mit seinem Porträt und der Aufschrift "Freiheit für Luis Corvalán" verteilt und wir wurden aufgefordert, sie zu unterschreiben, zu frankieren und abzuschicken. Meine Schwester hatte natürlich auch so eine Karte, und bei uns am Abendbrottisch ergaben sich heftige Debatten, denn mein Vater wollte uns das Geld für das Porto nicht geben. Er meinte, Solidarität mit politischen Gefangenen sei ja gut und schön, aber diese Karten seien so unpersönlich, und wir sollten doch in persönlichen Briefen unser Mitgefühl und unsere guten Wünsche ausdrücken. Haben wir gemacht, und er hat das Porto bezahlt. die internationale Solidaritätskampagne hatte übrigens Erfolg. Corvalán wurde entlassen und fand Asyl in der Sowjetunion. 1988 kehrte er nach Chile zurück und starb 2010 in Santiago. Und ich bilde mir seitdem ein, Anteil an seiner Freilassung gehabt zu haben .