Das Thema Beziehungsunfähigkeit/Bindungsunfähigkeit ist nicht neu. Bereits das Neue Testament berichtet:
Über die Ehe, Ehescheidung und Ehelosigkeit(Matthäus 19, 12)
…manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht und manche haben sich selbst dazu gemacht…
Ich glaube in der Tat, dass manche Menschen beziehungs- und/oder bindungsunfähig sind, und finde an der Unterscheidung dieser beiden Begrifflichkeiten großen Gefallen.
Wenn Menschen hier reine Sexkontakte ohne jegliche Form von Kommunikation suchen, irritiert mich das immer. Überraschend Viele streben ausschließlich Treffen in Clubs an. Hierbei ist neben dem Sicherheitsaspekt offenbar ein entscheidendes Motiv, dass der Sex völlig anonym (also auch ohne vorheriges Gespräch an der Bar) stattfinden soll. Ich bin kein Psychologe, aber hier scheint mir doch ein großes Bedürfnis vorzuliegen, niemanden emotional an sich ranzulassen und dieses Bedürfnis geht vermutlich weit über eine „Bindungsunfähigkeit“ hinaus. Es macht auf mich den Eindruck, dass hier in der Tat, ein Mangel der „Fähigkeit“ vorliegt, ganz allgemein „Beziehungen“ zu Menschen aufzubauen bzw. zuzulassen.
Aber gut, mir steht es nicht zu, hier zu „richten“ - vielleicht sind diese Menschen ja sehr glücklich, mit dem Leben, das sie führen - und ich sollte vielleicht nicht nach dem „Splitter in meines Bruders Auge schauen, und mir stattdessen des Balkens in meinem eigenen Auge gewahr werden.“ (vgl. Matthäus 7, 3)
Die Art von „Bindungsunfähigkeit“, die insbesondere Tati beschreibt, ist mir nicht völlig unbekannt. Ich habe selbst viele Jahre mehr oder weniger als Single verbracht und dabei ein sehr glückliches Leben geführt. Ab und an ging ich Beziehungen ein, die aber nie für die Ewigkeit ausgelegt waren oder gar dem Zweck der Familiengründung dienen sollten. Für mich war es immer wichtig, einerseits Emotionen zuzulassen und diese umgekehrt auch bei meinen Freundinnen/Liebhaberinnen zu spüren, andererseits wollte ich mich aber auch nicht „einengen“ lassen oder mich für die Ewigkeit „binden“. Das klingt vielleicht widersprüchlich, ist mir aber lange Zeit ganz gut gelungen.
Ich hatte nie den Wunsch, eine Familie zu gründen oder eine Beziehung einzugehen, die nur durch den Tod geschieden werden sollte. Irgendwann habe ich dann aber eine Frau kennengelernt, mit der mich neben dem Sex noch eine ganze Menge mehr verband. Wir sind das ganze locker und ungezwungen angegangen und da wir offenbar beide bisher keinen Grund gefunden haben, uns zu trennen, sind wir immer noch zusammen.
Es geht also auch umgekehrt: Manche scheinen von Geburt an „unfähig zur Ehe“ (oder zu einer Langzeitbeziehung), werden aber von Menschen dazu gemacht oder machen sich selbst dazu.