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Organspende

**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Moment mal...
Genau, und in diesem Zustand werden diesem geliebten Menschen die Organe entnommen. Meinst du nicht, das sorgt bei den Angehörigen genau in dieser Situation für Auflehnung?
Worum geht es hier eigentlich- um die von dir hervorgehobene Angehörigenperspektive oder das alleinige Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen? Sofern man- was eigentlich denknotwendig erscheint- dass alleinige Selbstbestimmungsrecht des Sterbenden in den Vordergrund stellt, erscheint es unlogisch und auch nicht wertungsgerecht, die -mehr als verständliche- Gewissensnot der Angehörigen in den Vordergrund zu stellen. Was ist, wenn der eindeutige Wille des Versterbenden den persönlichen, moralischen oder religiösen Vorstellungen der Angehörigen widerspricht...?
Erst recht, wenn die Angehörigen 3 Wochen später in der Wohnung den Widerspruch finden?
. Nun- dass dürfte dann weniger ein Manko einer gesetzlichen Ausgestaltung als vielmehr der Kommunikation zwischen Versterbenden und Angehörigen dokumentieren. Den Schuh müssen sich dann -so bitter das klingt- die Angehörigen anziehen, wie mir scheint.
Wir sind momentan überhaupt nicht auf eine Widerspruchslösung vorbereitet.
Dann wird es aber Zeit! Und es drängt sich zunehmend der Eindruck auf, dass man den Gesetzesinitiatoren dankbar sein muss, dass sie diese Diskussion in die Gesellschaft eingebracht haben.
Apropos: Hast Du noch keine Patientenverfügung / Vorsorgevollmacht (allein um deine Angehörigen von der Gewissensnot für den Fall der Fälle zu entlasten) ?
Nur so eine Idee...
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
@L_davinci
Vorab vielen Dank für deine durchaus fundierte Entgegenhaltung!
Ich übersetze das mal so; im Kern ist der Wert eines sterbenden Lebens gegenüber den Wert eines vom Tode bedrohten Lebens abzuwägen. Habe ich das so richtig interpretiert?
Ja und Nein. Vor allem, wenn ich deine weiterführenden Schlussfolgerungen reflektiere:
leite ich ab, a) du gehts davon aus, das die Person tot ist und b) aus dieser Annahme leitest du ab, dass Persönlichkeitsrechte nicht mehr vorhanden sind oder aber zumindest weniger wert sind.
Zu a.)-richtig. Zu b.) M.E. grundlegend falsche Ableitung! Das postmortale Persönlichkeitsrecht soll gerade gewährleisten, das der Versterbende/ Tote eben nicht vollkommen rechtlos ist.Eine Problematik, die ja auch u.a. hinsichtlich des sog. "digitalen Erbes" seit Längerem problematisiert wird. Dann auch wertungsgerecht, wenn es um das wohl elementarste Persönlichkeitsrecht eines Menschen geht-der körperlichen Integrität. Das Recht, über seine körperliche Integrität entscheiden zu dürfen, impliziert indes dann auch logisch die Pflicht, sich zu entscheiden. Ein Aspekt, der mich- auch eingedenk des Diskussionsstandes dazu bewegt, der Widerspruchslösung dem Grunde nach immer mehr abzugewinnen.
Nur die Person ist eben nicht tot, sie wird lediglich durch das Konstrukt „Hirntod“ einem Toten rechtlich gleichgesetzt.
Sorry- aber das erscheint mir (persönlich) als unzulässiger Indizienschluss: Der Hirntod dürfte unstreitig den vollkommenen Verlust des (zumindest )geistigen Bewusstseins (und somit die Abstinenz auch wesentlicher körperlicher Wahrnehmung) dokumentieren. Was indes nicht gleichzusetzen mit dem Verlust des Subjektgehalts eines Sterbenden/Toten ->postmortales Persönlichkeitsrecht.
Sofern ich deine Remonstration so auslegen darf, dass Du ernsthafte Zweifel daran äußerst, das die heutige Medizin (noch) außerstande sein dürfte, dieses für jeden Menschen individuelle Moment des Hirntodes hinreichend individualisiert zu ermitteln, bin ich da ganz bei dir.
Die Diagnose „Hirntod“ wurde eigens zur rechtlichen Legitimation der Organentnahme erfunden.
Sorry- bereits entstehungsgeschichtlich falsch! Zudem dies keine "Erfindung" der "Transplantationsindustrie" ist, sondern dem Umstand Rechnung trägt, dass aufgrund des medizinischen Fortschritts der elementare Schutzgehalt des Lebens exakter weil differenzierter diagnostisch zu ermitteln ist.
Die Gleichsetzung von Hirntod mit Tod ist aus meiner Sicht nicht haltbar.
Eine durchaus vertretbare und legitime Auffassung - beim derzeitigen Stand der medizinischen Diagnostik.
******nci Mann
445 Beiträge
@*******s65
Man darf Menschen nicht töten egal wie alt oder krank sie sind, dies steht zu recht unter Strafe. Wenn man einem Menschen die Organe entnimmt, dann stirbt dieser in der Folge daran. Diese wäre rechtlich als Mord oder zu mindestens als Totschlag zu werten. Es spielt dabei keine Rolle aus welchen Motiven getötet wurde (lediglich beim Urteil der Tat, der Strafbemessung). Um solches Handeln dennoch rechtlich zu legitimieren, bedarf es eines Kunstgriffs, der so aussieht, dass aus dem (noch) lebenden Menschen per Definition einen toten Menschen macht. Diese Definition lautet „Hirntod“. Einen Toten kann man nicht mehr töten, weil er bereits tot ist. Soweit d'accord ?

Wie du geschrieben hast, ist für dich „Hirntod“ mit Tod gleichzusetzen. So ist es auch im deutschen Transplantationsgesetz beschrieben, wonach lebenswichtige Organe nur von Toten entnommen werden dürfen. Wenn hier anders argumentiert werden würde und damit eingestanden werden würde, dieser Mensch befindet sich im Sterbeprozess und ist somit noch am Leben, würde man eine strafbare Handlung befürworten.

Nun ist es aber so, dass m.M.n. diese „hirntoten“ Menschen noch leben. Einige künstlich beatmete „Hirntote“ zeigen sogar körperliche Reaktionen auf Schmerzreize, wie z.B. Blutdruckanstieg. Hirntote Schwangere können gar von gesunden Kindern entbunden werden. Sicher Ausnahmen, aber die gibt es und sind dokumentiert. Es gibt sogar „hirntote“ die trotz dieser „Diagnose“ sich wieder bei bester Gesundheit befinden. Das zeigt einfach, diese Diagnose ist keineswegs so unfehlbar wie es den Anschein haben soll.

Teilweise wird zur Rechtfertigung argumentiert, es sei kein menschliches Leben mehr, eher vergleichbar einer Pflanze, weil vom Gehirn keine Reaktion messbar ausgeht und das Gehirn als alleiniger Sitz des Menschlichen angenommen wird. Wenn nun das Leben einer Pflanze gleicht, darf man es folglich auch zum Verbrauch „ernten“.

Du schreibst auf zu meiner Festellung, das die Diagnose „Hirntod“ eigens zur rechtlichen Legitimation der Organentnahme erfunden wurde: „Sorry- bereits entstehungsgeschichtlich falsch! Zudem dies keine "Erfindung" der "Transplantationsindustrie" ist ...“

Hierzu sind mir andere Quellen bekannt u.a.:
Bundeszentrale für politische Bildung: „Die "neurologische" Todesdefinition wurde 1968 vorgeschlagen. Anlass war die Verurteilung eines Arztes in Japan, der einem hirntoten Patienten Organe zur Transplantation entnommen hatte, wegen Mordes.“
„Beim Begriff des Hirntods handelt es sich um eine Todesdefinition, die 1968 im Zusammenhang mit der sich entwickelnden Intensiv- und Transplantationsmedizin eingeführt wurde.“ Wikipedia

In einem vorherigen Beitrag hast du gesagt: „Die BRD ist so ziemlich das einzige Land auf der Welt, welches sich eine Ethikkommission leistet.“ Das scheint nicht so ganz richtig zu sein. In der Schweiz und Österreich gibt es ebenfalls Ethikkommissionen, President's Council on Bioethics ist wohl das US-amerikanische Pendant zum Deutschen Ethikrat und auf Europaebene ebenso.

Wer sich zum Thema Leid der Organspender und ihren Angehörigen informieren will, dem sei dieser Artikel empfohlen: https://www.rubikon.news/artikel/mein-korper-gehort-mir cioccolata hat hierzu ja bereits aus ihren eigenen Erfahrungen berichtet.

Wenn wir die Gesellschaft über die Organspende aufklären, bekommen wir keine Organe mehr.
Prof. Rudolf Pichlmayr – Transplantationsmediziner: https://initiative-kao.de/
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Meinen aufrichtigen Respekt, L_davinci
für deinen bemerkenswerten Rekurs.
Und ja-ich stimme mit dir vollkommen überein, dass das Recht auf Leben nicht hoch genug bewertet werden kann. Und wir müssen uns auch nicht darüber streiten, dass die Definition des "Hirntodes"in diesem Zusammenhang nicht frei vom Ruch der Willkür steht. Zumindest nach dem derzeitigen Stand der Medizin und- des Rechts.
Deine durchaus begründeten Erwägungen beantworten für mich indes eine entscheidende Kernfrage der Diskussion nicht abschließend: Wer entscheidet bei einer "Widerspruchslösung" über das individuelle Leben? Sofern ich mir folgende Thesen vergegenwärtige: (These 1) Es ist nicht Aufgabe einer aufgeklärten politischen Gesellschaft, über das individuelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zu bestimmen. (These 2) Für gewisse Fragen der physischen Selbstbestimmung kann/darf ein pluralistisches System nur einen Rahmen vorgeben, der absolute Rechte nicht aushöhlt.
Eine Widerspruchslösung in diesem Kontext kultiviert m.E. insofern die Rechtssphäre des individuellen Selbstbestimmungrechts dahingehend, dass die/der Einzelne nicht nur "Ja" sagen kann/muss, sondern sein/ihr Selbstbestimmungsrecht mit einem "Nein" ausübt. Die Freiheit, "Nein" sagen zu können (welche im Hinblick auf die Partizipation in der Politea sogar zur Pflicht zur Selbstverantwortung erstarkt), dürfte mit das vornehmste Recht in einer freien und solidarischen Gesellschaft sein. Ich darf auf Solidarität vertrauen, dass man mir die Beatmungsgeräte nicht abstellt, sofern noch ansatzweise Aussicht besteht, mein Ableben abzuwenden. Darf auf Solidarität setzen, wenn die Intensivpfleger/-in auf einen Teil ihrer Mittagspause verzichtet/en, um mich zu lagern. Und ich darf Solidarität von einem Staat erwarten, der hinreichende Grundsätze zu entwickeln hat, um mir die Möglichkeit des "Ja" oder "Nein" zu garantieren und vordergründigen Ambitionen einen Riegel vorzuschieben hat. Wie solidarisch muss ich da sein? Sicher keineswegs so, dass man mich nach der Devise "Preis nach Gewicht" beliebig ausweiden darf. Aber so solidarisch, dass ich eine wesentliche Frage des Gemeinwesens mit einem eindeutigen "Ja" oder "Nein" beantworte.
Gab es doch (gerade im letzten Jahrhundert) Zeiten, wo das allzu vorschnelle "Ja" und noch mehr das Schweigen einer großen Masse dazu führte, dass das "Neinsagen" dann irgendwann verfolgt und bestraft wurde. Ein alternativloses Anklopfen eines Gemeinwesens beim Individuum begründet Unrecht. Ein alternativloses Hinwegschauen eines Staates über die Frage der Solidarität birgt die Gefahr der Entfremdung des Einzelnen von einer Gesellschaft.
Nun kann man mit Fug und Recht einwenden, dass ein aufgezwungenes "Recht" dazu führen kann, sich ggf. falsch zu entscheiden. Indes- das Recht auf Selbstbestimmung inkludiert m.E. auch das Recht und das Risiko, sich falsch zu entscheiden...
Zitat von *******s65:
Ich darf auf Solidarität vertrauen, dass man mir die Beatmungsgeräte nicht abstellt, sofern noch ansatzweise Aussicht besteht, mein Ableben abzuwenden.
Warum nicht abstellen? Junge, du bist Hirntod!!!

Zitat von *******s65:
Darf auf Solidarität setzen, wenn die Intensivpfleger/-in auf einen Teil ihrer Mittagspause verzichtet/en, um mich zu lagern.

Im Falle eines Hirntodes wird das Krankenhaus eine Verfahrensrichtlinie haben. Eine Order- wie in solch einem Falle des Hirntods zu verfahren ist. Und schaut man auf so einige Entwicklungen (siehe OP-Verhalten und Statistiken) ist eher zu vermuten, das die Order an den Angestellten (Arzt, Pfleger) mit monetären Interessen geschwängert ist. Die Entnahme der Organe ist ein operativer Eingriff, der vergütet wird. Vermutlich mit mehr Gewinn als wenn du dich 2 Monate rumliegst. So etliche Entwicklungen in den Krankenhäusern der letzten Jahre waren eindeutig finanziell motivierst. Was macht dich so sicher, das diesmal ausnahmsweise keine finanziellen Interessen im Spiel sind, bzw. ausnahmsweise dein Wohl darüber steht.

Du stützt deine Argumentation auf eine Solidarität, was aber wenn der Umgang mit dir eher von den Quartalszahlen des betreffenden Krankenhauses abhängt? Die Ärzte sind nur Angestellte von Arbeitgebern, die von Buchhaltern beraten werden.
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Wie jetzt, @Bicinum?
Junge, du bist Hirntod!!!
Wie jetzt, ich bin jetzt...*nachdenk*. Warum sagt mir das denn keiner??? Dann will ich mich lieber mal bereits für den Mist entschuldigen, den ich noch so schreibe. *ironie*
Was macht dich so sicher, das diesmal ausnahmsweise keine finanziellen Interessen im Spiel sind, bzw. ausnahmsweise dein Wohl darüber steht.
Berechtigter Einwand. Indes legt bereits das Transplantationsgesetz in der aktuellen Fassung erhöhte Melde-und Kontrollobliegenheiten vor. Welche durch eine Gesetzesnovelle sicherlich noch strenger zu fassen sind. Im Übrigen sind die Festlegungen einer eigenhändig verfassten und ordnungsgemäß hinterlegten Patientenverfügung zwingend zu beachten, ansonsten es bei Zuwiderhandlungen- wie es L_Davinci auch richtig ausgeführt hat- Mord (TB der niederen Beweggründe,Habgier) ist.
Seien wir uns einig, dass es nie eine 100% Garantie gegen Missbrauch geben kann...
Die Ärzte sind nur Angestellte von Arbeitgebern, die von Buchhaltern beraten werden.
. Ok-es gibt immer solche und solche. Aber in meinen durchaus ähnlichen Erfahrungen wie cioccolata habe ich die Erfahrung gemacht, dass Pflegepersonal und Ärzte trotz Budgetzwängen,Stress und zum Teil skandalöser Arbeitsbedingungen ihre Arbeit mit hohem ethischen Anspruch machen. Und eine alte Regel aus dem Strafrecht besagt im Übrigen: Je mehr Augen auf einer Sache ruhen, desto kürzer werden die Finger.. *zwinker*
Aufgrund der Erfahrung in der Pflege, wo es inzwischen riesige gewinnorientierte Unternehmen gibt (auch das war vom Gesetzgeber anders intendiert), fehlt mir die Romantik zu glauben das bei der Organspende es auch so ethisch zugehen wird, wie der Gesetzgeber es eigentlich will.

Es gibt genügend "Unternehmer", die eine solche Gesetzgebung auf zwei Fragen minimieren:
A) kann man damit Gewinne erzielen?
B) Wenn ja, wieviel?

Auch in der Pflege schauen der Gesetzgeber inzwischen ohnmächtig den Fehlentwicklungen zu. Stattdessen erhöhen wir die Anzahl der Pfleger auf dem Markt. Was auf dem ersten Blick den zu Pflegenden zugute kommt. Aber bei genauen hinsehen den "Gewinnunternehmen" in die Karten spielt. Jetzt kann sich ein Pfleger den Job aussuchen, und arbeitet dann lieber in ein ethischem Betrieb. Je mehr Pfleger es gibt, umso mehr Pfleger müssen unrühmliche Arbeitsverhältnisse mit Pflegekonzernen eingehen- um die eigene Hilfsbedürftigkeit zu minimieren. Je mehr Pfleger umso niedriger der Lohn (bis hin das es irgendwann nur noch Mindestlohn gibt). Aktionären der Pflegekonzerne wird eine Jährliche Rendite von 10% versprochen- und die gab es auch in den letzten Jahren. Auch hier sieht man, wie der Ethos der Angestellten ausgehebelt wird. Die können freiwillig ohne Bezahlung sicher ergänzend tätig werden. Aber von oben gibts knallharte finanzielle Vorgaben.

Und auf solche Tendenzen wird es auch in der Organspende zulaufen. Je lohnender es wird, umso mehr geschäftliche Interressen wird es geben. Und dann wird jede Gesetzeslücke ausgenutzt. Das haben die letzten Jahre ausreichend bewiesen. Es gab oft eine gute Intention vom Gesetzgeber, welche dann aber von finanziellen Interessen gekapert wurde. Mir fehlt die Romantik zu glauben, das es diesmal anders sein wird. Das ethische Verständnis der Angestellten mag da sein, letztenendes müssen die aber ihren Broterwerb sichern.
Und damit du sanktionsfrei (ALG I und ALG II) rauskommst, muss das Unternehmen EINDEUTIG, und das auch nach Auffassung des Jobcenters/Arbeitsamtes, rechtswidrige Sachen von dir gewollt haben. Du bist also verpflichtet dem Arbeitgeber zu folgen, selbst wenn es rechtlicher Graubereich ist.

Ich glaube, du unterschätzt die Dynamiken, die aus solchen Dingen ausgehen. Und hoffst das es gut geht, weil du denkst das es normal sein wird, das ein Angestellter entgegen der Order des Unternehmens dir gegenüber ethisch handelt.
Überspitzt formuliert: Wir verabschieden ein Gesetz, wonach Falschparker erschossen werden, und setzen unsere ganze Hoffnung darauf, das die Politessen absichtlich andauernd daneben schießen. Ich find das verkehrt auf Ethik in der Gesetzgebung zu verzichten und darauf zu bauen, das der Angestellte notfalls gegen die Interessen des Arbeitgebers ethisch handelt.
******nci Mann
445 Beiträge
@*******s65
Deine Frage, wer entscheidet bei einer "Widerspruchslösung" über das individuelle Leben? Will ich mal aus meiner Sicht wie folgt beantworten.

Das Gegenteil einer freiwilligen Entscheidung ist eine erzwungene Entscheidung. Entschieden hat aber bereits der Staat! Man hat zwar ein Abwehrrecht mit dem man die per Gesetz verordnete „Spenderbereitschaft“ negieren kann, bleibt man allerdings untätig, bleibt es dabei – man ist „Organspender“. Im Zweifel wider Willen! Eine freie Entscheidung ist das nicht!

Schweigen als zustimmende Willenserklärung zur „Organspende“ zu deklarieren halte ich für sehr fragwürdig. Bin kein Jurist, aber nach meinem Halbwissen muss eine Willenserklärung entweder explizit oder konkludent erfolgen. Schweigen gilt im Normalfall grundsätzlich nicht als zustimmende Willenserklärung. Konkludentes Handeln liegt z.B. vor, wenn ich in den Bus einsteige und mitfahren will. Obwohl ich nichts gesagt habe kommt ein Vertrag mit dem Busunternehmen zustande. Ich darf mitfahren muss aber den Fahrpreis entrichten. Nun wird ja wohl (hoffentlich) niemand ernsthaft argumentieren wollen eine „Organspende“ sei ein ähnlich gelagerter Fall von konkludentem Handeln. Es gibt viele wichtige Rechtsgasschäfte bei denen eine Schriftform oder sogar eine notarielle Beurkundung erforderlich ist und meine „Organspende“ soll wie konkludentes Handeln behandelt werden?

Um mich gegen eine vermeintlich so „gute“ Sache wie eine „Organspende“ wehren zu wollen/können, muss ich erst einmal einen „Anfangsverdacht“ haben, dass das Ganze vielleicht nicht nur gut ist, sondern das es auch erheblich Schattenseiten gibt. Ich bin also genötigt mich zu informieren um mir eine eigene Meinung bilden zu können, fällt die anders aus als von den Medien und der Politik suggeriert, bin ich gezwungen zu reagieren und mich zu wehren. Was, wenn ich aber intellektuell nicht in der Lage bin mich adäquat zu informieren, nicht die Tragweite dieses Gesetzes und damit meiner (Nicht-)Entscheidung abschätzen kann? Was, wenn ich nicht mal auf die Idee komme, etwas könnte anders sein als es im ersten Moment scheint? Freie Entscheidungen sehen für mich anders aus!

Man kann mit gesellschaftlichen Notwendigkeiten argumentieren, um solch ein Gesetz zu legitimieren, wenn man zu dem Ergebnis gelangt, die Entscheidungsgründe wiegen schwerer als die Freiheit des Einzelnen. Besteht so eine gesellschaftliche Notwendigkeit? 2018 starben 901 Menschen weil, sie ein krankes Organ hatten und die Therapie, Implantieren eines „gespendeten“ Organs, nicht verfügbar war. Zum Vergleich, auf Deutschlands Straßen starben in dieser Zeit dreieinhalb mal mehr Menschen. Achtzig mal so viele starben an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums und mehr als hundertdreißig mal so viele Menschen an den Folgen des Tabakkonsums (2013). Steht dies in Relation Menschen per Gesetz zu „Spendern“ zu deklarieren, aber gleichzeitig mit Verweis auf die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, die Bürger rasen, saufen und rauchen zu lassen? Rechtfertigt dies den tiefen Eingriff in das Grundgesetz, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit? Für mich steht dies in einem krassen Missverhältnis zueinander.

„Mein Körper gehört mir!“ hieß der Slogan der Frauenbewegung in den Siebzigern. Nun muss es heißen: Unwidersprochen gehört Dein Körper dem Staat.

PS: Bicinum hat schon recht mit dem was er schrieb, ethisches Handeln hängt an einzelnen Personen, es ist kein integraler Bestandteil eines Marktwirtschaftlich geführten Unternehmens. Erst wenn es sich kapitalisieren lässt, es einen Marktvorteil verspricht wird, es zu einen Bestandteil des Firmenkonzepts gemacht - nicht aus humanistischen Gründen, sondern aus kapitalistischen Gründen, aus Gründen der Gewinnmaximierung!
******nci Mann
445 Beiträge
Ein Patientenanwalt berichtet über die Machenschaften der Transplantationsmedizin. Hier erfährt man u.a. was was so ein "Organspender" für einen Handelswert hat 500.000.1.000.00


Hier ein "Hirntodüberlebender" der danach noch studiert hat und ein normales Leben führt.


Ein Mutter berichtet sehr umfassend über die "Orgnspende" ihres Sohnes, sehr sehenswert.

**********hylen Mann
1.142 Beiträge
@ BICINUM
Aufgrund der Erfahrung in der Pflege,
*nachdenk*-deinen Erfahrungen in der Pflege?
Im Übrigen: Pflege ist ein extrem harter Job-sowohl physisch als auch psychisch.
Auch in der Pflege schauen der Gesetzgeber inzwischen ohnmächtig den Fehlentwicklungen zu.
So-ist das so? Könnte es nicht vielleicht so sein, dass Gesellschaft und "die Gesetzgeber" über Jahrzehnte die sich anzeichnenden Konsequenzen des demografischen Wandels schlichtweg verpennt haben? Tatsache dürfte sein: als dann die Rot-grüne Koalition dann den demografischen Faktor in die Renten-(und auch Pflege-)diskussion eingebracht hatte, war das Geschrei groß- und die Sozen wurden dafür ja auch vom Wähler hübsch abgestraft (der obligate Cassandra-Komplex). Momentan wird nur der Notstand verwaltet und Lehrgeld bezahlt für jahrzehntelange Versäumnisse
Stattdessen erhöhen wir die Anzahl der Pfleger auf dem Markt. Was auf dem ersten Blick den zu Pflegenden zugute kommt.
Diese Erhöhung scheint mir -entgegen deiner Auffassung- denknotwendig. Immerhin zwingt die demografische Entwicklung doch dem Grunde nach dazu, rechtzeitig ausreichende Pflegekapazitäten bereit zu stellen. Oder soll das ähnlich laufen wie bei der Problematik Lehrermangel?
Aber bei genauen hinsehen den "Gewinnunternehmen" in die Karten spielt.
Verstehe ich deine Kritik dahingehend richtig, dass Du für ein staatliches Pflegemonopol plädierst? Dem sozialen Bereich wird angesichts der Rationalisierung im primären und sekundären Bereich sicherlich eine wesentliche Bedeutung zukommen, um überhaupt noch Arbeitsplätze zu schaffen. Oder?
Jetzt kann sich ein Pfleger den Job aussuchen, und arbeitet dann lieber in ein ethischem Betrieb.
Oder -um einmal deine Argumentation aufzunehmen: In einem unethischen Betrieb, wenn es ihr/ihm nur um das Maximum an Kohle geht... mal so zu Ende gedacht...oder?
Je mehr Pfleger es gibt, umso mehr Pfleger müssen unrühmliche Arbeitsverhältnisse mit Pflegekonzernen eingehen- um die eigene Hilfsbedürftigkeit zu minimieren. Je mehr Pfleger umso niedriger der Lohn (bis hin das es irgendwann nur noch Mindestlohn gibt). Aktionären der Pflegekonzerne wird eine Jährliche Rendite von 10% versprochen- und die gab es auch in den letzten Jahren. Auch hier sieht man, wie der Ethos der Angestellten ausgehebelt wird. Die können freiwillig ohne Bezahlung sicher ergänzend tätig werden. Aber von oben gibts knallharte finanzielle Vorgaben.
Verzeihung- aber diesen Indizienschlüss verstehe ich nicht...
Und auf solche Tendenzen wird es auch in der Organspende zulaufen. Je lohnender es wird, umso mehr geschäftliche Interressen wird es geben. Und dann wird jede Gesetzeslücke ausgenutzt.
Also- dann lieber kein Gesetz und dies dem freien Spiel der Kräfte und der (scheinbaren) Freiheit des Einzelnen überlassen...?
Irgendwie erinnert mich (ohne dir da den Ball zuspielen zu wollen!) diese Argumentation so ein bisschen an die Diskussion bzw. misslungene Gesetzgebung um § 219a StGB;
Ich find das verkehrt auf Ethik in der Gesetzgebung zu verzichten
*genau*- da bin ich ganz bei dir. Es dürfte allerdings auch Aufgabe politischer Ethik sein, genau solche Aufgaben gesetzlich zu regeln (und nicht einfach so hinzuschauen). Damit es in dieser grds. Frage eben nicht dazu kommt, die Ausgestaltung des Möglichen dem freien Markt zu überlassen.
und darauf zu bauen, das der Angestellte notfalls gegen die Interessen des Arbeitgebers ethisch handelt.
. Nun- das Begehen einer Straftat ist nicht vom Direktionsrecht eines Arbeitgebers erfasst. Und ein Angestellter hat nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, sich der Teilnahme an strafbaren Handlungen zu verweigern (aus bereits eigenem Interesse- ansonsten er selber Gefahr läuft, in den "Bau" zu wandern)
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Vielen Dank, L_davinci
für deine fundierte Entgegenhaltung, auf die ich ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit folgende grds. Gedanken einbringen möchte:
Das Gegenteil einer freiwilligen Entscheidung ist eine erzwungene Entscheidung.
Für mich aus deduktiver Herleitung nicht so überzeugend. Der Schwerpunkt des Arguments liegt doch in der Entscheidung jedes Einzelnen, soll heißen: Die Auswahlmöglichkeit, entweder "JA" oder "Nein" sagen zu können, impliziert m.E. doch eine weitgehend willkürfreie Ausübung gesetzlicher Ausgestaltung.
Entschieden hat aber bereits der Staat!
. Dem möchte ich mal bereits aus denklogischen Erwägungen widersprechen. Ein Gesetz vermag nur einen Rahmen vorgeben, wie das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen auszuüben und vom Gemeinwesen zu beachten ist.
Man hat zwar ein Abwehrrecht mit dem man die per Gesetz verordnete „Spenderbereitschaft“ negieren kann, bleibt man allerdings untätig, bleibt es dabei – man ist „Organspender“.
Eben- das gesetzliche Angebot, sein körperliches Selbstbestimmungsrecht auszuüben, richtet sich an den sog. "mündigen" Bürger. Um das mal spitzfindig zu formulieren: Wer- trotz entsprechender rechtsstaatlicher Garantie und eigener Fähigkeit- schlichtweg zu faul ist,sein Recht auszuüben, muss sich dann auch mit der Position des unmündigen Bürgers anfreunden.
Im Zweifel wider Willen! Eine freie Entscheidung ist das nicht!
Wo ich dir vollends Recht geben möchte: Unabhängig von ethischen Forderungen des Gemeinwesens obliegt es einem ethisch fundierten Staatswesen auch gerade, absolute (soll heißen unantastbare) Individualgrundrechte gerade dort zu schützen, wo die Privatautonomie oder vielleicht volkswirtschaftliche Interessen oder Praktikabilitätserwägungen vielleicht eine andere Handhabung aufdrängen könnten.
Schweigen als zustimmende Willenserklärung zur „Organspende“ zu deklarieren halte ich für sehr fragwürdig.
Dem muss und will ich grds. nicht widersprechen!
Es gibt viele wichtige Rechtsgasschäfte bei denen eine Schriftform oder sogar eine notarielle Beurkundung erforderlich ist
.Wieso so weit gedacht? Was die Selbstbestimmung von Organentnahmen angeht, gibt es doch Patientenverfügungen oder -gerade in Vorbereitung- die Fundierung einer Widerspruchslösung. Beides ist dann in amtliche Verzeichnisse niederzulegen ...
und meine „Organspende“ soll wie konkludentes Handeln behandelt werden?
Da sehe ich (für mich) einen Denkfehler allein aufgrund deines m.E. verunglückten "Busbeispiels". Das Synallagma eines Beförderungsvertrages setzt einen Aktivtausch voraus. Was deine Argumentation indes vermitteln zu scheint, ist die Kritik an einem sog. Passivtausch bei einer "Widerspruchslösung". Oder denke ich da zu weit?
Was, wenn ich aber intellektuell nicht in der Lage bin mich adäquat zu informieren, nicht die Tragweite dieses Gesetzes und damit meiner (Nicht-)Entscheidung abschätzen kann?
. Das ist m.E. ein allemal berechtigter Einwand *danke*! Nun dürfte sich ein Gesetz nur an Bürger mit Rechtsgeschäftsfähigkeit wenden dürfen. Problem sicher bei Minderjährigen oder sonst vermindert Geschäftsfähigen...
Was, wenn ich nicht mal auf die Idee komme, etwas könnte anders sein als es im ersten Moment scheint?
. Nun- eine Patientenverfügung z.B. kann man im Zweifel jederzeit widerrufen/abändern/ergänzen...
2018 starben 901 Menschen weil, sie ein krankes Organ hatten und die Therapie, Implantieren eines „gespendeten“ Organs, nicht verfügbar war.
Mag sein,indes: 1. Ein nicht unerheblicher Teil von Spenderorganen für deutsche Patienten kommt aus dem benachbarten Ausland. 2. Mir scheint ein wenig in den Hintergrund zu geraten, welche Einbußen an Lebensqualität Menschen haben, die zum Teil jahrelang auf Spenderorgane warten müssen. Mir missfällt ein wenig die Vorstellung, womöglich jahrelang an einer Herz-Lungen-Maschine gefesselt zu sein. Obwohl eine Transplantation medizinisch möglich wäre und u.a. die Kosten eines zum Teil jahrelangen Klinikaufenthaltes, die ständige Angst meiner Angehörigen und die Perspektivlosigkeit vieler verschwendeter Jahre verhindern könnte...
Steht dies in Relation Menschen per Gesetz zu „Spendern“ zu deklarieren, aber gleichzeitig mit Verweis auf die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, die Bürger rasen, saufen und rauchen zu lassen?
Gegenfrage: Kann man das Recht auf Leben überhaupt in Relation oder gar unter Nützlichkeitserwägungen stellen?
„Mein Körper gehört mir!“ hieß der Slogan der Frauenbewegung in den Siebzigern.
*nachdenk* Das scheint mir eher ein Argument für eine "Widerspruchslösung" zu sein. Immerhin: Die Frauen (nicht nur) in den 70´ern haben Laut ihre Stimme erhoben und dafür hart gekämpft und gestritten, laut "Nein" bzw. "Ja" zu schreien...
Zitat von *******s65:
. Dem möchte ich mal bereits aus denklogischen Erwägungen widersprechen. Ein Gesetz vermag nur einen Rahmen vorgeben, wie das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen auszuüben und vom Gemeinwesen zu beachten ist.

Wenn du keine Steuererklärung abgibst, hast du in diesem Jahr 4 Millionen Euro verdient, und wenn dazu ein Erlass zur Nachzahlung ergeht, hast du kein Widerspruchsrecht. Dein Selbstbestimmungsrecht bleibt unangetastet, du kannst ja deine Steuererklärung rechtzeitug abgeben. So etwa?


Der Staat geht uns berechtigt oder unberechtigterweise so oft auf den Senkel, und wir sind sooft zu einer Antwort verpflichtet. Denkbar ist ja auch der Zwang zu einer widerrufbaren Entscheidung, wie es einige Politiker im Sinn haben. So wie die Dynamik entstehen wird, wird es erst eine sehr große "vergessen zu widersprechen"-Quote geben. Nachdem das publik wird und auch die ersten Mißbrauchsfälle in den Medie geistern, wird die Spendenbereitschaft in den Keller krachen. Ab dann wird erst mal präventiv verweigert.

Die Widerspruchslösung liefert schnelle Erfolge bei den Zahlen, aber der Erfolg wird nicht lange anhalten.

Zitat von *******s65:
*nachdenk*-deinen Erfahrungen in der Pflege?
Im Übrigen: Pflege ist ein extrem harter Job-sowohl physisch als auch psychisch.


Meine Frau hat schon mal in einer Therapiepraxis gearbeitet. Und sie bekam die Anweisung, wenn es irgend geht dafür zu sorgen, das Patienten mit Folgerezepten kamen. Notwendigkeit für diese Folgerezepte hin oder her. Der Patient musste also so "beeinflusst" werden, das er mit weiteren Rezepten vorbeikam. Bei den Gründen für die Rezeptverlängerung sollte sie dann kreativ sein.

Meine Frau arbeitet nicht mehr dort. Aber seitdem bin ich sehr vorsichtig, was die Motivation im Gesundheitssystem angeht. Und erst recht, nachdem die Zahlen für besonders gutbezahlte minimalinvasive Eingriffe in die Höhe geschnellt sind. Auch ich sollte schon am Knie operiert werden. Mein Hausarzt hat es gestoppt. Der Orthopäde, der mich operiert hätte, hat mir zu der OP geraten. Im Gesundheitssystem ist mehr Kommerz und Verkaufsdenken drin, als einem lieb ist.

Die spielen das Spiel: Gib mir zehn Euro, damit ich der alten Frau 5 Euro geben kann. Na los, du willst doch nicht, das die arme Frau verhungert....

Und du gehst diesem Spiel auf dem Leim. An der Transplantation verdienen zuviel. Würde eine gemeinnützige Organisation die Transplantation machen- also das niemand sich an meinen Organen bereichert- würde ich anders entscheiden.
So aber bin ich dagegen.

Zitat von *******s65:
Nun- das Begehen einer Straftat ist nicht vom Direktionsrecht eines Arbeitgebers erfasst. Und ein Angestellter hat nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, sich der Teilnahme an strafbaren Handlungen zu verweigern (aus bereits eigenem Interesse- ansonsten er selber Gefahr läuft, in den "Bau" zu wandern)
So doof ist kein Arbeitgeber. Auch siehe oben die Therapiepraxis. Ein Arbeitgeber kann aber wohl von dir Dinge verlangen, die in keinster Weise strafbar sind. Sich aber dennoch als toxisches Verhalten herausstellen kann (Cum-Ex, ist nicht strafbar gewesen). Der Chef kann durchaus von dir verlangen Lücken in Gesetzen und Bestimmungen zur Gänze auszukosten. Und das auch dann, wenn die brancheneigene Lobby erst für diese Lücke im Gesetzestext gesorgt hat.

Zitat von *******s65:
Verzeihung- aber diesen Indizienschlüss verstehe ich nicht...
Wenn du plötzlich allein auf der Station bist- weil der arbeitgeber keine anderen Vorgaben hat- dann wird dein Wille zu mehr ethischer Pflege schnell dem Pragmatismus weichen. Du hast keine Zeit mehr dich um die Menschlichkeit der Pflegefälle zu kümmern. Alles muss funktionieren, sonst kollabiert der vom Arbeitgeber erstellte Ablaufplan. Und es ist scheißegal, ob jemand darunter leidet- du hast keine Zeit dich darum adäquat zu kümmern. Und schon gleich gar nicht um eine ganze Station zu bespaßen. Alles muss funktionieren und reibungslos möglichst zügig funktionieren.
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Nun, @BICINUM
Vorab möchte ich klarstellen, dass ich nicht beabsichtige, deine grds. Auffassung dem Grunde nach zu falsifizieren, indes:
Wenn du keine Steuererklärung abgibst, hast du in diesem Jahr 4 Millionen Euro verdient, und wenn dazu ein Erlass zur Nachzahlung ergeht, hast du kein Widerspruchsrecht.
Sorry- aber doch ein hinkender Vergleich zur Sache. 1.) ist es falsch, dass Du bei Nichterklärung deiner Steuern automatisch Geld verdienst. Im Regelfall verschenkt der Normalo sogar Geld, da er bei Nichtabgabe der SteuerErkl. z.B. abzugsfähige Vorsorgeaufwendungen und außergewöhnliche Aufwendungen nicht steuermindernd absetzt. 2.) Natürlich hast Du gegen Steuerbescheide ein "Widerspruchsrecht" in Form von Rechtsmitteln (Art.19 GG steht nicht zur Disposition). Eine andere Frage ist natürlich, ob Du aufgrund des Fachchinesisch im Steuerbescheid überhaupt die Möglichkeit hast, einen Einspruch hinreichend zu begründen. Da kommt ja mittlerweile keine Sau mehr ´drauf klar...
Dein Selbstbestimmungsrecht bleibt unangetastet, du kannst ja deine Steuererklärung rechtzeitig abgeben. So etwa?
Wie gesagt- ein pluralistisches System lebt vom mündigen Bürger...
Der Staat geht uns berechtigt oder unberechtigterweise so oft auf den Senkel,und wir sind sooft zu einer Antwort verpflichtet.
Sorry,aber wer ist denn der Staat? Mich nervt dieses auf den "Senkel gehen" auch öfters-vor allem, wenn es unangenehme Antworten sind...
Denkbar ist ja auch der Zwang zu einer widerrufbaren Entscheidung, wie es einige Politiker im Sinn haben.
Was spricht gerade in dieser Sache dagegen, einem Bürger zu ermöglichen, von einem "Ja" zu einem "Nein" oder umgekehrt umzuschwenken? Das Recht, eine Meinung auch ändern zu können, ist doch ein Privileg,oder?
So wie die Dynamik entstehen wird, wird es erst eine sehr große "vergessen zu widersprechen"-Quote geben./quote]
Da pflichte ich dir bei- die Gefahr besteht durchaus. sofern sich immer mehr Leute darauf zurückziehen, dass es bequemer ist, den Kopf in den Sand (bzw.umgekehrt) zu stecken und wesentliche Fragen bzgl. der Selbstbestimmung wenigen Leuten zu überlassen.Was m.E. dann auch autokrativen Strukturen Vorschub leistet...
Nachdem das publik wird und auch die ersten Mißbrauchsfälle in den Medie geistern,
Es bleibt zu hoffen, dass das System medialer Fehlerkontrolle auch nach wie vor funktioniert und Missbrauchsfälle publik werden...
wird die Spendenbereitschaft in den Keller krachen. Ab dann wird erst mal präventiv verweigert./quote]
Nun-Bicinum: Das ist doch der status quo, oder?
Die Widerspruchslösung liefert schnelle Erfolge bei den Zahlen, aber der Erfolg wird nicht lange anhalten
. Bin mir gar nicht so sicher,ob das der Fall sein wird. Bereits jetzt sehe ich in jeder zweiten Patientenverfügung ein eindeutiges "Nein" zur Organentnahme...; aber eine gesetzliche Grundlage könnte Fakten,Hintergründe und auch ethische Fragen hinreichender in das gesellschaftliche Bewusstsein bringen. Weil man/frau sich damit beschäftigen muss...in medias res;
Meine Frau hat schon mal in einer Therapiepraxis gearbeitet/quote] Dafür meine aufrichtigen Respekt! Ich hab es physisch und psychisch nur ein paar Jahre im Gesundheitswesen ausgehalten...
Und sie bekam die Anweisung, wenn es irgend geht dafür zu sorgen, das Patienten mit Folgerezepten kamen. Notwendigkeit für diese Folgerezepte hin oder her. Der Patient musste also so "beeinflusst" werden, das er mit weiteren Rezepten vorbeikam. Bei den Gründen für die Rezeptverlängerung sollte sie dann kreativ sein
. So wie Du das beschreibst, ein anzeigepflichtiger Tatbestand...
Aber seitdem bin ich sehr vorsichtig, was die Motivation im Gesundheitssystem angeht.
Zu recht!Das bin ich auch...
Und erst recht, nachdem die Zahlen für besonders gutbezahlte minimalinvasive Eingriffe in die Höhe geschnellt sind.
. Ein gewaltiges Problem, was Du da ansprichst. Der Wildwuchs u.a. bei den sog. IGEL-Leistungen ist m.E. indes Ausfluss der letzten Gesundheitsstrukturreformen unter schwarz-gelb.Ein Schelm, der....
Im Gesundheitssystem ist mehr Kommerz und Verkaufsdenken drin, als einem lieb ist.
Der Kommerzialisierungsgedanke wurde seinerzeit u.a. mit der Intention eingeführt, um den Widerspruch zwischen a.)einer bezahlbaren Gesundheitsvorsorge und b.)der Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich aufzulösen. Erinnerst Du dich noch an deine eigenen Ausführungen zum Mindestlohn bei Pflegeberufen?
Und du gehst diesem Spiel auf dem Leim.
Mit Verlaub- das ist eine nicht einlassungsfähige Wahrunterstellung.
So aber bin ich dagegen
Dein gutes Recht. Also sag "Nein"!
So doof ist kein Arbeitgeber. Auch siehe oben die Therapiepraxis. Ein Arbeitgeber kann aber wohl von dir Dinge verlangen, die in keinster Weise strafbar sind. Sich aber dennoch als toxisches Verhalten herausstellen kann (Cum-Ex, ist nicht strafbar gewesen).

Nun- es besteht nun mal ein grds. Unterschied zwischen Legalität und Legitimität. Legalität bestimmt grds. das Notwendige. Legitimität das ethisch gebotene...
Und das auch dann, wenn die brancheneigene Lobby erst für diese Lücke im Gesetzestext gesorgt hat.
Unbenommen- wahrlich ein Problem, das mittlerweile arg aus dem Ruder läuft.
Wenn du plötzlich allein auf der Station bist- weil der arbeitgeber keine anderen Vorgaben hat- dann wird dein Wille zu mehr ethischer Pflege schnell dem Pragmatismus weichen.
*nachdenk* Bicinum-im Ergebnis stehen diese Feststellungen in Widerspruch zur Kritik deines vorigen Beitrages, wo Du die Erhöhung der Pflegekapazitäten kritisch beleuchtet hast. Was ist nun deiner Meinung nach richtig: Mehr oder weniger Pflegekräfte?
Du hast keine Zeit mehr dich um die Menschlichkeit der Pflegefälle zu kümmern. Alles muss funktionieren, sonst kollabiert der vom Arbeitgeber erstellte Ablaufplan. Und es ist scheißegal, ob jemand darunter leidet- du hast keine Zeit dich darum adäquat zu kümmern. Und schon gleich gar nicht um eine ganze Station zu bespaßen.
Stimmt alles! Aber...wie sehen die Alternativen aus?
Alles muss funktionieren und reibungslos möglichst zügig funktionieren.
Immerhin-es geht um Menschenleben...ein Dilemma,oder?
******nci Mann
445 Beiträge
Irgendwie kam gerade diese Assoziation *heul2*
https://de.wikipedia.org/wiki/Rabulistik
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Nun, L_davinci,
das Recht zu fragen, zu hinterfragen passt nicht so recht in das Korsett eristrischer Dialektik. Oder doch...?
*******sima Frau
2.530 Beiträge
Wie war das nochmal - die Welt als Wille und Vorstellung..., mit oder ohne Kunstgriffe....oder so ähnlich...! *floet* *omm*
*******ata Frau
27.970 Beiträge
gerade kam die meldung
es gibt keine widerspruchsregelung
sondern es bleibt bei der zustimmungslösung


kurzfassung https://twitter.com/ndr
Ich habe mir grad durchgelesen, was ich vor einiger zeit dazu schrieb.
Wie gesagt, mir ist es egal, aber insgesamt gesehen, bin ich für die Zustimmungslösung. Deshalb bin ich mit der Entscheidung zufrieden.
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Ich bin eigentlich dafür, dass jede(r) grundsätzlich Organspender ist, sofern er nicht ausdrücklich ein Veto einlegt.
Schließlich ist es egal, was mit dem Körper passiert, wenn man tot ist. Und so kann man noch nachträglich ein gutes Werk tun.
Sicherlich ist es egal. Mir ist es auch egal.
Aber es gibt bestimmt Leute, denen es nicht egal ist und aus Rücksicht auf diese Leute, finde ich es gut, dass alles beim Alten bleibt.
******nci Mann
445 Beiträge
Zitat von **********gosto:
Iwenn man tot ist.

Nur man ist eben noch nicht tot! Man wird als hirntot definiert! Das ist ein erheblicher Unterschied!
*******enig Mann
9.868 Beiträge
Die Menschheit ist wirklich selten eingebildet. Als wäre es von Belang, was mit unserem Kadaver passiert, wenn wir erst mal den Löffel abgegeben haben. Ich freue mich für die Maden, wenn ich ihnen ein Festmahl bereiten kann. Genau so sehr freue ich mich, wenn ich als Ersatzteillager für Leute dienen kann, die im Gegensatz zu mir noch einige Jahre vor sich haben.
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Sei´s ´drum, @*******enig landet dann doch doch der ganze Kram von den Maden dann über die Nahrungskette (zusammen mit der üblichen Dosis Plastikmüll) wieder in den Mägen der noch nicht Dahingeschiedenen.
Scheint´s doch so, dass die ganze Thematik so ein wenig etwas von Schattenboxen hat- die Organhändler können ja aus dem Füllhorn uigurischer Straflager oder lateinamerikanischer Favelas ohnehin aus dem Vollen schöpfen. Schafft ja immerhin Arbeitsplätze *ironie*, wenngleich die Klimabilanz mal wieder kräftig wackelt.
So kann sich das saturierte Gemüt in der sog. freien Welt schön am heimischen Herd wärmen.
Mal wieder so ein Paradebeispiel kognitiver Dissonanz: Altruismus und Mainstreammoral passen halt in der postmodernen Welt nicht so recht zueinander...
Müssen wir uns halt die Schuhe schnüren für einen Organspendeausweis- mit der Aussicht, dass mit ein bisschen Chance irgendein Organ über unseren Tod weiterlebt. Auch eine schöne Vorstellung von Wiedergeburt...
Es geht doch gar nicht um das Für und Wider von Organspenden. Es geht darum, ob die Regierung das Recht hat, jeden Menschen automatisch zum Organspender zu machen, also über die Körper ihrer Bürger entscheiden darf und man Widerspruch erheben muss, wenn man das nicht will.
Der Körper eines jeden Menschen gehört nur ihm selbst und nur er darf über seinen Körper Entscheidungen treffen. Und nicht die Regierung!

Um es mal etwas auf die Spitze zu treiben: Hat denn ein Mensch überhaupt das Recht auf ein Spenderorgan? Auch dieses Recht gibt es nicht.
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Nun- in der Diskussion um dieses Thema sowie der Gesetzesvorlage ging es auch nicht darum, willkürlich in das körperliche Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen einzugreifen (was dann ohnehin mit den Grundrechtsgarantien nicht vereinbar wäre) , sondern: Es dehnen, die sich bis dato nicht bequemt haben, sich ausdrücklich für oder gegen eine Organentnahme zu entscheiden (rsp. zu positionieren) "die Mühe" aufzubürden, sich zu positionieren und -für den Fall der Verweigerung- den Hintern zu bewegen und einen Widerspruch bei der zuständigen Stelle einzureichen.
Aktueller Stand dürfte nunmehr (wie bisher) sein, das der Spendenbereite allemal mehr Aufwand hat als der Spendenverweigerer... nach meinem persönlichen Gusto irgendwie unschön...
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