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Organspende

*****011 Frau
2.467 Beiträge
Themenersteller 
Organspende
Gestern war Tag der Organspende, und den ganzen Tag über habe ich in den Nachrichten gehört, dass unser Gesundheitsminister für seine Widerspruchslösung wirbt. Das heißt, jeder Erwachsene gilt im Falle das Hirntods als Organspender, es sei denn er hat vorher aktiv widersprochen. Mir kommt das so vor als müsste ich an meiner Wohnungstür ein Schild anbringen, auf dem steht, dass ich nicht will, dass jemand bei mir einbricht, damit ein Einbruch als Straftat gewertet wird. Mich interessiert, was ihr darüber denkt und wie ihr euch entscheiden werdet, wenn ihr eines Tages Post bekommt mit der Aufforderung, darüber nachzudenken, ob ihr eure Organe spenden wollt.

Als junge Frau vor über 30 Jahren hatte ich einen Organspenderausweis, aus dem mein Einverständnis mit einer Organspende hervorging. Heute habe ich auch einen, aber in diesem habe ich angekreuzt, dass ich einer Organentnahme widerspreche. Damit habe ich getan, was der Gesetzentwurf von mir verlangt, allerdings treibt mich manchmal die Sorge um, dass man im Fall der Fälle zwar diesen Ausweis bei mir findet, aber vor lauter Begeisterung gar nicht genau schaut, was ich eigentlich angekreuzt habe.

Jetzt bin ich gespannt, was ihr denkt und freue mich auf eine engagierte Diskussion.
Liebe Doro,
vielen Dank für dieses wichtige Thema!

Mir persönlich ist es völlig egal, was mit meinem Körper passiert, wenn ich tot bin. Von mir aus kann man ihn ausschlachten.
Deshalb finde ich den Vorschlag, dass automatisch Organe entnommen werden, sofern nicht widersprochen wurde, gar nicht schlecht.
Ich sehe es halt so, dass der tote Körper eh verfault und warum sollte man da nicht vorher noch brauchbare Organe entnehmen, wenn es einem anderen Menschen hilft.
Man könnte das ja so machen, dass jeder volljährige Bürger einen Zettel zugeschickt bekommt, auf dem er ankreuzt, was er möchte.
Klar, das würde erst mal einen Haufen Geld kosten, aber es würden klare Verhältnisse herrschen.
Die Spende ist nicht das Problem, der Schindluder der damit betrieben werden kann wohl eher.
In einer Zeit wo Ärzte die Kassen bescheissen und Gutachter jeglicher käuflich sind, hätte ich Angst zu früh vermarktet zu werden *zwinker*

LG Chien
*****011 Frau
2.467 Beiträge
Themenersteller 
Ja, menschliche Fehlbarkeit,vor allem charakterlicher Art ist ein Teil des Problems.

Ich habe früher so ähnlich wie Tati gedacht, wenn ich tot bin, brauche ich meine Organe nicht mehr, warum sie also nicht spenden, wenn das jemandem schwer Kranken noch eine lebenswerte Zeit ermöglicht. Mein Sinneswandel kam, als ich mich damit beschäftigt habe, wie ich mir mein eigenes Lebensende wünsche. Sterben ist ein Teil des Lebens, der letzte. Der Hirntod ist ein Teil des Sterbeprozesses und damit immer noch Teil des Lebens. Organe zu spenden ist ja nur möglich, wenn sie noch leben, also das Herz noch schlägt und der Körper beatmet wird. Ist eine Organentnahme nicht geplant, werden im Falle des bestätigten Hirntods die lebenserhaltenden intensivmedizinischen Maßnahmen abgestellt. Danach tritt innerhalb kurzer Zeit der Tod durch Versagen aller Organe ein. Und genau diese kurze Zeit zum Sterben wünsche ich mir. Im besten Fall bin ich dann von meinen Liebsten umgeben, die mir die Hand halten, auch wenn ich ihre Gegenwart dann nicht mehr spüren werde, weil mein Hirn ja schon tot ist.

Sehr bedenklich fand ich übrigens die mediale Aufmerksamkeit, als unser heutiger Bundespräsident seiner frau eine Niere spendete. Das wäre besser im Familienkreis geblieben, denn so wird moralischer Druck ausgeübt, obwohl die Lebendspende für einen geliebten Menschen etwas völlig anderes ist als die anonyme Spende nach dem Hirntod.
*******n757 Mann
445 Beiträge
Hallo Doro,
jeder kann in so eine Lage kommen wo sein Leben von von einer Organspende abhängt.
Zur Zeit gibt jeder freiwillig sein ok zur Organspende. Das was der Gesundheitsminister vorschlägt gibt es schon in anderen Ländern. Ich finde diese Variante gut weil, viele Spenderorgane benötigt werden um andere Menschenleben zu retten.
Ich habe kein Problem meine Organe nach meinen Ableben zu spenden, wenn es abgesehen von meinem Alter noch möglich ist. Mir stellt sich eine andere Frage hypothetisch gesehen: hat ein Mensch einen Anspruch auf ein Spenderorgan
wenn er sich strickt dagegen ausspricht seine eigenen Organe anderen zu spenden?
Liebe Grüße Jürgen
*****011 Frau
2.467 Beiträge
Themenersteller 
Zitat von *******n757:
Mir stellt sich eine andere Frage hypothetisch gesehen: hat ein Mensch einen Anspruch auf ein Spenderorgan
wenn er sich strickt dagegen ausspricht seine eigenen Organe anderen zu spenden?

Ich kann natürlich auch nicht ausschließen, dass ich eines Tages ein Spenderorgan brauchen könnte, und nach dieser Logik stünde mir keines zu, weil ich ja widersprochen habe. Ich denke, dass niemand Anspruch auf ein Spenderorgan hat, den kann es nach meiner Meinung nicht geben. Worauf aber jeder unabhängig von der persönlichen Einstellung einen Anspruch hat, ist die bestmögliche medizinische Versorgung. Und Organtransplantationen gehören dazu.

Ob ich persönlich das in Anspruch nehmen würde, kann ich jetzt nicht entscheiden.
*******n757 Mann
445 Beiträge
Das stimmt einen Anspruch auf ein Spenderorgan hat man nicht. Man hat nur Anspruch auf ein Leben, alles andere ist so gesehen eine Lebensverlängerung.
*******007 Mann
9.527 Beiträge
Sehr interessantes, aber eben auch kontroverses Thema!

Ich habe seit über 20 Jahren einen Organspenderausweis und frage auch immer wieder mal bei Verwandten, Freunden und Bekannten, wie das bei ihnen ist.
Ich finde es wichtig, sich für Organspende zu entscheiden, denn wer weiß, ob man nicht selbst mal ein Organ von einem fremden braucht. Ich persönlich würde meine Organe niemandem verweigern, der selbst keinen OSA hat. Aber ich finde, man kann von niemand anderem etwas erwarten, was man selbst nicht bereit ist zu geben! In Zeiten des zunehmenden Egoismus ist das wohl eine sehr naive Sichtweise! Aber das ist mir egal! *g*

Ich denke, vor Missbrauch ist man so oder so nicht geschützt, also egal, ob man einen Ausweis hat oder nicht.

Was mich gerade bei der medialen Diskussion etwas stört, ist die Tatsache, wie die Statistiken zustande kommen, wer einen hat und wer nicht! Ich bin noch nie dazu befragt worden und habe es auch noch nirgends angegeben!
*******007 Mann
9.527 Beiträge
Zitat von *****011:
Ob ich persönlich das in Anspruch nehmen würde, kann ich jetzt nicht entscheiden.


Ich denke (ich sage bewußt nicht ich weiß!!!), Du würdest. *zwinker*
ich weiß gar nicht mehr seit wann ich meinen Ausweis habe, es war jedenfalls lange vor *hochzeit*
es ist noch einer der Sorte, Datenerfassung und dafür bekam ich eine Karte, so richtig mit "DatenKennung" damit auch wirklich alles gleich in das System eingegeben werden kann
wobei ich langsam in das Alter komme, in dem gar nicht mehr alles von mir Verwendung finden wird
alle Vorbehalte, alle Negativmeldungen, ich habe sie damals und auch heute immer wieder im Blick und es erschreckt mich teils sehr, wie so die Ängste auch noch zusätzlich geschürt werden
meine Kinder sind ebenso (durch mich wohl vorgeprägt) im Sanibereich und sind auch "voll erfaßt"
einen Menschen gehen zu lassen ist schon schwer genug, dann aber erst die Entscheidung treffen zu müssen ob dafür einem anderen Menschen geholfen werden kann, ich wollte dieses für mich und so sehen es auch meine Beiden, ganz klar für mich entscheiden
Ich bin auch für die Widerspruchslösung. Ich möchte mir noch ein weiteres Standbein als Organvermittler aufbauen.
Dann werde ich auch in der Politik aktiv, damit die Regelungen für Hirntod etwas gelockert werden. Irgendwann zeigt mir mein Smartphone an, das ein in der Nachbarschaft mit einer Smartwatch laufende Mensch zu einem Organgesuch passt. Ich klär das dann mit seiner Smartwatch- die Befugnisse hat dieser ja mit dem Einverständnis zu den Google AGB's (AGB zur Smartwatch, Auf Seite 3245 ganz unten) gegeben.

Das mit dem Hirntod sieht man ja dann auch nicht mehr so eng. Alles dann eine Frage der Definition- und die kann ja dann in wirtschaftsfördernder Weise verändert werden.
******nci Mann
445 Beiträge
Eine Spende ist eine freiwillige, unentgeltliche Gabe für einen wohltätigen Zweck in Form von Geld, Sach- oder Dienstleistungen.

Fällt nur ein Aspekt weg, handelt es sich nicht mehr um eine Spende: Ohne den Aspekt des Unentgeltlichen handelt es sich um einen Verkauf, ohne die Freiwilligkeit handelt es sich um eine Abgabe oder Steuer, ohne den wohltätigen Zweck, handelt es sich um Eigennutz.

Da unzweifelhaft mindestens die Freiwilligkeit nicht gegeben ist, kann es sich folglich nicht um eine Spende handeln. Da der Staat sich das Recht herausnehmen will über unseren Körper zu verfügen, handelt er da nicht wie ein Gutsherr über seine Untergeben befehligt? Ist das eine neue Form der Leibeigenschaft?

Auch den Aspekt des wohltätigen Zweck kann man ebenfalls in Frage stellen, gerade wenn man der Frage nachgeht wem es nutzt? Sicher dem Empfänger, aber was ist mit den anderen Beteiligten, dem medizinischen Apparat? Eine Nieren-Transplantation kostet ca. 60.000€ andere Transplantationen auch über 100.000€. Spendenbereitschaft an dieser Stelle – Fehlanzeige!

Ist es akzeptabel, dass dem Spender in der Regel nicht einmal eine Narkose bei der Entnahme zu Teil wird – aus Kostengründen. Es wird ja behauptet der Sterbende sei schließlich Hirntod und würde nichts mehr spüren können. Dem wird allerdings von verschiedenen Seiten deutlich widersprochen! Detail will hier mal aussparen.

Zudem ist der „Hirntod“ ein durchaus umstrittenes Konstrukt, dem von verschieden Seiten widersprochen wird. Wie genau man Leben und Tod auch definieren mag, auch ein hirntoter Mensch ist ein (noch) lebender Mensch! Das Wort „hirntot“ ist nichts anderes als ein Euphemismus! Lebende Menschen können dürfen hierdurch wie tote Menschen behandelt werden – gesetzlich legitimiert!

„Hirntod“ ist die Geschäftsgrundlage der Transplantationsmedizin, da wundert es wenig, das die Kritik an diesem Konstrukt weitgehend ignoriert wird.
Um etwas spenden zu können bedarf es eines Subjekts, welches ein Bewusstsein hat, denken, erkennen und handeln kann. Zum Zeitpunkt des „Spendens“ ist dies, jedenfalls geht der Gesetzgeber davon aus, nicht mehr der Fall und eine ggf. abweichende Meinung kann dieser Mensch nicht mehr äußern.

Offensichtlich soll mit einer Widerspruchslösung menschliche Eigenschaften ausgenutzt werden - Verdrängung des eigen Todes und Ausnutzung der eigenen Bequemlichkeit.

Wenn es dem Gesetzgeber tatsächlich darum ginge Leben zu retten, warum dann auf diese ethisch hoch problematische und darüber hinaus sehr teure Art, wenn mit viel weniger Geld viel mehr Leben gerettet werden könnte?

Wie muss ein Gesetzgeber „ticken“, dass er eine Pflicht zur Spende per Gesetz verfügen will, gegen alle Bedenken hinweg? Selbst mit demokratisch erzielten Mehrheiten lässt sich m.E. nicht legitimieren, dass der einzelne Bürger „ausgeweidet“ werden, auch wenn man (noch) widersprechen kann. Was aber der Widerspruch aus welchen gründen auch immer gerade nicht verfügbar ist, aber schnell gehandelt werden muss? Wer würde solch ein Versehen überprüfen können oder wollen? Würde man überhaupt davon Kenntnis erlangen? Zu recht echauffiert man sich über Länder wie China wo Hingerichtete, angeblich freiwillig, zu „Organspendern“ werden. In diese Richtung wollen wir doch hoffentlich nicht gehen?

Sind sterbende Menschen für den Gesetzgeber „Ersatzteillager“, die nach Belieben und Bedarf „ausgeschlachtet“ werden dürfen? Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, das die Initiative von Politikern der christlichen Partei ausgeht (da die Sozialdemokraten mitlaufen ist mir nicht entgangen). Ist Gottes Schöpfung, wenn sie im Sterben liegt, nicht mehr „heilig“? Ist ein zu Ende gehendes Leben weniger würdig gesetzlichen Schutz zu erhalten als ein werdendes Leben?

Das das Leben endlich und der Tod eines jeden unausweichlich ist, ist in unserer Gesellschaft eine gern verdrängte Tatsache. Für die Medizin ist der Tod oft das Versagen des eigenen Könnens.

Nach welchen Regeln sollen die „Spenden“ verteilt werden? Sollen jüngere vor älteren gehen, sollen um ihre Gesundheit bedachte eher ein Organ erhalten als arglose, sollen zahlungskräftige vor ärmeren „bedient“ werden. Egal welche Regeln man aufstellt, es wird Ungerechtigkeiten geben, Ungerechtigkeiten, die über Leben und Tod entscheiden.

Und ist nicht gerade erst vor ein paar Jahren die Bereitschaft zur Spende deswegen eingebrochen, weil eben die Regeln die man sich gegeben hat nicht eingehalten wurden? Wird dies ein „Ausrutscher“ sein oder wird es sich wiederholen können?

Selbst wenn jemand ein „Spenderorgan“ erhalten hat, ist er keineswegs wieder gesund, er muss lebenslang Medikamente einnehmen die sein eigenes Immunsystem unterdrücken, damit der Körper das fremde Organ nicht abstößt – die Nebenwirkungen sind nennswert. Mögliche psychische Probleme sind keineswegs so selten, dass sie völlig ignoriert werden könnten, denn schließlich kann man selbst nur weiterleben, weil ein anderer Mensch „für“ einen gestorben ist.


**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Ich denke,es kommt immer Mist dabei heraus, wenn ethische Grundfragestellungen nicht von der Gesellschaft (wohin sie eigentlich hingehören) gemeistert, sondern ins politische Regulativ überantwortet werden...
*****100 Mann
183 Beiträge
Der Organhandel ist ein lohnendes Geschäft, mit entsprechenden Stielblüten. Unter dem Vorwand des Guten, lässt sich alles verkaufen. Die neue Regelung mindert die Zahl des Organraubs.
*******sima Frau
2.540 Beiträge
@Anchises65
Ich denke,es kommt immer Mist dabei heraus, wenn ethische Grundfragestellungen nicht von der Gesellschaft (wohin sie eigentlich hingehören) gemeistert, sondern ins politische Regulativ überantwortet werden...

Wie könnte es denn Deiner Meinung nach aussehen, bzw. welche Prozesse müßten eingeleitet oder gewährleistet werden, um zu ermöglichen, dass diese Grundfragestellungen von der Gesellschaft gemeistert werden?
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
@L_davinci
Vorweg geschickt: Ich teile durchaus die ethischen Bedenken bzgl. der sog. Widerspruchslösung im vorliegenden Referentenentwurf.
Indes sollte- bei allen ethischen Vorbehalten nicht unbedacht sein:
Da unzweifelhaft mindestens die Freiwilligkeit nicht gegeben ist, kann es sich folglich nicht um eine Spende handeln.
Auf den ersten Blick mehr als logisch. Indes setzt eine Spende auch einen bewussten Willensakt der Verfügungsberechtigten voraus, was in einem postmortalen Zustand schwerlich möglich ist...
Da der Staat sich das Recht herausnehmen will über unseren Körper zu verfügen, handelt er da nicht wie ein Gutsherr über seine Untergeben befehligt? Ist das eine neue Form der Leibeigenschaft?
Hierzu gebe ich zu bedenken, dass sich ein staatliches Eingreifen allein durch den in Art.1 GG normierten Anspruch legitimiert, allen Bürgern ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Bei aller Kritik am vorliegenden Gesetzesentwurf sollte man nicht aus dem Auge verlieren, dass der Gesetzgeber sogar in der Pflicht steht, jedem Bürger zumindest den normativen Anspruch zu gewährleisten, bei vorliegendem Organversagen eine Aussicht auf ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, sofern dies medizinisch möglich ist. In diesem Zusammenhang wäre es verfehlt, dem Staat hier vorzuhalten, er würde nur aus funktionalen oder fiskalen Erwägungen das Recht des Transplantationsempfängers bewerten.
„Hirntod“ ist die Geschäftsgrundlage der Transplantationsmedizin.
M.E. zu kurz gedacht. Siehe nachfolgend.
Sind sterbende Menschen für den Gesetzgeber „Ersatzteillager“, die nach Belieben und Bedarf „ausgeschlachtet“ werden dürfen?
. Eben nicht! Der Gesetzgeber steht nur in der Verlegenheit, dass in Art.1/2 GG postulierte Recht des Empfängers auf Leben mit dem postmortalen Persönlichkeitsrecht des (Ver)Sterbenden abzuwägen. Wenn man so will, eine Nummer, die im Zweifel (im Einzelfall) nie so richtig aufgehen kann.
Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, das die Initiative von Politikern der christlichen Partei ausgeht (da die Sozialdemokraten mitlaufen ist mir nicht entgangen).
. Du scheinst dabei dem Umstand wenig Erheblichkeit zuzumessen, dass sich die Parteien (auch außerhalb der GroKo) an Vorgaben des BVerfG und der Ethikkommission zu orientieren haben. Die BRD ist so ziemlich das einzige Land auf der Welt, welches sich eine Ethikkommission leistet. Insofern hinkt auch der Vergleich zum Reich der Mitte...
Ist ein zu Ende gehendes Leben weniger würdig gesetzlichen Schutz zu erhalten als ein werdendes Leben?
Eine wesentliche Kernfrage, die -auch zur Eindämmerung eines ausufernden Organhandels- dann ja nahezu danach schreit, dass der Gesetzgeber möglichst klare und fundierte Regeln schafft. Oder...?
*******enig Mann
10.063 Beiträge
kontroverses Thema...

also ich habe keinen Spenderausweis. Ich sehe das Thema ähnlich wie Tati. Von mir aus können sie mich gerne ausräumen, wenn es vorbei ist. Allerdings muss ich vermuten, dass meine Organe nicht mehr besonders brauchbar bzw. schon einigermaßen verbraucht sein dürften, falls es tatsächlich mal dazu kommen sollte. Aber wenn es jemandem anderen behilflich ist, jo mei…

Der Wert des menschlichen Körpers soll übrigens irgendwo zwischen einer viertel und einer halben Million Euro liegen. Soviel kosten die verschiedenen Transplantate. Jetzt nicht auf dem Schwarzmarkt, sondern im legalen Verkehr unter Vermittlung von Eurotransplant in Leiden. Wie immer, wenn viel Geld im Markt ist, liegt die Versuchung nahe, ein klitzekleines bissken an den Stellschrauben zu drehen. Ist ja im Atomkraftwerk nicht anders. Da drehen die Jungs auch gerne an den Knöpfen rum - manchmal so lange, bis irgendwas böse schief geht...

Wir dürfen uns freuen, dass es so etwas wie die Transplantationsmedizin überhaupt gibt. Zu anderen Zeiten hätte man einfach früher ins Gras gebissen. Heute bekommt man manchmal weitere Lebenszeit geschenkt, indem ein Transplantat die Arbeit des unrettbar kranken eigenen Organs übernimmt. Mit allen Einschränkungen, die damit einher gehen, aber immerhin - weiterleben. FALLS und wenn man rechtzeitig ein Spenderorgan bekommt.

Der positive Spenderausweis ("ich bin Spender, ihr könnt alles haben, außer vielleicht A, B und C") nimmt in meinen Augen die Rolle der Bio-Eier ein. Offiziell sind alle dafür, aber wenn es ans Einkaufen geht, wird sich gebückt und es werden die Billigeier von den KZ-Hühnern gekauft. Biofleisch dito. Löblicher Vorsatz, deprimierendes Ergebnis. Da finde ich persönlich die Widerspruchslösung schon sinnvoller, weil näher am Charakter des Menschen, welcher bekanntlich schlecht ist. WENN die Leute schon zu faul sind, sich zu Lebzeiten eindeutig zur Organspende zu positionieren, dann soll man sie ruhig ausräumen. Deshalb bin ich für die Widerspruchslösung. Mag sich jetzt grausam anhören, aber die Menschheit hat gelegentlich mal ein direktes Wort durchaus verdient. Und wer wirklich nicht seine Organe spenden möchte, wird sich eben die Mühe antun müssen und seinen Willen eindeutig dokumentieren. Entweder mittels Ausweis oder einem Tattoo auf dem Herzen: "Entnahme lebenswichtiger, doppelter oder überflüssiger Organe verboten!"...

Und @*******sima: die Gesellschaft meistert oder definiert rein gar nichts. Sie kümmert sich einen ganzen Sch… um solche Fragen oder Diskussionen. Die Leute wollen noch nicht einmal an ihren Tod denken, geschweige darüber zu reden, geschweige für diesen Fall irgendwelche Verfügungen zu treffen. Das ist leider die traurige Wahrheit. Und die Widerspruchslösung ist einfach die in meinen Augen logische Konsequenz aus dieser Nicht-Haltung.

PS: mein Cousin wartet seit 10 Jahren auf eine Spenderniere. Ich bin also befangen in dieser Frage...
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Eine gute und berechtigte Frage, @Tantrissima...
Wie könnte es denn Deiner Meinung nach aussehen, bzw. welche Prozesse müßten eingeleitet oder gewährleistet werden, um zu ermöglichen, dass diese Grundfragestellungen von der Gesellschaft gemeistert werden?
.
Nun- im Wesentlichen kann ich mich da smartkönigs Analyse/ Ausführungen anschließen.
Halten wir doch bei allem (offenbar so trendigen) GroKO-bashing fest: Es waren die derzeitigen Regierungsparteien, die eine unstreitig drängende Problemstellung in den sog. Willensbildungsprozess gebracht haben. Keine Freitagsdemo,keine YouTube-Orgie, einfach nur eine Initiative von Regierung zu Gesellschaft. Scheint aber irgendwie in den Hintergrund zu geraten...
Lösungsansätze (in dem von dir vielleicht angedachten Sinne) sollten sich vielleicht daran orientieren, dass sich (für eine pluralistische Gesellschaft unabdingbar) Prozesse der Willens-und Meinungsbildung wie zum Beispiel bei der Knochenmarkspende aufdrängen könnten: Da wird-ggf. auch über die sog. "sozialen Medien" regelmäßig Strukturen gebildet, sobald ein krebskrankes Kind eine Knochenmarkspende benötigt. Was dem Grunde nach die Bildung/Stärkung von Gemeinschaften (ob nun in Vereinen, Genossenschaften oder NGO´s) fördern sollte. Denn das zeigt- wie in der aktuellen Diskussion ja auch zutage kommt- das aktuelle Manko der heutigen Wohlstandsgesellschaft: Der Verlust von Gemeinschaft oder wie Schopenhauer sagen würde: Des esprit des corps...
Nur so eine Idee (unter vielen)...
*******ata Frau
28.049 Beiträge
es war einmal vor langer zeit:

ich habe eltern die hand gehalten,
deren sohn nach einem motorradunfall gehirntot war
und sie gefragt wurden,
ob sein herz als spenderorgan weitergegeben werden darf...
dieses leid - dieser schmerz sich in dieser situation zu entscheiden -
sind unerträglich!

und heute frage ich mich, ob es nicht leichter wäre, wenn es da eine regelung gibt,
wenn es zum erwachsen sein dazugehören würde,
sich für oder gegen organspende zu entscheiden (jederzeit widerrufbar)
(die krankenkassen senden ja mittlerweile info-material für die ab 16jährigen zu)



ich hab einen jungen mann von 24 jahren und seine familie begleitet,
der 1 jahr auf ein spenderherz gewartet hat...
trotz höchster prioritätsstufe -
dieses leben in der warteschleife -
nur noch vom bett in rolli und zurück - jede anstrengung könnte tödlich sein-
zwischen hoffen und bangen
dann ein spenderherz und er hat einen infekt
und es wird weitergegeben...
eine unglaubliche tortur
für ihn - für seine familie...
er starb bevor sich wieder ein passendes herz fand



ich trug seit ich 18 war einen organspenderausweis bei mir
mit dem zusatz, man möge mich bei der entnahme in narkose versetzen...
bis ich vor einigen jahren aus dem raster rausfiel

warum ein organspenderausweis?
ich fand den gedanken tröstlich,
im (nicht mehr umkehrbaren) sterbeprozess
(für mich hört das sterben nicht mit dem hirntot auf)
einem anderen damit zu helfen,
sein leben mit mehr qualität weiterzuführen.


ich denke, dass die wissenschaft daran arbeitet
einzelne organe zu klonen,
das würde sehr viele medizinischen neben-und nachwirkungen verringern....
und solange es einzelne organe oder gewebe sind, auch ethische akeptanz finden.
******nci Mann
445 Beiträge
@*******s65
Du argumentierst mit den Grundrechten, und schreibst, „der Gesetzgeber steht nur in der Verlegenheit, dass in Art.1/2 GG postulierte Recht des Empfängers auf Leben mit dem postmortalen Persönlichkeitsrecht des (Ver)Sterbenden abzuwägen.“

Ich übersetze das mal so; im Kern ist der Wert eines sterbenden Lebens gegenüber den Wert eines vom Tode bedrohten Lebens abzuwägen. Habe ich das so richtig interpretiert?
Aus der Formulierung „postmortalen Persönlichkeitsrecht“ leite ich ab, a) du gehts davon aus, das die Person tot ist und b) aus dieser Annahme leitest du ab, dass Persönlichkeitsrechte nicht mehr vorhanden sind oder aber zumindest weniger wert sind.

Wenn man so argumentiert, ließe sich dies, unter Außerachtlassung anderer Aspekte, mit dem GG in Einklang bringen. Nur die Person ist eben nicht tot, sie wird lediglich durch das Konstrukt „Hirntod“ einem Toten rechtlich gleichgesetzt. Wenn man dieses Konstrukt nicht heranziehen würde, wäre eine Organentnahme eindeutig illegal! Ergo: „Hirntod“ ist die Geschäftsgrundlage der Transplantationsmedizin.

Die Diagnose „Hirntod“ wurde eigens zur rechtlichen Legitimation der Organentnahme erfunden. Wackelt dieses Konstrukt, dann ist man eindeutig im strafrechtlich relevanten Bereich. Das es deutliche Kritik an diesem Konstrukt gibt, hatte ich bereits erwähnt.

Ferner ist es erforderlich, um überhaupt so argumentieren zu können, davon auszugehen, dass das Gehirn das einzige Organ im menschlichen Körper ist, welches einen Menschen zum Menschen macht. Bleibt die >messbare< Funktion für einen festgelegten Zeitraum aus, wird der durchaus noch funktionierende Körper, einer Maschine, einer Sache rechtlich gleichgesetzt. Da scheint man sehr genau zu wissen, was menschliches Leben ausmacht. Die Gleichsetzung von Hirntod mit Tod ist aus meiner Sicht nicht haltbar.

Ich plädiere dafür, lebende Menschen mit der Diagnose „hirntot“ im Zweifel wie andere kranke Menschen zu behandeln. Die exakte Grenze zwischen Leben und Tod kennen wir nicht!

Wenn sich ein informierter Mensch sich für die Organspende entscheidet, soll er das tun dürfen, aber eben nur freiwillig aus eigener Initiative heraus. Eine Zwang von staatlicher Seite aus, sich entscheiden zu müssen finde ich nicht akzeptabel und eine Widerspruchslösung schon gar nicht.
Zitat von *******ata:
ich habe eltern die hand gehalten,
deren sohn nach einem motorradunfall gehirntot war
und sie gefragt wurden,
ob sein herz als spenderorgan weitergegeben werden darf...
dieses leid - dieser schmerz sich in dieser situation zu entscheiden -
sind unerträglich!

Das Konstrukt Hirntod braucht man, um an sich noch lebendes Gewebe zu transplantieren, dem Gesamtorganismus aber schon irgendwie den Tod zu bescheinigen.

Nun stell dir die gleiche Situation vor: Sohn (gerade volljährig) hat Motorradunfall und ist Hirntod. Die Eltern sind da, können die situation kaum fassen. In ihnen bäumt sich alles dagegen auf ihren Sohn als tod anzuerkennen. Sie hoffen auf ein großes Wunder, so unwahrscheinlich oder unmöglich es auch sein mag. Sie bräuchten eigentlich noch Tage um sich dieser Realität zu stellen. Zu Spät- weil durch die Organentnahmen sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Wie groß mag dann das Leid (und auch die Wut sein)?


Ich sehe meine Hoffnung auch im Organklonen. Zu grauslich ist die Vorstellung, das wir daran drehen das Angebot an Organen an die Nachfrage nach Organen anzupassen. Vor noch nicht zu vielen Jahren gab es die Option der Transplantation doch gar nicht. Wie lange wird es dauern, bis wir meinen, das es für jede Nachfrage bitteschön auch ein Angebot geben muss? Warum muss die Nachfrage gestillt werden? Und welchen Preis sind wir bereit zu bezahlen, wenn wir diesen Konflikt auf Seiten des Angebotes versuchen zu lösen? Steigt der Bedarf, wie krumm werden dann die Bestimmungen , damit das Angebot an Organen da mithalten kann? Ist dann Scheintod nicht irgendwann auch schon irgendwie tot? Starten wir eine Entwicklung wo in 100 Jahren auch Komapatienten zur Entnahme freigegeben werden (die haben ja gute Ware in sich)?

Öffnen wir auf Dauer nicht die Büchse der Pandora? Oder rufen das Fegewerkzeug, auf das es uns hilft- welches sich dann aber doch entscheidet uns zu jagen?

Endet es dann nicht doch auch wie im Klimaschutz, wo wirtschaftliche Interessen als wichtiger erachtet werden als eine körperliche Unversehrtheit?
*******ata Frau
28.049 Beiträge
meine erfahrung:
solange der geliebte mensch am beatmungsgerät ist und sein herz schlägt,
ist es schwer, dieses abstrakte konstrukt (hirn-) tod (anzu)erkennen...
abschied und realisieren beginnt erst, wenn nichts mehr an leben erinnert-
insofern kann ich deinen gedanken dazu nicht mitgehen
Zitat von *******ata:
solange der geliebte mensch am beatmungsgerät ist und sein herz schlägt,
ist es schwer, dieses abstrakte konstrukt (hirn-) tod (anzu)erkennen...

Genau, und in diesem Zustand werden diesem geliebten Menschen die Organe entnommen. Meinst du nicht, das sorgt bei den Angehörigen genau in dieser Situation für Auflehnung?

Erst recht, wenn die Angehörigen 3 Wochen später in der Wohnung den Widerspruch finden?

Wir sind momentan überhaupt nicht auf eine Widerspruchslösung vorbereitet. Unvorbereitet in so eine Situation zu gehen, wird unheimlich Gegenwehr auslösen. Was in Europa übrigens schon passiert ist. Es gibt Staaten, wo nach Inkrafttreten der Widerspruchslösung weniger Spender sind als vorher. Gleiches vermute ich dann für Deutschland. Ein, zwei "Wussten wir gar nicht aus Datenschutzgründen, das es einen Widerspruch gab"-Skandale weiter und es wird sich so eine Widerspruchsfront bilden, das es dann weniger Spender als zuvor gibt. Danach probieren wir dann in Afrika die Widerspruchslösung?
*******ata Frau
28.049 Beiträge
wie du weiter oben liest,
bin ich für den organspenderausweis mit einverständnis
bzw. für die alternative der organe aus der retorte-

insofern weiß ich nicht, wie du dazukommst
mich als ansprechpartner für deinen diskussionswillen zur widerspruchslösung zu sehen
Auch wenn man sagt, dass man in Deutschland davon ausgehen kann, dass einer nur als Hirntod erklärt wird wenn es tatsächlich keine Hoffnung gibt, ist das Gefühl eventuell etwas falsches gemacht zu haben immer da.
Alleine schon aufgrund der Fälle wie ; Trenton McKinley oder der Dänin Carina oder der Brite Steven Thorpe, die einen berechtigt zweifeln lassen. Okay, ich habe jetzt gelesen, dass Hirntod nicht gleich Hirntod ist und das man in anderen Ländern u.U. den HIRNTOD auch anders definiert, aber es bleibt der Zweifel.

Dazu kommt natürlich auch der Aspekt von @*******enig , 1 mio + je nach Organ, das spielt Geld eine so große Rolle. Da fragt man sich, wo fließt der Erlös hin? die Erben profitieren davon meines Wissens nach nicht. Wer steckt es ein ???

LG chien
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