Almost heaven (Totensonntag)
Am gestrigen (Toten-)Sonntag wurde das Rätsel gelöst, was es für die Belebung der Innenstädte braucht: enttäuschte Erwartungen.
An kaum einem Sonntag im Jahr war hier in meiner Stadt soviel los wie an diesem Totensonntag, wo Hunderte in die Innenstadt strömten in der freudigen Erwartung von Glühwein und "langer Roter" auf dem nach zweijähriger Coronapause seit Freitag neu eröffneten Weihnachtsmarkt im Zentrum - und dann vor verschlossenen Buden standen, weil der Weihnachtsmarkt aufgrund des Totensonntags und entsprechender Verordnungen bezüglich öffentlicher Veranstaltungen ausnahmsweise geschlossen hatte.
Nun ist dann zwar auch sonst nicht viel zu tun in der Innenstadt (nur ein paar geöffnete Cafés machten den Umsatz des Jahres), doch erspart man sich so auch manch gruselige Erfahrung, die man sonst dort machen muss. Am Samstagabend etwa, als eine wilde Mischung aus Junggesellenabschied, Straßenmusikern und Passanten am Rathausplatz gemeinsam "Country Road" intonierten. Mangels Textkenntnis allerdings in einer fragwürdigen Remix-Version, die außer dem Refrain nur noch "Lalalas" und "Heyheyheys" beinhaltete und von ausgiebigem Hüpfen begleitet wurde.
Dagegen am gestrigen Sonntag: Familien improvisierten, überlegten sich ein spontanes Alternativprogramm, entdeckten plötzlich unbekannte Seitengassen, die mehrheitlich ebenfalls in der Innenstadt gelegenen Museen erfreuten sich eines unerwarteten Andrangs, statt im Freien an der Tasse Glühwein zu frieren, saß man im Café und schlürfte behaglich Kaffee und heiße Schokolade.
Almost heaven, dachte ich mir, und genoss die Totensonntagsruhe!