Ich verstehe absolut das Argument von
@******ell, dass ein wirtschaftlich denkender Arbeitgeber gegenüber einer Frau im gebärfähigen Alter einen gleichermaßen qualifizierten Mann bevorzugen müsste.
Ok... ich dachte eigentlich, mich hier gestern argumentativ ausreichend eingebracht zu haben, aber hier muss ich doch noch mal etwas sagen:
Wie KANN man als Frau so einen Standpunkt vertreten? Wirklich, das kann ich nicht begreifen.
Ja, eine Frau bekommt die Kinder. Und? Hat eine Frau sich das ausgesucht? Nein. Die Natur hat es so entschieden. Aber es ist doch an uns Menschen, in einer fairen und gleichberechtigten Arbeitswelt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die simple Tatsache, dass Frauen schwanger werden und Kinder kriegen und Männer eben nicht einer Frau nicht zu lebenslangem Nachteil gereichen.
Ich bitte euch! Wo ist es heute noch ein akzeptables Argument, eine in gleicher Weise qualifizierte Frau nicht einzustellen, nur weil sie mal schwanger werden könnte. Das ist derart offensichtliche Diskriminierung, dass es zum Himmel schreit.
Es gibt im Grund ganz einfache Wege, wie die Tatsache, dass der neue Mitarbeiter weiblich ist, für den Unternehmer nicht zum Nachteil werden muss:
1. Wir benötigen MEHR MÄNNER, die viel selbstverständlicher die Elternzeit mit ihren Frauen teilen. Damit die berufliche Benachteiligung BEIDE trifft und eben nicht zu 100% die Frau. Ein Kind bedeutet immer Einschränkungen und Kompromisse und es ist doch nicht akzeptabel, dass allein die Frau alle davon trägt. Beide wollen ein Kind. Beide wollen eine Familie. Es ist heute einfach ein Thema, das diskutiert gehört, dass der Mann wie selbstverständlich wenige Tage oder Wochen nach der Geburt wieder zur Tür hinausspaziert und lückenlos seinen Vollzeitjob wieder aufgreift, während Frauen, die ebenso hart und ebenso ehrgeizig an ihrer Ausbildung und an ihrem Karrierestart gearbeitet haben, wie selbstverständlich für Jahre beruflich ausgeschaltet zu Hause sitzen.
An dieser Stelle der Einwurf: wer das als Frau gern MÖCHTE, soll es gern tun. Darum geht es hier nicht. Es geht darum, dass es im Kern der Sache eine unfaire Situation ist und dass eben NICHT alle Frauen gern auf ihre berufliche Karriere verzichten, während es für Männer nach wie vor gar keine Frage zu sein scheint, ob und wie sie weiterhin voll arbeiten. Und diese klare Ungleichheit ließe sich dadurch beseitigen, dass Männer die Hälfte der Elternzeit nehmen. Das hat für sie auch die klaren Vorteile, dass sie eine ganz andere, viel engere Beziehung zu ihrem Kind aufbauen und dass sie selbstständig und kompetent im Haushalt arbeiten können und nicht immer die hilflose "Kann ich dir irgendwie helfen, Schatz? Aber wie die Waschmaschine funktioniert, weiß ich leider nicht und wo du die Pfannen aufbewahrst auch nicht..."-Position einnehmen müssen. Ein Mann, der ein Jahr oder mehr mit seinem Baby verbracht hat, ist ein kompetenter Vater, ein kompetenter Haushaltsmanager und JEDE zukünftige Diskussion mit ihm über Dinge, die in der Familie geregelt werden müssen, wird einen ganz anderen, faireren Charakter haben, einfach weil der Mann erfahren hat, wie es ist, für Haushalt und Kind verantwortlich zu sein, anstatt immer nur abends hereingerauscht zu kommen und das bettfertige Baby zehn Minuten auf den Knien zu schaukeln, bevor es schlafen geht.
2. Wir brauchen eine viel bessere Kinderbetreuungssituation in Deutschland. Flächendeckender, kompetenter und bezahlbarer. In dieser Hinsicht liegt so unglaublich viel im argen, dass einem spontan die Tränen kommen könnten. Das ist ein Politikum, das längst nicht genug Aufmerksamkeit findet. Andere Länder machen es seit Jahren viel besser vor. Eine Mutter, die ihr Kind gut betreut weiß, kann sich zu 100% in ihren Job einbringen.
Dazu wiederum die Anmerkung, dass in diesem Punkt in unserem Land auch an der sozialen Stigmatisierung von Frauen gearbeitet werden muss, die ihre Kinder früh betreuen lassen. In vielen anderen europäischen Ländern gehört dies längst selbstverständlich zum Alltag von Frauen und Kindern dazu. In Deutschland wird man von der Brigade der selbstgerechten Mütter nach wie vor fies von der Seite angezischt und mit Vokabeln wie "Egoistin" und "Rabenmutter" bedacht. Merkt ihr was? KEIN Mann, der arbeiten geht, ist je als Egoist bezeichnet worden. KEIN Mann, der sein Kind nicht selbst beaufsichtigt, ist je als schlechter Vater betitelt worden. Warum? Weil in unseren Köpfen immer noch 1950 ist. Weil für uns ein "guter Vater" ist, wer raus geht und Geld verdient. Weil für uns eine "gute Mutter" ist, wer sein eigenes Leben völlig aufgibt und ab sofort nur noch das Baby umsorgt. Ohne Eigenständigkeit, in völliger Abhängigkeit vom Mann. Wer sich selbst bewusst so entscheidet, so zu leben, kann das gern tun. (Ich denke mir dann einfach still meinen Teil dazu) Aber es ist faktisch eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die so heute einfach nicht mehr sein muss. Und wir müssen 1950 endlich mal aus unseren Köpfen kriegen. Und es steht uns verflucht noch mal nicht zu, Frauen unter sozialen Druck zu setzen oder sie anzufeinden, weil sie nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten gehen wollen.
Ich fasse zusammen: selbstverständlich ist es ein Akt der klaren Diskriminierung, bei gleicher Qualifikation und Eignung für eine Position den männlichen Kandidaten vorzuziehen und jeder Arbeitgeber, der das heute noch tut, gehört zurecht angeprangert. Denn es ist selbstverständlich möglich, dass eine Frau ebenso leistungsfähig ist und bleibt in ihrem Job, Kind oder kein Kind. Was dazu nötig ist, ist lediglich ein klein wenig Umdenken und eine fairere Aufteilung der Verantwortungen und Aufgaben rund um das Großziehen eines Kindes. Beide Eltern nehmen Elternzeit, beide Eltern nehmen Krankheitstage, wenn das Kind zu Hause gepflegt werden muss. Beide Eltern sind gleichermaßen verantwortlich für das Führen des Haushalts. Und die Gesellschaft hört endlich damit auf, Frauen zu stigmatisieren, die auf diese faireren Bedingungen pochen.