BDSM und Berlin - ein Erfahrungsbericht
Vom 02.10.22 bis 15.11.22 war ich in Berlin. Gewohnt habe ich im Bezirk Neukölln.Neben einer Onlinefobi habe ich mich überwiegend mit Stadt und Umland anschauen, Hundegassi, Fotoshootings und erkunden der Club/ BDSM Szene in Berlin beschäftigt
Zu letzterem möchte ich hier gerne etwas ausführlicher berichten.
Ich gehe gerne in Clubs und kenne die BDSM Szene im Bereich Rhein/ Main/ Neckar bis hin nach Karlsruhe wohl recht gut, bzw. habe da viel besucht.
München war ich auch mal eine Weile unterwegs, überwiegend im Kitty. Sonst mal noch in Clubs in Wien und NRW.
Bereich Saarbrücken gibt es ja leider wenig. Bin es gewohnt, weiter reisen zu müssen
So dachte ich Berlin, wow, da muss es ja unendlich viel geben in der so großen, bunten Stadt…
Was BDSM angeht, war es letztendlich aber doch etwas ernüchternd.
Als erstes bin ich auf einen Stammtisch (Munch von BDSM Berlin e. V.) und habe mich da bei den sympathischen Teilnehmern durchgefragt. Und wie mehrfach später, wurde mit vom Club Darkside berichtet, der ja leider mittlerweile geschlossen hat - da sei es wohl sehr gut gewesen.
Am ersten Samstag bin ich zur „Sodom und Gomorrah“ in den Quälgeist.
Quälgeist ist ein überwiegend schwuler Verein, zu einigen Veranstaltungen sind auch Heteros zugelassen. Interessantes Konzept mit Bar und Spieleräumen, getragen und organisiert durch die Vereinsmitglieder. Sehr moderarte Preise. Regelmäßig werden Workshops angeboten.
Mit Tanzen ist da nix. Menschen sehr freundlich, Spieleräume sauber - mir persönlich jedoch etwas ungemütlich und zu pragmatisch eingerichtet.
Zwei Wochen später war ich noch auf einem „Breathplay“ Workshop im Quälgeist. Das war sehr gut gemacht, inhaltlich hochwertig wie ich fand. Teilnahme kostenlos- Spenden willkommen.
Im Insomia war ich 3x
Zweimal zu einer Tanzparty (Kinktastisch und Angel in Bondage). Einmal zu einer Playparty im Basement (Hillys Playground)
Wie wohl die meisten Clubs in Berlin ist das Insomia sehr bunt und queer. Im Vergleich zu anderen Clubs, zb. dem Kitkat, würde ich es als etwas ruhiger, weniger „verdrogt“ mit höherem Durchschnitssalter beschreiben. Wobei das hängt sicher auch sehr von den jeweiligen Partys ab. Insgesamt auch deutlich kleiner als zb. das Kitkat.
BDSM mäßig gibt’s im Basement (Keller) ein paar Spielgeräte.
Im oberen Bereich gibt es Swinger Bereich, Tanzfläche, Bar, Raucherraum. Im Bereich der Toiletten noch ein Whirpool, Dusche und einen Gymstuhl.
Kitkat war ich einmal.
Krasser Laden… Kinky Wonderland würde auch als Name passen.
Sehr groß, verwinkelt über mehrere Etagen. Sehr bunt, verspielt, viel Haut zu sehen. Und alle am Feiern, als ob es kein Morgen mehr gebe.
BDSM mäßig gab es im Grunde wenig, im Basement erinnere ich mich an ein paar Käfige und Möbel.
Generell ging es im Kitkat (immer aus meiner Wahrnehmung heraus) mehr um ein Kinky/ Hedonistisches miteinander. Und sehr hoher Drogenkonsum. Viel internationales Publikum. Tanz und Erotik sehr im Vordergrund. Und sehen und gesehen werden natürlich.
In der Renate war ich auch einmal – auch ein buntes „Wonderland“ an schrillen, exzentrisch, erotisch gekleideten Menschen die krass am feiern waren.
Location: die ersten Etagen eines großen Wohnhauses mit Innenhof. Im Sommer sicher sehr hübsch da draußen zu sein und feiern.
Zwischendurch war ich noch auf dem internationalen Stammtisch (Munch).
Da waren sehr viele sympathische Menschen, sehr international und es wurde fast ausschließlich englisch gesprochen.
Und ein Laden will ich noch besonders erwähnen:
Club Culture Houze, Trans und Friends war das Thema des Abends.
Auch wenn sehr wenig los war, es war ein wirklich schöner Abend und bdsm mäßig wohl der authentischste Clubabend der ganzen Zeit. Danke Micha
„BDSM Lounge“ habe ich nur als Mietlocation erlebt.
Der Laden der dazu gehört, da war ich gerne und öfter. Sehr nette Menschen
Im „Versteck“ als Mietlocation war ich auch einmal.
Sin und BDSM Loft (reine Mietlocation) habe ich zeitlich nicht mehr geschafft.
Im Sin gibt es wohl etwa 2x Monat Veranstaltungen, sonst reine Mietlocation (über Nacht)
Und viel mehr scheint es auch nicht wirklich zu geben.
Holzmarkt (IKSK) für Bondagefans vlt. noch zu nennen.
Die Anmeldungen bei Joy sind übrigens im Hinblick auf wirkliche Teilnehmer vor Ort in Berlin sehr zu vernachlässigen.
Im Gegensatz zu mittlerweile vielen Clubs im Rhein/ Mai Gebiet gibt es in Berlin nach wie vor viel „Laufkundschaft“. Und viele Veranstaltungen finden sich gar nicht bei Joy.
Fetlife ist für BDSM Veranstaltungen und Szene Berlin recht gut geeignet.
Was mir besonders aufgefallen ist:
• Ein krass hoher Drogenkonsum – vor allem Amphetamine „zum feiern“. Ich würde schätzen, dass im Kitkat etwa 70 bis 80 % der Leute drauf waren. Kein Wunder also, dass die bis 18 Uhr am Sonntagabend durchfeiern und die Stimmung generell auf einem abgehobenen „Partylevel“ ist.
Fixer und Spitzen in den Parks beim Hundegassi. Gekifft wurde fast überall.
In Clubs und auch einigen Kneipen war es teilweise schwer aufs WC zu kommen, weil ständig von konsumierenden Leuten blockiert.
Selbst beim Breathplay Workshop fiel auffällig häufig „Poppers“ und es ging u.a. auch darum, wie das durch Kopfmasken eingeleitet werden kann, bzw. wie es zusätzlich kickt.
Ach ja, normal geraucht wurde in vielen Clubs und Kneipen auch.
• Publikum viel mehr queer als ich da sonst so kenne. Fand ich schön und frage mich, wo sind die ganzen „Queerpeople“ in Clubs wie Grande Opera oder dem Fetischhaus?
• High Heels habe ich nur selten an Frauen gesehen. Stattdessen sehr häufig dicke Boots und auch Turnschuhe. Im Hinblick auf bauliche Gegebenheiten in vielen Clubs und eben dem extremen Feiern kann ich das gut nachvollziehen.
• Die Situation an der Tür… Ja, das scheint so ne Sache in Berlin zu sein. Und so habe ich es gar nicht erst im Berghain versucht, da ich nicht bereit bin, mich länger als 30 min anzustellen.
Interviewartige Befragungen und Aufklärungen wie man sich in solchen Läden zu verhalten habe, kamen öfter vor.
Im Insomia war von den größeren Clubs die Tür am einfachsten/ lockersten.
• Entertainment für Gäste durch eingekaufte Gigs war oft zu sehen. Bondageshows, Tanzeinlagen, etc.
• Generell sehr international. Dies wird verstärkt durch viele Menschen, die nur für ein paar Tage zum Feiern nach Berlin reisen. Sprachkenntnisse von Vorteil
Auffällig viele Menschen auf Tel Aviv getroffen – da scheint es größere BDSM Szene zu geben.
• Elektromusik hat mir mea gefallen, besonders im Kitkat. Wer hier Empfehlungen für mich hat, bitte melden
Zu Musik insgesamt: Alle Clubs sehr elektrolastig
• BDSM mäßig:
Gefühlt waren 90% der getroffenen Menschen Switcher und sie hatten überwiegend auch mehrere Spielpartner „einer meiner Subs“, „einer meiner Tops“.
Auch ungewöhnlich viele Menschen mit Petplay Fetisch habe ich getroffen.
Eher klassische Rollenverhältnisse, insbesondere im „O Style“, habe ich kaum auf Veranstaltungen wahrgenommen. Es kam mir alles mehr bunt, durcheinander und überwiegend spielerisch vor.
Wenn ich mir selbst etwas anders und bunt vorkomme – in Berlin war ich dann doch sehr normal, so im Vergleich.
Mir war vieles etwas bis deutlich zu drüber.
Besonders der hohe Drogenkonsum ist einfach nicht meine Welt – auch wenn ich gerne feiere.
Und BSM mäßig bevorzuge ich es ernster, echter, tiefer – weniger Hedonismus und Sex Kink. Und der Rausch sollte primär durch Hormone ausgelöst sein
In Einzelkontakten (außerhalb der Partyszene) habe ich herzlich, sympathische Menschen getroffen, die mit mir auf Wellenlänge lagen, auch in der Sicht auf BDSM.
Eine sehr spannende, ereignisreiche Zeit, die ich nicht missen möchte. Und gerne fahre ich auch wieder für eine Weile nach Berlin – allerdings eben zeitlich befristet.
Achja, die Klamotten- und „Spielsachen“läden habe ich auch fast alle besucht
Mir hat am besten gefallen:
• Mc Hurt (deutlich mehr Auswahl als Onlineshop, gutes Preis Leistungsverhältnis)
• Peitschenhandel (viel Auswahl und günstig im Vergleich, sehr nette Mitarbeiter)
• The Code (sehr ausgefallene, spannende Sachen - allerdings auch entsprechend teuer) – dadurch bin ich auf Miss Overdose aufmerksam geworden und habe in ihrem Onlineshop bestellt.
• Sven Appelt Rubber (moderate Preise für Latex, Maßanfertigung)
Und als letztes:
Wenn zwei oder mehr Menschen sich zum BDSM (oder auch "nur" Sex) miteinander außerhalb der eigenen Wohnung treffen wollen, erschienen mir die Möglichkeiten in der einer so großen Stadt wie Berlin auch sehr begrenzt.
5 bis 6 BDSM Mietlocations – wenige stundenweise, die meisten nur über Nacht.
Ein Stundenhotel (aus meiner Sicht sehr unschön) konnte ich ergooglen.
Pornokinos mit Entertainment Bereich (also incl. Spielräume) wie z.B. im Planet X = Fehlanzeige.
Und klar, alles hier nur eine individuelle Beschreibung meiner Erlebnisse und Eindrücke