Innenansicht eines Sklaven
Meine Herrin und ich wohnen getrennt. Zweimal pro Woche darf ich um Punkt 22:00h eine Abendmeditation mit meiner Herrin absolvieren, in einer bestimmten demütigen Position rezitiere ist ein Mantra. Die Position wird von der Herrin vorgegeben, wenn sie nichts vorgibt, gelten je nach Wochentag Standardpositionen, die wir in unseren „Regeln und Ritualen“ festgehalten haben.Es ist Dienstagabend, ich habe die Zeit ziemlich ausgereizt und muss mich beeilen, rechtzeitig bereit für die Abendmeditation zu sein: bettfertig, nackt, mit Halsband, Arm- und Fußmanschetten. Dienstag ist immer die Position „At your Service“ dran, stehend, Beine geschlossen, die Hände vor dem Bauch. 21:59h. Gerade noch rechtzeitig fertig geworden. Abgehetzt stelle ich mich in Position, schicke meine Textnachricht ab: „Geliebte Herrin, ich beginne jetzt mit meiner Abendmeditation“. Dann sehe ich in die Kamera, in der sie immer meine Meditation überwacht, und beginne das Mantra zu rezitieren.
Minute drei. Pling-plong. Eine Textnachricht kommt zurück. „Wir fangen nochmal von vorne an.“ Und ein Screenshot unserer Regeln, der entscheidende Satz rot angestrichen. Hier steht: Dienstags „Humble“. Verflixt. Wir hatten es vorletzte Woche geändert. Das hatte ich völlig vergessen. Ich wechsele sofort in die Position „Humble“: kniend, Arsch hoch, Stirn auf dem Boden, Arme nach vorne ausgestreckt. Ich starte den Timer neu. Mist, blöder Fehler.
Aber trotz des Wissens, daß es mein Fehler war, daß meine Herrin Recht hat, ziehen meine Gefühle noch nicht nach: in mir kocht Empörung hoch. Wir hatten es doch immer anders gemacht! Das Gefühl der Empörung weicht nicht so schnell. Frustration ist dabei, das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen, vielleicht aus Angst vor Strafe. Ihre Strafen können empfindlich sein, sie verhängt sie aber nur sehr selten. Nur: ob ich bestraft werde liegt ausserhalb meiner Kontrolle. Vielleicht ist das das das Entscheidende, was mich gerade so triggert: Kontrollverlust. Hilflosigkeit. Fremdbestimmt. Dabei ist das doch genau das, was ich oft suche.
Die Abendmeditation hilft mir. Mein Mantra lautet:
La_Madame ist meine Herrin
ich bin ihr Eigentum
ihr Wunsch ist mir Befehl
ihr Befehl ist mir heilig
Zusammen mit der demütigen Haltung hilft das Mantra mir, loszulassen. Ich atme tief durch. Ich öffne mich dem Gefühl der Hingabe, des Loslassens. Ihr Wille. Ich suche und finde eine unglaubliche Zufriedenheit, ein unendliches Glücksgefühl darin, meinen Willen für den ihren aufzugeben. Loslassen.
Am Ende der Meditation bin ich stolz, wie es mir gelungen ist , meine negativen Gefühle, meinen Trotz zu überwinden. Ich beende das Ritual und schreibe meiner Herrin eine Textnachricht, in der ich ihr danke. Ich spüre tiefe Dankbarkeit und Glück.
Pling-plong. Es kommt eine Textnachricht zurück: „Eigentlich hätte ich jetzt eine Entschuldigung erwartet.“
In einem Film hätte man eben noch Violinmusik gehört und jetzt das Kratzen der Nadel über die Schallplatte.
Perspektivwechsel: woher soll meine Herrin wissen, welche hehren Gefühle ich gerade kultiviere? Ihr Sklave ist wieder mal schusselig und kann sich keine Woche merken, dass wir eine andere Position festgelegt haben. Und es ist seine Aufgabe, auf die richtige Position zu achten.
Trotz dieser selbstironischen Distanz falle ich in ein Loch, ein kleines. Meine Selbsterkenntnis ist mir wichtig, ich habe das Gefühl, etwas Wichtiges gelernt zu haben. Etwas, das über diesen albernen (ja, ich klopfe mir bei diesem Wort selbst auf die Finger) Fehler hinausgeht. Ich bitte meine Herrin um ein Telefonat.
In dem Gespräch überbrückt meine Herrin die Kluft zwischen unseren Standpunkten mit Humor. Schließlich gelingt es mir, ihr halbwegs zu erklären, was in mir vorgeht. Es fällt ihr schwer, meine Gefühle zu verstehen, angesichts einer solchen Selbstverständlichkeit. Empörung? Ihr Humor ist liebevoll und ein ganz kleines bisschen beissend. Wie eine Hundemutter, die Ihre Welpen mit einem zärtlichen Biss zurechtweist.
Ich will ja nicht beharren, Recht behalten. Ganz klar, ich habe Unrecht. Es geht mir darum, zu teilen, was ich empfunden habe, und daß ich das Gefühl habe, wieder etwas Wesentliches gelernt zu haben. Auch wenn es selbstverständlich ist. Ich habe gelernt, Ihren Willen bewusst anzunehmen, auch wenn es emotional schwierig für mich ist, aus welchen unsinnigen Gründen auch immer. Ich bin so dankbar, daß sie es versteht.
Ich habe wahnsinniges Glück, eine Herrin gefunden zu haben, die mir solche „Ausrutscher“ verzeiht, und das Gute sieht, das daraus erwächst. Und die genug Selbstbewusstsein, Selbstreflexion, Wertschätzung und Humor besitzt, um mit solchen Situationen völlig souverän umzugehen. Mich liebevoll auf die richtige Spur zu setzen, mit genau dem richtigen Maß an Schärfe, Wärme und Ironie. Wieder etwas, wofür ich Sie unendlich liebe, meine großartige Herrin.
(Ein reales Erlebnis mit meiner wundervollen Herrin @******ame)