Den Teil, den ich lebe, würde ich mittlerweile nicht mehr als "BDSM" bezeichnen, weil ich für mich die Unterscheidung treffe, dass BDSM etwas ist, was ich zur Lustgewinnung und Befriedigung (nicht nur sexueller Natur) tue.
Wenn ich aber im Alltag meiner Herrin dienlich bin, ihr Kaffee koche oder ihr die Wahl überlasse, was wir tun oder wo wir hingehen oder ihr helfe oder auf ihren Wunsch vor ihr Knie und so weiter, dann gibt mir das zwar gute Gefühle (logisch, sonst würde ich es nicht tun), aber diese guten Gefühle kommen daher, dass ich in dem Moment so sein darf, wie ich möchte. Das sind die gleichen guten Gefühle, die ich habe wenn ich zum Beispiel malen darf wenn ich malen möchte, laufen darf, wenn ich laufen möchte und so weiter. Dieses gute Gefühl von "ich bin ich und werde dafür gemocht und geschätzt". Es entspricht meinem Wesen, dienlich, devot, submissiv und nützlich zu sein. Das kann ich nicht abstellen oder ändern, höchstens zeitweise nicht zeigen.
BDSM auf der anderen Seite, das ist für mich dann die durch meine Persönlichkeit beeinflusste Sexualität, die daraus resultiert. Wobei die Befriedigung, die ich durch Sessions oder bestimmte Handlungen und Gedanken erfahre, nicht immer sexueller Natur ist, sondern oft auf einer ganz anderen Ebene stattfindet. Deshalb ist das Wort Sexualität nicht ganz passend. Ich habe aber kein anderes Wort. Nicht (nur) der Körper schwingt, sondern auch die Seele sozusagen.
Da geht es dann um das, was im Alltag schon mein Charakter ist nur um ein Vielfaches potenziert. Da wird eine extremere, tiefere Version meiner Alltagswünsche angesprochen und bedient. Nicht nur dienlich und nützlich sein, sondern nur aus einem Nutzen und sonst nichts bestehen wie ein Gerät; nicht nur dem Anderen die alltäglichen Entscheidungen überlassen, wenn derjenige es will, sondern demjenigen alle Entscheidungen, auch über das eigene Überleben überlassen; nicht nur leichte Unannehmlichkeiten hinnehmen und ertragen, sondern alles ertragen, was derjenige möchte und so weiter. Um Zu-Fall-gebracht-Werden und aufgefangen werden. Und so weiter.
Es geht da aber auch einfach ums Berühren und berührt werden. Darum, dass meine Seele gespielt wird wie ein buntes Instrument oder, wie meine Herrin sagt, wie ein Orchester bei dem sie die Dirigentin ist.
Alltag, das ist wie Probe und wie Üben zuhause. Eine Session ist wie ein Auftritt des Orchesters.
Man kann nicht ständig auftreten. Das ist viel zu anstrengend, so schön und erfüllend es ist. Aber Musiker ist man ja immer im Herzen, auch wenn man gerade nicht auf der Bühne steht sondern sein Auto putzt oder sein Meerschweinchen füttert.
Ob man das vergleichen kann, weiß ich nicht, aber es würde mich interessieren:
Vielleicht sind diejenigen, die ihr BDSM nicht so im Charakter haben, wie ich das beschrieben habe, sondern einfach Lust auf tolle Sessions und gutes BDSM haben, so wie Konzertbesucher. Die lieben auch Musik und haben, wenn sie da sind eine mega geile Zeit und finden das erfüllend und super und sehr befriedigend. Genauso befriedigend wie die Musiker, obwohl es ganz anders ist. Aber nach dem Konzert gehen sie nach Hause, erinnern sich mit Freude an das Konzert, aber denken ansonsten nicht viel an Musik, lassen höchstens mal das Radio laufen, beschäftigen sich aber mit ganz anderen Dingen wie zum Beispiel Motorrad fahren oder Karate oder Kochen. Was eben auch Befriedigung und Freude bringt.