Die Ehrenrettung des Begriffs „Spielen“
Immer wieder lese und höre ich, dass man im SM nicht „spielt“, sondern dass es je nach Einstellung eine Art zu leben oder der Persönlichkeitsstruktur sei. Es gibt sicherlich noch viele andere Bezeichnungen, für das, was der Einzelne im SM erlebt. Auch ich hab immer wieder geschluckt, wenn ich vom „Spielen“ gesprochen habe, es war mir irgendwie seltsam.
Ich möchte auf keinen Fall irgendjemandem seine ganz persönliche Art des SM schlecht reden, sondern ich habe mich mit dem Begriff des „Spielens“ im erotischen Kontext befasst und möchte das hier gerne wiedergeben.
Vielleicht ist es ja für den einen oder anderen ein Denkanstoß.
Vielleicht habt ihr ja auch Lust, mit mir darüber zu diskutieren.
Ich habe einige Philosophen zu Rate gezogen, insbesondere habe ich mich mit dem Buch „Homo Ludens“ von Johan Huizinga beschäftigt. (Das war übrigens eine der Aufgaben, die mir mein Herr, als er noch nicht mein Herr war, gegeben hatte…..)
Laut Huizinga und anderen ist das Spiel die grundlegende Substanz und die formende Kraft einer jeden Kultur.
Auffällig und bezeichnend hierfür ist die häufige Verwendung des Wortes Spielen in verschiedenen Sprachen. Z. B. wird in Holland ein uneheliches Kind „Spielkind“ genannt. Im Sanskrit bezeichnet das Wort kridaratnam den Beischlaf als „Juwel der Spiele“, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Interessant finde ich auch die These des Anthropologen Buytendijk, der das Liebesspiel als das vollendetste aller Spiele benennt:
„Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‘Andersseins‘ als das ‘gewöhnliche Leben‘ “ (Zitat Buyitendijk, Wesen und Sinn des Spiels, Berlin, 1934).
Huizinga möchte im Übrigen dringend den biologischen Paarungsakt vom Liebesspiel unterscheiden. Seiner Ansicht nach kann man auf diesen weder die formalen noch die funktionellen Kennzeichen des Spiels anwenden. Der Weg zur Paarung sei zwar mit Spielelementen versehen: „Flirt, Liebeswerbung mit den Faktoren Überraschung und ‘sich zieren‘, und natürlich auch mit gewissen Spannungselementen“. Aber nach seinem Dafürhalten kann dies nicht als zum „richtigen“ Spiel dazugehörig empfunden werden.
Seine Schlussfolgerung: Aus der Sprache ist ein ganz deutlicher Unterschied zwischen Paarung und Liebesspiel zu erkennen.
Und jetzt kommt für mich eigentlich der Knaller, der Bezug zum SM:
Huizinga stellt die These auf, dass das Wort „Spielen“ im Besonderen auf erotische Beziehungen angewendet wird, die sich außerhalb der sozialen Normen bewegen. (Bei den indianischen Blackfoot ist beispielsweise das Wort „koani“ nicht nur die Bezeichnung für Kinderspiele, sondern auch für unerlaubte Liebeshandlungen).
Und bewegen wir SM-er uns nicht irgendwie außerhalb von sozialen Normen, wenn es um unseren Sex geht?
Und ja, ich schreibe SM, meine aber sämtliche Facetten dieser sexuellen Präferenz.
Herzlichst, mOna