Gedanken
Ich bin noch ganz nachdenklich und berührt..
Habt Ihr es auch schon einmal erlebt, daß Ihr einen Plan X für ein bestimmtes Ereignis hattet, in Euren Gedanken und Gesprächen immer gesagt habt, wenn das ist, dann würde ich gerne das und das tun, dann sollte es soundso sein, und, und, und..? Genau das ist mir passiert, und das macht mich so nachdenklich, durcheinander, berührt mich. Alles im positiven Sinne.
Vor eineinhalb Monaten kam mein Vater mit einem schweren Herzinfarkt und Lungenentzündung ins Krankenhaus. Es war schnell klar, daß es das Ende sein wird. Zwei Wochen hat er noch leiden müssen, bevor er die Augen für immer schloß. Zwei Wochen, in denen wir Abschied voneinander nehmen konnten. Zwei Wochen, in denen mein Vater und ich noch intensive Gespräche über das Leben und Sterben geführt haben, in denen wir gelacht und geweint haben, in denen ich ihm immer wieder versichern könnte, daß es für uns alle, aber besonders auch für mich vollkommen in Ordnung ist, wenn er nun auf seine letzte große Reise gehen wird.
Warum ich das so besonders hervorhebe? Ich war seine Lieblingstochter, und wir zwei hatten von klein auf eine ganz besondere Verbindung zueinander. Mit meinen Worten habe ich versucht ihm das Sterben zu erleichtern.
Dann endlich kam der für alle erlösende Augenblick. Mein Vater schloß die Augen für immer und schlief friedlich im (Kranken)Bett ein.
Bis dahin hatten sich schon einige Dinge erfüllt, die mein Vater und ich in unseren schon seit Jahren immer wiederkehrenden Gesprächen über das Sterben und den Tod geführt haben. Er wollte nie in ein Altersheim, geschweige denn ein Pflegefall werden. Er konnte bis zuletzt ein selbstbestimmtes Leben in seiner eigenen Wohnung führen, nur unterstützt von kleinen Dienstleistungen. Er wollte nicht qualvoll sterben, nicht durch Gerätemedizin am Leben erhalten werden und er wollte immer im Schlaf sterben. Alles das hat sich für ihn erfüllt, worüber ich sehr glücklich und dankbar bin. Was mir seinem Tod und seinem Sterben etwas Schönes und Erleichterndes gibt.
Nach dem Tod kommt die Beerdigung. Natürlich haben wir in unseren unzähligen Gesprächen über den Tod und das Sterben auch immer wieder ausführlich über die Beerdigung gesprochen. So haben wir über die Gestaltung der Trauerfeier geredet, welche Lieder gespielt werden sollen, und auch über das Wetter, etwas was man ja nun gar nicht planen kann. Sein Wunsch: ein richtig schöner Sommertag, mit Sonnenschein und blauem Himmel. Und die Vögel sollen singen.
Gestern nun war die Beerdigung. Die Trauerfeier lief genau so ab, wie mein Vater es sich vorgestellt hat. Dann kam die Beerdigung. Der Trauerzug folgte der Urne bei strahlend blauem Himmel. Die Sonne lachte freundlich auf uns nieder, ein leichter Wind trocknete die Tränen. Am Grab wurden ein paar Worte gesprochen, das Vater unser gebetet und dann die Erde ins Grab geworfen. Und genau hier erfüllte sich Papas letzter Wunsch. Im Gebüsch in der Nähe des Grabes begann ein Vogel zu singen.
Für mich ist diese ganze Geschichte so unglaublich. Alle Wünsche und Gedanken haben sich für meinen Vater erfüllt. Und selbst die Natur hat ihm seine Wünsche erfüllt. Ich bin zwar unendlich traurig über seinen Tod, aber doch auch glücklich, erleichtert und froh, daß er nicht mehr länger hat leiden müssen und noch über seinen Tod hinaus sich seine Wünsche erfüllt haben.