Guten Abend zusammen.
Vorab möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich Kontrolle, Überwachung und so manch andere BDSM-Blüte in keiner Weise verurteile. Wenn zwei Menschen Mittel und Wege für sich gefunden haben, glücklich und zufrieden miteinander so zu leben, wie sie leben, begrüße ich das sehr und finde das großartig.
Was mich angeht, muss ich gestehen, dass ich innerhalb einer D/s-Beziehung ein echtes Problem damit hätte, Devotion und Kontrolle auch nur spielerisch in Einklang zu bringen. Kontrolle, im Sinne von Subs Befinden und Fortschritte zu beurteilen, empfinde ich als wichtig. Kontrolle, im Sinne von Überwachung, empfinde ich als unangebracht. Warum sollte ich meine Sub kontrollieren wollen, wenn doch ihr höchstes Glück von Natur aus darin besteht, im Sinne meiner verantwortungsvollen Herrschaft und im Rahmen ihrer Tabus aus eigenem, freiem Willen mir eh alles geben und somit in bestmöglicher Weise dienen und gefallen zu wollen? Warum sollte ich Subs Hingabe, Unterwürfigkeit, Wahrhaftigkeit, ureigenes Bedürfnis und vollkommenes Vertrauen überwachen? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!
Ich persönlich brauche im D/s-Kontext keine Kontrolle und Überwachung. Ich brauche Vertrauen! Vertrauen in uns selbst und gegenseitiges Vertrauen. Eine von mir klar, deutlich und mit gesundem Menschenverstand gegenüber meiner Sub zum Ausdruck gebrachte Anweisung wird - solange ich dadurch ihrem Geist und Körper keinen Schaden zufüge - von ihr ausgeführt. Meine Sub wäre "brav", GARANTIERT! Das nenne ich Vertrauen und intrinsische Devotion. Alles andere würde im höchsten Maße ihrem natürlichen Wesen widersprechen und wäre das Papier nicht wert, auf dem steht: Ich bin eine Sub!
Wie gesagt, Subs Weiterentwicklung (wohlwollend) kontrollierend zu begleiten, ist für mich eine gute Sache. Meine Sub darüber hinaus - vielleicht sogar permanent in Gänze - kontrollieren zu wollen, keine gute Sache. Kontrolle und Überwachung steht auch für Perfektionismus, vorhersehen und alles im Griff haben zu wollen. Kluge Führung delegiert nicht nur Aufgaben, sondern auch Verantwortung. Sub bekam von mir unmissverständlich eine Aufgabe gestellt, alles Weitere wäre Sache von Subs Eigenverantwortung. Dominanz und Herrschaft haben nichts mit Perfektion zu tun, aber sehr viel mit Verantwortung, finde ich. Verantwortung, mit dem Ziel, Subs Eigenverantwortung zu wertschätzen, respektieren und ihr somit zu signalisieren, dass sie sich nicht aus Jux und Dollerei Mühe gibt. Meine Sub also nicht kontrollieren und überwachen, sondern "mitnehmen".
Macht, also auch Kontrolle und Überwachung, verleitet nicht selten zu geringschätzenden Handlungen und ehe man sich versieht, manipuliert man sich als Top selbst. Mit anderen Worten: Macht kann korrumpieren! Seien wir doch ehrlich, bei einem gelegentlichen Blick z. B. auf/in Subs Smartphone, Computer, Handtasche, Terminkalender, Aufenthaltsort etc. würde es - besonders für schwache und zwanghafte Zeitgenossen - über kurz oder lang nicht bleiben. Die Verlockung ist einfach zu groß, seine Sub/Sklavin nicht nur 24/7 zu führen, sondern auch 24/7 zu kontrollieren. Trägt Sub irgendwann einen implantierten GPS-Tracker? Benötigt Machtanspruch wirklich Überwachungskameras? Wo endet gesunde Kontrolle? Wo beginnt ungesunder, von Furcht gelenkter Kontrollwahn?
Ganz ehrlich, allein der Gedanke an diese Art von Kontrolle(n) lässt mich schaudern, gruseln und wäre mir als Top einfach nur peinlich. Ich brauche keine (umfassende) Kontrolle über meine Sub. Viel wichtiger ist Selbstkontrolle, denn mit diesem Ziel würde ich nicht nur mir, sondern auch meiner Sub dienen.
Übrigens beinhaltet Kontrolle ja auch den Wunsch, etwas vorherzusehen. Sicher kennt hier jeder die "Unschärferelation", die ja im Grunde genommen nur beweist, dass je genauer ich etwas beobachte, umso weniger lässt sich vorhersagen und desto mehr verliere ich es aus den Augen.