Absolut korrekt
Oring,
ich teile deine Sicht der Dinge voll und ganz.
Meine für mich besten Partnerinnen waren immer die, die sich wie "mein Schatten" verhielten - sich (hin)gebend meine nächste Figur vorausahnend, die ich führte. Sich ganz und gar meiner Kreativität und Phantasie unterwerfend. Mit ihrem Körper, aber vor allem mit ihrem Geist. Das Ergebnis war stets von außen höchst ansehnlich, und für uns beide sehr erfreulich: Zwei Menschen verschmelzten zu einem gemeinsamen Wesen, welches sich im Rhythmus der Musik aus einer anderen Epoche wog und drehte.
Versuchte die Tanzpartnerin hingegen (zumeist unbewusst), ihrer "modernen" Rolle gerecht zu werden und ebenfalls zu führen, war das Fiasko stets vorprogrammiert. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass solche Damen auf den Milongas (Tanzveranstaltungen im Tango Argentino) die meiste Zeit sitzen anstatt zu tanzen - bzw. getanzt zu werden...
Doch auch die "modernen" Männer bilden beim Tango ein eigenes Problemfeld. Dazu erzogen, die Frau als gleichberechtigtes Wesen anzuerkennen, sind viele Männer aus falsch verstandenem "Respekt" einfach nicht dazu in der Lage, vor allem beim hautengen Körperkontakt des Tango de Salon auf eine Weise zu führen, die für die Partnerin klar, eindeutig und daher für die Frau leicht interpretierbar ist.
Das Ergebnis ist Desorientierung und Frustration auf beiden Seiten, denn Salon-Tango lässt -anders als seine Euuropäische Interpretation und die moerne Crossover-Variante Neo-Tango - für die Partnerin kein Folgen "auf Sicht" zu: Entweder sie fühlt, was der Mann von ihr will (weil er es eindeutig kommuniziert), oder ein harmonisches gemeinsames Tanzen kommt nicht zu Stande.
Ich sehe hier deutliche Parallelen zwischen Tango und BDSM: Auch im BDSM haben es devote Frauen häufig schwer, zunächst ihre eigene Rolle in der Beziehung zum dominanten Partner zu definieren. Genau so schwer scheint es aber häufig zu sein, einen dominanten Partner zu finden, der nicht nur den Anspruch auf Dominanz besitzt, sondern diesen auch durch klare Linie beim Spiel und in der Kommunikation über längere zeit durchhält...
Die Gemeinsamkeiten sind für mich so eindeutig, dass ich ab und an Tango sogar in die Erziehung meiner Novizinnen und Sklavinnen einbaue. Sie lernen dadurch vieles von dem, was aus meiner Sicht eine gute Sklavin ausmacht: Neben Stil, Eleganz und Grazie des Körpers vor allem das Verschmelze mit mir auf geistiger Ebene.
Ich wiederum trainiere hierdurch meine (Ver-)"Führungsqualitäten", und zwar auf mehrfacher Ebene. Denn wie heißt es so schon: "Tango Argentino ist der vertikale Ausdruck eines horizontalen Bedürfnisses"...
Viele Grüße,
Fahrenheit 451