Hallo iunddu,
ich glaube, es ist für manche schwierig, eure Fragen "persönlicher" zu beantworten, weil ihr nicht wirklich eure eigene Situation beschreibt. OK, es scheint ein Dilemma zu geben. Aber: wer hat sich geoutet, wie hat der andere konkret reagiert? Wie geht ihr damit um?
Mich hat mein Outing als dominanter Mann letzlich meine Ehe gekostet. Ich hatte eine Frau, wie ich sie mir gewünscht habe: stark, unabhängig, emanzipiert, aber doch Frau und keine "Kampfemanze". Zudem ein Freigeist, da Künstlerin.
Ich konnte anfangs nicht über meine Fantasien - Frauen sexuell zu dominieren - mit ihr reden, da ich sie selbst nicht akzeptiert habe. Es fiel mir schwer, sie mit meinem Frauenbild in Einklang zu bringen und wollte sie eher loswerden, als sie auszuleben.
Irgendwann (warum, ist ein anderes Thema, das hier nicht passt) habe ich mich dann entschlossen, mein inneres Dilemma literarisch aufzuarbeiten. Das erste Kapitel habe ich meiner Frau zu lesen gegeben, weil ich ihre ehrliche Meinung schätze. Mir war klar, dass es ihr nicht gefallen wird, weil sie sich nicht mit dem Thema identifiziert. OK, soweit gut. Dass es für sie aber offensichtlich unmöglich war, weiter mit einem Mann zu leben, der solche Neigungen hat, konnte und wollte ich mir nicht vorstellen.
Ich habe ihr erklärt, dass ich die Fantasien gar nicht ausleben wollte, sondern im wahrsten Sinne loswerden wollte, mich davon reinigen. Daher der Buchtitel "Katharsis". Für sie galt jedoch selbst die künstlerische Beschäftigung damit als Ausleben, und heute weiß ich, dass sie Recht hatte.
Wir sind heute - 1 1/2 Jahre nach meinem Outing und 3 Monate nach unserer Scheidung trotzdem und noch immer sehr gute Freunde. Das, was wir am anderen so geschätzt haben und warum wir geheiratet haben, ist ja nicht weg. Sie respektiert meine "Neigung", sie will einfach nicht davon berührt werden.
So schmerzlich das für uns beide war - und wir haben oft darüber geredet, wie wir uns fühlen und warum - es hat mich wirklich gereinigt. Das Schreiben hat mich dazu gebracht, meine "dunkle Seite" zu akzeptieren, und sie auch auszuleben. Ich sehe es nicht mehr im Widerspruch: Ich unterdrücke keine Frau, ich gebe ihr genau den gleichen Spielraum, sich auszuleben, wie ich es selbst will. Und ich habe verstanden: Eine devote Frau, die nicht in völliger 24/7-Abhängigkeit von einem Mann leben will, die einfach eine Seite ihrer Persönlichkeit, ihrer Sexualität, ausdrücken will, muss eine sehr willensstarke und selbstbewusste Frau sein, kein "Weibchen", das sich einfach in seine tradierte Rolle als Anhängsel des Mannes fügt, das ihm im besten Falle den Rücken freihält.
Wenn ihr mehr wissen wollt, speziell, wie sich meine Ex-Frau gefühlt hat, könnt ihr mir gerne eine Clubmail schicken. (nein, ich maße mir mich an, ihre Gefühle vermuten zu wollen. Ich kann sie wiedergeben, da ich sie verstehe, nachdem wir lange darüber geredet haben)
Viele Grüße
MorningSun
PS: Was für mich BDSM bedeutet - wenngleich der "SM"-Teil nicht zu mir gehört - hat Tamlin in seinem Beitrag sehr schön beschrieben. Gerade auch in Bezug auf Emanzipation.
Ich sehe es ebenso: Sub sein zu wollen - eine bewusste Entscheidung auf Grund eines inneren Wesenszuges - ist erst bei fortgeschrittenem Grad der Emanzipation möglich. Und für eine/n Dom - so wie ich es verstehe - gilt das umgekehrt ebenso.