Sex und Beruf und andere Gedanken...
vielen Dank, lucy _68, für Deine Frage. Daraus hat sich einer der interssantesten Threads der letzten Zeit im JC ergeben, der zudem sehr tief blicken lässt. Doch dazu später mehr...
Auch auf die Gefahr hin, mit einem zu langen Beitrag Murren zu ernten...:
Ich bin ein anspruchsvoller Mensch, und das ist meine Wahrheit: Dominanz, um die es hier - und mir – geht, ist völlige Bedingungslosigkeit.
Ein Dom ist nicht immer bestimmend, doch immer bestimmt. Er weiß, was er tut und warum. Und dieses Warum dreht sich nicht nur um sein Ego, sondern rückt seine Sub in den Mittelpunkt. Und das heißt: Verantwortung und Hingabe (sic!, auch seitens des Dom). Der Dom ist nicht allwissend und allmächtig, er ist ein Meister, und als solcher zugleich auch ewiger Schüler. Also stellt er auch Fragen, um Zugang zu seiner Sub zu finden, die zugleich seine Partnerin ist (was nicht zwingend gleichbedeutend mit „Lebenspartnerin“ sein muss, auch wenn das in meinen Augen der höchste Thron ist), denn: sie mag seine Dienerin sein, bisweilen auch seine Sklavin, aber er besitzt sie nicht. Niemals, selbst dann nicht, wenn sie das gerne hätte (das kann dann auch leicht pathologisch werden). Und er will es auch gar nicht. Es ist eine Schlüssel-Schloss-Verbindung, die beiden wunderbare Pforten öffnet.
Daraus folgt für mich: Er weiß wohl, was er tut und warum, doch er weiß auch, was er nicht weiß und wo seine Grenzen und die seiner Sub liegen. Aber es reizt ihn, sie hin und wieder zu verschieben. Und dafür muss er aufgeschlossen, einfühlsam und offen sein. Und das wiederum bedingt die Bedingungslosigkeit, in der es zwar Spiele und Regeln gibt, aber kein „heute bin ich dominant, und morgen wieder nicht“. Ich bin. So wie Du.
Auch das ist meine Wahrheit: Dominanz ist Gestaltung, nicht Position.
Für mich ist ein Dom wie ein Musiker, und Virtuosität sei Ziel. Sein Instrument ist seine Sub, und er behandelt sie mit der Wertschätzung, die sie verdient: Nur gemeinsam finden beide Erfüllung. Und wenn ein Musiker sein Instrument „beherrscht“, bedeutet es, dass er es virtuos spielen und ihm zauberhafte Töne entlocken kann, aber auch, dass er es hegt und pflegt, damit es seinen Zauber behält und noch steigert, und nicht verstimmt wird oder stumm. Und nur, wenn er dessen Wesen begreifen und wenn er lernen will, wird er besser und besser spielen...
Bei manchen Beiträge in dieser Diskussion und auch in anderen, fällt mir auf, wie gerne Männer Dominanz mit beruflicher Positionierung und Erfolg assoziieren und die Brücke ins Berufsleben schlagen. Die Untertöne dabei klingen oftmals erschreckend gleichförmig: "Jawoll, ich weiß, wo’s langgeht, ich bin ein Entscheider, ein Macher, ein Sieger, ich bin ein echtes Alphamännchen, im Bett und im Job" - die Realität sieht ja wohl meist etwas anders aus...
Dominanz scheint in vielen Köpfen etwas mit Pole-Position zu tun zu haben: Nur der erste gewinnt, den Rest beißen die Hunde. Ich stelle mir dabei den alltäglichen Wahnsinn auf deutschen Autobahnen vor: Jede Menge Super-Doms drängeln sich bei 180 auf der Überholspur, jeder hat den Schnellsten und Stärksten und Längsten und zeigt auf der Piste, was er drauf hat. Nach mir die Sintflut.
Was dabei auf der Strecke bleibt: Verantwortungsbewusstsein. Das ist für mich die erste Führungsqualität, im Sex ebenso wie im Beruf. Doch daraus schließe ich nicht, dass ein echter Dom auch beruflich immer die erste Geige spielt. Die Wahrscheinlichkeit, dass er ein guter Manager wäre, ist sicher groß, aber nur weil er weiß, was er will, muss er noch lange nicht das sein, was manche wohl unter dem Superchef verstehen. Vielleicht hat er ganz andere Prioritäten, als im Job die No. 1 zu sein und das Alphamännchen zu geben.
Für mich ist Dominanz vor allem eine Einstellung, eine Überzeugung. Das hat nichts mit Charakter zu tun. Beim Sex ist es eine Philosophie, im Beruf ist es eine Aufgabe. Führungsqualitäten sind hier wie dort erforderlich, aber ich bin überzeugt, dass es keine per-se-Verbindung gibt. (Da passen schon die Manager nicht ins Bild, die sich gerne an die Leine legen lassen und selbst die Peitsche schmecken, und die gibt es nicht nur im Klischee.
Die Lust zur Gestaltung ist bei mir immer vorhanden. Manchmal äußert sie sich in spontanen Ausbrüchen künstlerischer Kreativität, manchmal darin, meine Wohnung umzugestalten. Und manchmal – gar nicht so selten
– mit meiner Sub zu spielen. Heute spielen wir eine nettes Lied mit Nylons und Heels im sommerlichen Straßencafé, morgen eine schwere Symphonie mit Seilen, Ketten und Manschetten im Bett. Einmal ist es nur eine leichte Melodie, eine kleine Übung für sie, etwas im Internet zu recherchieren oder in der Stadt zu erledigen, ein andermal ein harter, treibender Beat mit Peitsche, Stock und andere Schlagzeugen...
Inspiration steckt überall: in einer Geste, einem Augenzwinkern, einem Wort von ihr, beim Bummel durch die Stadt voller Menschen oder dem einsamen Strandspaziergang, beim Anblick ihres schlafenden Antlitz’ zwischen den Kissen oder ihres scharfen Arsches, wenn sie vor mir steht. Nicht immer folgt sofort darauf ein Spiel, doch wenn die Muße da ist und die Muse mich küsst, greife ich gern zum Instrument und spiele mit ihr...