Riskante Reise / lauernde Beute (Teil 1.1)
Fortsetzung der teuflischen Spiele aus der Verbotenen Orte Reihe :)Es war Herbst geworden, die Blätter färbten sich allmählich in Gelb-, Rot- und Brauntönen, die Tage wurden kürzer und die Temperaturen kühler. Alles bereitete sich darauf vor zur Ruhe zu kommen, nur ich wurde innerlich unruhiger in Angesicht der dunklen Jahreszeit, die mich die letzten Jahre vor große Herausforderungen gestellt hatte.
Nach 2 Jahren Homeoffice war heute ein wirklich aufregender Tag. Mit dem Schalk im Nacken, begab ich mich auf eine Reise in die Großstadt.
Züge - was waren das noch gleich und wie zum Teufel kaufte man ein Zugticket? Nachdem ich gestern 5 Anläufe gebraucht hatte, um meinen Namen in der App zu ändern und ein Ticket zu erwerben, hasste ich die Bahn schon, bevor ich mich an "dieser Zug fällt heute aus" an der Anzeigentafel erinnern konnte.
Ich hatte ein Zwiegespaltenes Verhältnis zu den heranrollenden, in der Dämmerung unheimlich aussehenden Schlangen aus Metall. Wieviel Zeit ich bei der Pendelei zu Studentenzeiten wohl in diesen Monstern und schlimmer noch, an den beiden Bahnhöfen mit der Warterei auf diese, verbracht hatte. Wobei ich einerseits froh war, dass diese Zeit ein Ende hatte, so löste der frühmorgendliche Gang durch den noch fast menschenleeren Bahnhof aber auch trotzdem melancholische Gefühle in mir aus. Ich liebte den Duft von frischem Kaffee, der mir aus einigen Bechern entgegen kam und daran erinnerte, dass nicht nur ich noch müde war und Energie für den Tag brauchte. Der Bahnhofsbuchladen... eine alte, verflossene Liebe. Immer da, wenn man in der Warterei einen Ort suchte, an den man flüchten konnte. Immer mit einem Versprechen, dass wenn sonst nichts mehr geht, sich schon eine Geschichte finden ließe, in die ich abtauchen konnte. Noch lange bevor ich auf die Idee gekommen war, mich mit Wörtern in meine eigenen Fantasiewelten zu beamen, waren Wörter, die sich zu Geschichten formten, schon ein unfassbar sicherer Zufluchtsort für mich gewesen.
Ich schmunzelte in mich hinein. Was hatte ich wohl alles in Zügen gelesen? Wie viele Seiten? Wie viele Geschichten und wie groß waren die Veränderungen gewesen. Als Kind natürlich Pferdegeschichten, dann Liebesromane später Krimi und Thriller, die besser waren, je dunkler die menschlichen Abgründe beschrieben wurden. Und dann kamen natürlich auch die Romane des grauen Mannes, die auch für mich die Welt veränderten. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich doch irgendwie normal war mit all meinen dunklen Gedanken und lustvollen Fantasien, die aus Macht und Schmerzen bestanden.
Jetzt saß ich also wieder in einem dieser Züge, die mich in der realen Welt an einen anderen Ort brachten und schwelgte in alten Erinnerungen, die sich mit meinem jetzigen Ich verbanden. Ein Buch, das mir aus Jugendtagen eindrücklich in Erinnerung geblieben war, war die Geschichte von Monty Roberts, der in Verbindung mit den Pferden kam, statt sie gewaltvoll zu brechen. Damals hatte ich eine wahre Faszination gespürt, wie feinfühlig er die Sprache der Tiere verstand. Allerdings hatten die Stellen, an denen er das gewaltvolle Brechen der Pferde beschrieb, und die in mir noch eine andere, widersprüchliche Gefühlswelt freigelegt hatten, waren mir in besonderer Erinnerung geblieben. Jetzt rückblickend verstand ich besser, was damals schon in mir langsam aber beständig freigelegt wurde. Allerdings dachte ich, dass ich jetzt für mich sagen müsste, dass ich mich mal mehr oder weniger gleichzeitig körperlich gebändigt und verbunden fühlte. Eine seltsame Mischung ...
Während die Welt außerhalb des Zuges langsam erwachte und sich der Himmel rot abzeichnete, dachte ich an die letzten aufregenden Wochen zurück, in denen ich so unfassbar viel Neues über mich gelernt hatte.
Ich fühlte mich gleichzeitig stärker und empfindsamer als je zuvor. Ich war verbundener geworden mit mir und der Welt, wobei ich nach wie vor oft gar nicht so richtig in dieser Welt verweilte, sondern weiter irgendwo in meiner eigenen Welt zwischen Traum und Wirklichkeiten hing. Wenngleich die realen Momente, die sich anfühlten als wäre es ein Traum, häufiger geworden waren, als Träume, die wie reale Begegnungen schienen.
Verbunden. Was für ein seltsames Wort das von Bindung kam. Beziehungen und Bindungen die man so einging, waren das was das Leben ausmachte fand ich. Während man allerdings Beziehungen zu jedem haben konnte, zum Beispiel auch zu seiner Chefin, zu der Friseurin oder der Kaffeefrau, so ging man Bindungen nur mit wenigen Menschen ein und der Unterschied war, dass diese nicht austauschbar waren.
In diesem Zusammenhang dachte ich momentan viel über Dean nach. In einem Moment verständnisvoll und fast lieb, konnte er im nächsten Moment richtig teuflisch werden. So vielschichtig, dass ich seine einzelnen Charakterzüge und Eigenschaften noch nicht gänzlich zu einem für mich passenden Bild zusammensetzen vermochte. Mir fehlten anscheinend noch relevante Puzzleteile, oder ich musste meine Schubladen überdenken, aber vielleicht musste auch nicht immer alles zusammenpassen, nur... sobald ich mich auf soziale Interaktionen einließ, war auch irgendwie mein Herz beteiligt und das wollte einen Menschen zumindest soweit kennenlernen, dass Wertschätzung und Respekt entstehen konnten. Und soweit war es spätestens seit unserer letzten Begegnung gekommen. Ich mochte diesen Kerl irgendwie, der so viele, nie gekannte Gefühle in mir auslöste, meinen Kopf so beschäftigte und meinen Körper so forderte, dass ich mir langsam eingestehen musste, dass er wohl nicht mehr so einfach austauschbar war.
Es fiel mir nach wie vor schwer, seine Anweisungen ohne Wiederworte zu befolgen. Immerhin hatten wir Frauen beigebracht bekommen, dass wir nicht tun sollten, was Männer von uns wollten. Und um Gottes willen durften wir nicht gehörig tun, was sie verlangten. So sträubte sich nach wie vor alles in mir, wenn sein netter Plauderton sich in eine Stimmlage veränderte, die keine Zweifel daran ließ, dass er meinte was er sagte. Und auch, wenn ich den Sinn nicht immer sofort begriff, irgendwie wusste Dean was gut für mich war und was ich brauchte. Oder er nahm sich was er brauchte, aber auch damit war ich meist überaus einverstanden.
So hatte ich letztens nach einer Begegnung, die meine alten Narben schmerzen ließ, einen schwierigen Moment. Da mein Mann nicht zu Hause war, telefonierte ich, eigentlich nur in dem Versuch mich abzulenken, mit Dean. Mit seinen feinen Antennen bekam er direkt mit, dass irgendetwas nicht stimmte. Statt mir einfach nur zuzuhören oder mich mit Worten zu trösten unterbrach er mich mit einem harschen "Stopp"[/i).
Ich war verwirrt, wand mich mit Worten, wollte erklären und ... "setz dich auf den Boden". Zwischen meinem Gemaule, dass er mich unterbrochen hatte hörte ich die Worte, deren Bedeutung ich erst nicht verstand und die dann direkt weitere Widerstände in mir auslösten. Auf den Boden??? Ich glaubte ich spinne und so war ich entsprechend überhaupt nicht bereit folgsam zu tun, was er mir auftrug, um dann aber irgendwie letztlich doch auf dem Fußboden zu landen.
Ich hatte nur ein T-shirt an, war mit der Decke zusammen halb von der Couch runtergerutscht und spürte den kalten Laminatboden unter meinem nackten Hintern, der etwas mit mir machte, das ich nicht erklären konnte. Nicht logisch, sicherlich nicht therapeutisch anerkannt, aber mit einem Schlag wurde ich ruhiger, fühlte mich auf einmal so geerdet, dass mir fast die Tränen kamen.
Ich hatte gedacht, dass ich mich klein und unnütz fühlen sollte, bestraft werden sollte für irgendwas, aber das Gegenteil war der Fall gewesen. Er hatte nur versucht mich aus meinem eigenen Gedankennetz zu befreien und es hatte funktioniert. So beeindruckend, dass ich Tage später noch eine Gänsehaut bekam, wenn ich an diesen Moment zurückdachte.
Seitdem ich ihn, mit dem Versuch die Kontrolle zu übernehmen, auf die Probe gestellt hatte, hatten wir uns nicht mehr gesehen, sondern nur viel miteinander gesprochen, geschrieben und uns freundschaftlich kennengelernt.
Ich mochte dieses Gefühl der Vertrautheit und der Verlässlichkeit sehr, aber ich konnte nicht einschätzen, was das für unser Spiel bedeutete und war verwirrt.
Ich wartete ständig darauf, dass etwas passierte, Dean plötzlich wie aus dem Nichts auftauchte, sich wieder nahm was er beanspruchte, meine Fantasie aus der Ferne anstachelte und mir das Gefühl gab, dass er könnte wenn er wollte. Aber nichts dergleichen war in den letzten Wochen geschehen und so wurde ich immer unruhiger und vermisste unser Spiel mit dem Reiz des Verbotenen von Tag zu Tag mehr. Langsam bekam ich wirklich Angst, dass ich ihn verlieren würde, kaum dass es richtig angefangen hatte.
Ob ich mit meinem Versuch die Kontrolle zu übernehmen doch zu viel riskiert und unsere Ordnung zu stark durcheinandergewirbelt hatte? Waren wir uns freundschaftlich so nah gekommen, das der Zauber des Verbotenen und Geheimnisvollen nachhaltig und unwiderruflich zerstört war?
Nun hätte ich vielleicht mit meinem klugen Kopf soweit denken können, dass wenn Kontrolle übernehmen nicht das richtige war, ich vielleicht besser geduldig warten sollte, bis Dean die Lücke wieder füllte und das übernahm. Aber...
Geduld war nun nicht meine Stärke und sowieso fiel es mir schwer mich zu fügen, also konnte ich nicht verhindern, dass sich als ich über den Spruch "Eine Frau ist die einzige Beute, die dem Jäger auflauert" gestolpert war, in meinem Kopf ein Bild geformt hatte. Mir gefiel die Vorstellung der lauernden Beute nur zu gut und so konnte ich nicht widerstehen und würde wohl wider jeder Vernunft versuchen, den Teufel bei den Hörnern zu packen.
Der Zug fuhr in den Bahnhof ein - Hamburg -mit all den Rolltreppen, die gefühlt in alle Richtungen und über viele Ebenen führten, ein Bahnhof meiner Albträume. Im Traum war das wirklich - wirklich schlimm. In der Realität waren die Menschen, Lichter und Geräusche schlimmer. Ich würde zusehen, dass ich hier schnell flüchtete und dann... dann würde ich mich auf die Jagd begeben, indem ich zur Beute wurde.
Ich wusste, dass Dean in der Nähe von Hamburg wohnte und so hatte ich mir überlegt, dass ich, so lange ich es eben aushalten würde, meinen Standort mit ihm teilen und mich sichtbar machen würde. Ich war mir der Gefahr durchaus bewusst, dass dies bedeuten könnte, dass er mich finden würde, oder, dass er mich bewusst nicht finden wollte. Ich würde wohl mit allem rechnen müssen, aber das machte dieses Spiel ja auch aus, richtig?
Mit BDSM Neigung in Hamburg besuchte man natürlich die Reeperbahn mit all den Kinky Shops. Genau das hatte ich nun vor und begab mich mit einigen Umwegen und Pausen an der Alster entlang Richtung Reeperbahn.
Während ich zusehends häufiger über meine Schultern blickte, spürte ich, wie die Energie der Großstadt in meine Adern floss. Eigentlich zu laut, zu viel zu alles, aber an diesem Tag, in diesem Moment, war das pulsierende Leben um mich herum genau richtig, genau das, was ich brauchte, um mich zu spüren.
Mit meiner Lieblingsmusik auf den Ohren, die momentan aus einer wilden Mischung aus Melancholie, Rock und Lebensbejahenden deutschen Liedern bestand, tanzte ich mehr - als das ich ging - an der Alster entlang.
Ich wurde unruhiger, schaute mich nach großen Menschen mit ruhigen Bewegungen um, aber ich konnte ihn nirgends entdecken. Dennoch hatte ich das Gefühl, verfolgt zu werden und rechnete mit jedem Schritt mehr damit, dass sich mir jemand in den Weg stellen, oder mir eine Hand auf die Schulter legen würde. Herrgott nochmal schimpfte ich mit mir selber, du hast es doch so gewollt, du weißt doch, mit wem du da rechnest, was soll schon passieren?
Ja... das war ja das Problem schimpfte ich zurück. Nun hatte ich hier schon wieder was losgetreten und war mir langsam nicht mehr so sicher, ob das eine gute Idee gewesen war.
Nicht, dass er doch noch eine Rechnung mit mir offen hatte; Nicht, dass das heute auch schon wieder zu anmaßend war; nicht, dass er völlig das Interesse verlor und keine Lust mehr auf meine verdrehten Spiele hatte, oder schlimmer noch, nicht; dass ihm der Reiz fehlte, mich an verbotenen Orten aus der Fassung zu bringen.
Ich wusste es einfach nicht, aber ich hatte es so gewollt, also ging ich weiter, bis eine Stunde fast um war.
Oder ahnte er inzwischen wohin es mich bewegte und wartete an meinem Ziel? Verdammter Mist, das war jetzt nicht so schwer herauszufinden und tauchte in meiner Risikoabschätzung bisher noch überhaupt nicht auf. Bevor ich meinem Ziel noch näher kam, beendete ich den Verfolgungsjagdmodus voreilig. Ja gut, meinetwegen, ich gab es ja zu.. ich bekam wohl kalte Füße und versuchte, meinen schneller werdenden Atem wieder zu beruhigen.
Angekommen an meinem Zielort, in einer Boutique, die ihresgleichen suchte und ungefähr alles hatte, was man für Sexspiele aller Art brauchen könnte, schlenderte ich so durch die Reihen. Ich blieb vor einem Regal stehen, in dem lebensnahe Dildos unterschiedlichster Größen ausgestellt waren, dachte an die Zucchinis im Gemüseregal, die mich vor einiger Zeit schon mal über Größenverhältnisse des männlichen Geschlechts sinnieren ließen. Ich hatte mir nie viel Gedanken über die Größe von Schwänzen gemacht, aber irgendwie hatte ich eben in letzter Zeit häufiger Schwänze im Kopf und auch mit meiner Freundin darüber gesprochen. Sie meinte, es gibt schöne Schwänze - die sind weich, gerade und wohl geformt. Aber es gibt auch wundervolle Schwänze, bei denen einzig die Frage ist, wer an dem schönen Stück dranhängt.
Ich erwischte mich, wie ich wieder verstohlen zur Tür blickte. Vielleicht hatte ich auch gerade deshalb hier so lange verweilt, weil das Regal direkt neben der Tür lag und ich diese im Blick behalten konnte. Aber nichts passierte. Keine sich plötzlich anschleichenden Männer und erst recht Keinen, den ich kannte.
Meine Analyse über die Penisgrößen beendete ich mit dem Gedanken, dass wir Menschen eben verschieden sind. Jeder ist für sich besonders und darauf kam es an, nicht auf irgendwelche Maße und Zahlen.
Die Tür immer noch im Blick, wusste ich nicht so recht, ob ich erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Das Dean nicht durch die Tür kam bedeutete wohl, dass er mich nicht suchte und somit auch nicht finden würde.
Ich gab mir einen Ruck, löste mich von der Tür und ging noch eine Weile weiter durch die Regale, wobei mich weniger interessierte was ich darin fand als vielmehr wer davor stand. Aber der Laden war ziemlich leer und so gab ich es schließlich auf, ging hinaus und schlenderte durch einen Park zurück in die Innenstadt. Ich musste mir wohl eingestehen, dass ich enttäuscht war. War ich ihm nicht wichtig genug, dass er es nicht zumindest mal versucht hatte? War er wirklich sauer, dass ich schon wieder ihn herausforderte, statt dass ich wartete, wann er wieder zuschlagen würde? Zuschlagen... ich schmunzelte über die Zweideutigkeit in diesem Begriff und tief in Gedanken versunken erstarrte ich, als plötzlich hinter mir ein tiefes, grollendes "Stehen bleiben" in meine Ohren drang. Damit hatte ich nun nicht mehr gerechnet, trotzdem stellten sich augenblicklich meine feinen Härchen auf und sorgten dafür, dass meine Haut kribbelte. Der Überraschungsmoment hatte gesessen, ich stand wie angewurzelt da, alle Sinne nach Hinten gerichtet, abwartend ängstlich und ich registrierte, wie mein Herz einen kleinen Hüpfer machte. "Egal" war ich ihm wohl zumindest nicht.
So nah an meinem Ohr, dass ich seinen warmen Atem in meinem Nacken spüren konnte, flüsterte die mir inzwischen so bekannte Stimme in dem Ton, der bei mir sofort alle Antenne aufstellte zu:
"Du bist leichtsinnig, aber du hast es nicht anders gewollt. - Mitkommen."
FORTSETZUNG FOLGT