Der unsichere Weg des Vertrauens (by Shavat)
Gemeinsam treten wir durchs Tor,verlassen die Hitze des Tages,
betreten den kühlen Schatten des Waldes.
Ein fragender Blick,
leise geflüsterte Worte.
Wollten wir nicht spielen?
Mein Kopfnicken,
lediglich ein Wort zur Erklärung,
Vertrauen.
Wir lassen uns nieder,
auf der Holzbank,
am Beginn des Weges.
Wechselndes Zwielicht
und Rauschen des Windes.
Sind vorerst allein.
Eine Ansage,
Schuhe und Socken aus,
Hose bis über die Knie hochkrempeln.
Immernoch fragenden Blicke,
keine weiteren Erklärungen von mir.
Ich bereite mich ebenfalls vor.
Vertraust du mir?
Meine Frage,
ihr Nicken.
Schwarzer Stoff,
über ihre Augen.
Nacht am helligten Tag.
Zögernd doch folgend,
die Arme auf den Rücken.
Dort bleiben sie.
Mentales Bonding,
ein Versuch,
ohne Hilfsmittel.
Ich bestimme den Weg,
du das Tempo,
unter meiner Führung,
unter meiner Anleitung.
Wir gehen los,
mein Griff,
an ihrem Gürtel,
mit dem Daumen über ihre Handgelenke.
Ein Spiel des Vertrauens,
öffentlich und für jeden sichtbar,
aber nicht anstößig
oder verurteilenswert.
Langsame Schritte,
vorsichtig tastent.
Die Richtung,
die ich bestimme.
Es geht jetzt hinab,
eine Warnung.
Ein zischendes Einatmen,
von uns beiden.
Kaltes Wasser,
benetzt unsere Füße,
beißt an den Sohlen,
immer höher steigend.
Schritt für Schritt,
tiefer in das Becken hinein.
Das Kneifen wird schlimmer,
bevor es besser wird.
Wir gehen weiter,
langsam und kontrolliert.
Sie ihre Schritte
und ich sie.
Das erste Hinderniss geschafft,
eines von vielen.
Ein sensorisches Spiel,
für uns beide.
Wir verlassen die Kälte,
folgen dem Weg weiter,
über Tannenzapfen und Zweige.
Folgen dem Weg des Waldes.
Ich lasse den Gürtel los,
greife mir stattdessen ihren Zopf,
drehe ihren Kopf,
hin zu mir.
Der Körper folgt dem Kopf.
Das nutze ich aus.
Ich lenke sie,
zu mir,
ihre Lippen treffen auf meine.
Gutes Mädchen,
gehaucht in ihren Mund.
Sei mutig und vertraue mir,
ich lasse dich nicht fallen,
ich bin da für dich.
Der Weg geht weiter,
eine Lichtung.
Hell beleuchtet,
Wärme und Licht.
Das nicht bis zu ihren Augen dringt.
Ein Wort von mir, Geh.
Der Startschuss.
Ihre Bewegungen mutig, voller Zuversicht.
Sicheren Schrittes, ohne direkten Halt,
schreitet sie voran.
Stolz, wie eine Königin,
die bereits vor meinen Füßen lag,
voller Vertrauen,
ohne meine körperliche Präsenz,
überqueren wir die Lichtung.
Ich bin beeindruckt,
von ihrem Vertrauen zu mir.
Ich bin dankbar,
auf ihre Einlassung,
auf dieses Spiel.
Das nächste Hindernis direkt vor uns,
ein Stamm, längs des Weges,
knapp einen halben Meter hoch,
schmal und uneben.
Doch ich glaube an sie.
Ich führe sie hinauf,
gehalten am Gürtel,
auf das wackelige Holz.
Der Wald wird still,
während sie blind den Weg genießt.
Jeden Schritt sorgsam setzend,
wie auf einen Schwebebalken,
vorsichtig vorantastend,
ohne Sicht,
gehalten von mir und meiner Fürsorge.
Die letzten Zentimeter,
dann fester Waldboden,
Stolz auf ihre Leistung,
ihr Vertrauen,
in meine Führung.
Wir folgen dem Weg des Barfußparks,
weiter in den Wald hinein,
zu den nächsten Hindernissen.
Tiefer hinein ins Zwielicht.
Tiefer hinein in unser Spiel.