Eine Weihnachtsgeschichte
Es war einmal an einem verschneiten Weihnachtsabend, als eine junge Frau einsam durch die Straßen streifte. Überall hell erleuchtete Fenster mit lachenenden Familien dahinter - doch ihr eigenes blieb dunkel. Deswegen floh sie vor ihren eigenen Gedanken und versuchte sich mit einem Spaziergang abzulenken. Alle Geschäfte waren geschlossen. Wer will an Heiligabend schon arbeiten? Nur da ganz hinten... Dort schien etwas geöffnet zu sein. Die Frau kannte das Geschäft nicht und wurde neugierig. Eine Holzwerkstatt. Spielzeug, Kämme, Besen und andere Dinge lagen im Schaufenster. Eingerahmt von den Handwerksarbeiten erspähte sie einen Mann im hinteren Bereich des Ladens, der mit dem Rücken zu ihr saß. Konzentriert bearbeitete er einen Holzblock. War er etwa auch einsam? Warum sonst verbringt man diesen Abend nicht zu Hause?Die Frau klopfte zaghaft an der Scheibe. Der Mann schaute auf und drehte sich um, sein Haar war voller Sägemehl. Er nahm seine Schutzbrille in Form einer Pestmaske ab (wie eigenartig , dachte die Frau) und sah, wer ihn dort störte. Doch statt sie wegzuscheuchen, wie die Frau schon fast befürchtete, stand er auf und schloss ihr die Ladentür auf.
"Sie holen sich ja noch den Tod da draußen, kommen Sie rein!"
Ein Lächeln machte sich in ihrem Gesicht breit. Sie nahm die Kälte schon gar nicht mehr war - jetzt merkte sie, dass er Recht hatte. "Vielen Dank. Sie sahen auch so allein aus, da konnte ich nicht anders. Heute sollte niemand einsam sein."
"Allein bin ich, aber nicht einsam. Gegen gute Gesellschaft habe ich allerdings nie etwas ", entgegnete der Mann. "Setzen Sie sich eine Weile zu mir und erzählen Sie mir ein bisschen von sich. Ich mag es Menschen zuzuhören, während ich arbeite."
Und das tat sie. Sie wusste gar nicht, wo sie das Vertrauen her nahm, aber seine ruhige Ausstrahlung brachte sie unbemerkt dazu, sich viel mehr zu öffnen, als beabsichtigt. Währenddessen schnitzte und schliff und ölte der Mann in Ruhe. Immer wieder sah er sie dabei an. Als sie erkannte, was er dort fertigte, stockte sie in ihrer Erzählung.
"Schon fertig mit der Geschichte? Ich bin es jedenfalls." Mit den Worten platzierte er sein Werkstück vor ihr. "Ich war so inspiriert von Ihrer Offenheit, dass ich dachte, das könnte Ihnen gefallen."
Vor ihr stand ein Plug. Wunderschön gleichmäßig gearbeitet, glänzend und von einer herausfordernden Größe. Sie nahm ihn in die Hand, drehte ihn hin und her und wurde leicht rot. Offenbar gefiel er ihr.
Die beiden schauten sich in die Augen - der Frau fiel es vor Verlegenheit schwer, dem Blick standzuhalten. Das freute den Mann umso mehr. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. "Lust, ihn zu testen?"
Das war es mit dem Blickkontakt. Ihr Gesicht von einem noch tieferen Rot, aber ihre Lippen verrieten, dass dort kein Nein war.
"Du musst mich dabei nicht anschauen." Mit den Worten klebte der Mann der Pestmaske mit Gaffa die Augen zu, setzte sie der Frau auf und führte sie an den Handgelenken vorsichtig tiefer in seine Werkstatt. Sie konnte nicht sehen, dass sein Sortiment weit mehr bereit hielt, als das, was im Schaufenster lag - aber sie würde es bald spüren.
Habt Gnade, @****ven wollte unbedingt, dass ich kreativ werde. 😀