Bin ich überhaupt devot genug?
Das habe ich mich ziemlich lange gefragt und musste mindestens genauso lange nach einer Antwort suchen und bin trotzdem noch nicht schlauer. Im Internet ist oftmals vom Benutzen lassen die Rede, vom duckmäuserischen Dienen, von der Willenlosigkeit und der Untergrabung der eigenen Bedürfnisse zum Vorteil eines anderen. Alles Dinge mit denen ich nicht im Geringsten etwas anfangen konnte und kann und von denen ich immer dachte, dass sie zwingend zum "Devotsein" dazu gehören. Tja es wäre so einfach, aber in welche Kategorie fallen dann meine Fantasien? Fantasien, die davon handeln, mich einem Mann freiwillig zu unterwerfen, vor ihm zu knien, ihm die Schuhe zu küssen und das nicht mal erst durch einen bestimmten Befehl initiiert oder unter Zwang, sondern einfach weil ich eine tiefe Bewunderung verspüre und ihr auf diese Art Ausdruck verleihen möchte. Es sind keine Fantasien von einem eiskalten und selbstsüchtigen Über-Dom, sondern von einem Mann, der auch mich verehrt und sich um meine Bedürfnisse sorgt, der mich nicht nur schlägt, sondern auch streichelt und dessen größte Befriedigung es ist, mich so weit in den Wahnsinn zu treiben, dass ich jede Kontrolle über mich in seine Hände lege, damit er auf diese Art eine Macht auf mich ausüben kann, die mich süchtig nach ihm werden und mich obendrein immer tiefer in diese bewundernde Haltung verfallen lässt. Seltsam auch, dass er in meiner Vorstellung ziemlich weit gehen dürfte, ohne dass ich mich deshalb entwürdigt fühlen würde, denn wieso sollte ich mich abgewertet fühlen, wenn ich einer Person die Verehrung entgegen bringe, die sie in meinen Augen verdient hat? Da werden in meiner Fantasie selbst Ohrfeigen aus dem allgemein demütigenden und strafenden Kontext gerissen und bei sexuellen Interaktionen zur intensiven Stimulation, die mich einfach immer weiter hinein reißt, in das berauschende Gefühl, ihm zu gehören und dem faszinierenden Bann seiner Macht zu erliegen. Da ist kein Widerstand in mir, wenn ich spüre, dass er mir Gutes will, wenn er mich immer tiefer in einen Rausch treibt, bis ich an nichts mehr anderes denken kann, als meinen sehnlichsten Wunsch mich seine Kraft, die er auch mich ausübt, fühlen zu lassen.Ich möchte allerdings nicht vorgeschrieben bekommen, in welcher Haltung ich vor ihm zu knien habe, wie ich meine Hände zu halten habe und in welche Richtung ich gefälligst meinen Blick von seinen Augen abwenden soll. Ebenso wie es nicht der im Kasernenton ausgesprochene Befehl ist, sondern das lasziv geflüsterte Wort mit seinen Lippen an meinem Ohr oder die ruhige Aufforderung bei einem Blickkontakt, der mich zum Dahinschmelzen bringt und in mir den Wunsch weckt, nur noch ihm zu gehören oder der mich sogar so stark fesselt, dass alles um mich herum verschwimmt und nur noch er für mich existiert, veranlasst mich dazu, ohne jeden Gedanken von Gegenwehr das zu tun, was er von mir möchte. Ich will nicht gebrochen, geformt oder verbogen werden, sondern so gut für ihn sein, wie ich bereits bin - denn nur wenn er mich annimmt, wie ich bin, kann auch ich ihn annehmen, wie er ist. Druck (den ich übrigens in allen Lebensbereichen nicht ausstehen kann) erzeugt bei mir Gegendruck, was ich erbringe, erbringe und biete ich entweder aus Überzeugung und Freiwilligkeit oder gar nicht - Zwang ist für mich ein Lustkiller. Genauso wie ich es schöner finde, direkt zu bleiben und keine Rolle spiele, wenn ich sage, dass er aufhören soll, dann meine ich das nämlich auch so - des Kicks wegen um Gnade zu betteln liegt mir nicht. Dann wären da noch Worte, wie "Erziehung" die für mich - wie in dieser Gruppe schon mal irgendwo erwähnt - einen Beigeschmack haben von: "Du bist noch nicht perfekt für mich, darum musst du erst nach meinen Vorstellungen geändert werden." und das löst bei mir die selben negativen Assoziationen aus, wie "Strenge", "Bestrafung" und "Konsequenz". Alles was mit diesen Begriffen in Zusammenhang steht, auch und gerade im BDSM-Kontext, hat mich früher stets abgeschreckt und tut es auch heute noch, da ich daran nichts Erregendes finden kann. Klar, ist es auch ein Stück weit Definitions- und Auslegungssache, vielleicht interpretiere ich das Ganze auch einfach nur falsch.
Dann hätten wir dasselbe Problem beim Thema Masochismus. Masochismus bedeutet, so wie ich es verstanden habe, die Lust am Leiden. Was ist aber, wenn mir Schmerz bis zu einer gewissen Grenze gar kein Leid zufügt, sondern für mich angenehm und lustvoll ist? Ich will nicht leiden - Schmerz bis zu einer gewissen Grenze und in einem speziellen Kontext bereitet mir auch kein Leid, sondern Lust (große Lust sogar, die wiederum das Feuer meiner Ergebenheit eifrig mit Zündstoff füttert), geht dieser jedoch darüber hinaus, verliert sich meine Lust und mit ihr ebenso meine Verehrung für die Person, die ihn mir zufügt. Dann wird die Erregung für mich zu unangenehmen Leiden und aus tiefer Verehrung wird Widerwille. Spuren, solange nicht von Dauerhaftigkeit, sind mir dabei eigentlich völlig egal, es geht nur um eine Schmerzgrenze, die nicht überschritten werden sollte. Selbst wenn irgendwann einmal tatsächlich rote Striemen meinen Rücken zieren sollten, dann nur, weil ich dabei große Erregung empfand und nicht einen Moment das Gefühl hatte, etwas Unangenehmes aushalten zu müssen. Bin ich trotzdem masochistisch? Auch wenn für mich Schmerz nur bis zu einer gewissen Grenze als lustvoll gilt und er in diesem stimulierenden Bereich von mir gar nicht als Schmerz wahrgenommen wird, sondern einfach nur als ein starker Impuls, der sich, egal von welcher Stelle meines Körpers aus, bis zwischen meine Beine mit einem beinahe unaushaltbaren Verlangen ausbreitet?
So jetzt habe ich die Frage gestellt, die mir als Anfängerin schon seit geraumer Zeit unter den Nägeln brennt, die ich mich aber nie getraut habe zu stellen.