Dominanz, Autorität, Biologismus
Dankenswerterweise wurde von dominanter Seite aus mein erster spontaner Gedanke formuliert: Dominanz entsteht dadurch, dass sie als solche anerkannt wird.
Gedanken und Erfahrungen einer im Feld BDSM submissiven Hetera, die sich die Frage stellt, was uns Submissive denn dazu verleitet, Dominanz bei einem / bei einer anzuerkennen:
dom", "Dom" oder einfach nur "dominanter Mann"...ab wann ist ein mann tatsächlich ein echter Dom?
Dominanz im Alltag ist eine negativ behaftete Eigenschaft. Sie impliziert das Durchsetzen eigener Präferenzen und Ziele ohne Rücksicht auf andere und damit eine Form der sozialen Unverträglichkeit. Die Entsprechung zum Ideal des Dom-Seins im BDSM entspricht vielmehr dem, was im Alltag Autorität ist, die manche Menschen ausstrahlen aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz und ihrer hohen Sozialkompetenz im Zwischenmenschlichen. Menschen mit einer Aura, die eine Autorität ausstrahlt, der mensch sich gerne anschließt, von der mensch sich gerne (an)leiten lässt.
MorningSuns Eigenschaftenkatalog passt da ganz vortrefflich hinein.
...reicht es aus mir heute mittag ein schild umzuhängen und mich dann "dom" zu nennen ?... ...sollten ein paar grundbegriffe bereits vorhanden sein, bevor ich mir selbst ein schild umhängen kann ?...
Jeder und Jede mit dominanter Ader, der oder die das Feld BDSM betritt, wird einen Einstieg finden müssen, was aus meiner Sicht die Reflexion, was er oder sie damit verbindet, die Auseinandersetzung mit der gängigen Terminologie, das Finden einer inneren Haltung dazu und das Sammeln von Erfahrungen beinhaltet. Nötige Grundvoraussetzungen wurden genannt, z.B. Empathie, Kommunikationsfähigkeit, den Willen, die Führung, Verantwortung zu übernehmen.
Es fällt leicht, Dominanz dann anzuerkennen, wenn nicht nur der Wille, zu führen und Verantwortung zu nehmen vorhanden sind, sondern auch die Fähigkeit zu Beidem. Beides in einer Session, in Beziehungen auch darüber hinaus durchzuhalten, durchzuziehen. Besonders leicht fällt es mir da, wo der dominante Part das Handbuch-Dom-Sein hinter sich gelassen hat, sich eindeutig im BDSM, in welcher Schattierung auch immer, verortet, sich seiner selbst sicher ist, seinen ganz eigenen Stil in der Ansprache, im Ausagieren seiner Dominanz gefunden hat. Dann weichen die formelhaften Ansagen den leisen Tönen, die von einem Moment auf den anderen in die Sphäre der Dom/Sub-Konstellation führen.
Im Übrigen glaube ich, dass die Neigung zu BDSM ebenso wie Homosexualität quasi in die Wiege gelegt ist und nicht erst durch irgendwelche Erfahrungen entsteht. [...} Damit meine ich nicht, dass man faktisch als Homosexueller oder Sadomasochist etc. geboren wird, aber die Veranlagung dazu ist von Anfang an vorhanden. Ob und wie sehr sie zum Vorschein kommt und wie sie geprägt ist, hängt dann tatsächlich vom eigenen Lebensweg ab und wie man sich auf diesem entwickelt.
Diese Ausage von MorningSun finde ich überaus interessant und einer eigenen Erörterung wert. Spontan wehre ich mich grundsätzlich gegen jede Form des Biologismus, weil dieser meinem Menschenbild widerspricht, stelle an dieser Stelle aber nur wohlwollend fest, dass die Auswirkung der im Leben gemachten Erfahrungen erwähnt wird oder wie DominusB, wie ich finde, zutreffend formuliert: "Es geht um Empathie, geistige Horizonte, Ansprüche im Leben und bereits vorhandene Vita."