Provokation? verträgt das eine Tolerante Gesellschaft?

... wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

Wer bewußt provoziert erlebt halt dann auch einmal eine Gegenreaktion. Und muß sich nicht wundern, und vor allem nicht über die 'intolerante' Gesellschaft lamentieren.

Wer provozieren will, sollte sich fragen, warum will ich eine Reaktion hervorrufen?
Will ich auf unhaltbare Zustände hinweisen, Menschen zum Nachdenken bewegen, sie auffordern, mit mir zusammen diese Mißstände zu beseitigen?

Oder will ich einfach nur Anderen zeigen, dass ich etwas Besonders/Besseres bin?

Ist es nicht auch "spießig", andere als "Spießer" abzuqualifizieren, weil sie einen anderen Lebensentwurf haben als ich?

Toleranz bedeutet auch Rücksichtnahme.

Provokationen halte ich für unnötig. Sie belästigen andere Menschen.
Menschen egal welchen Alters, die sich im öffentlichen Raum bewegen und auf die ich Rücksicht nehme, falls meine Aktion mit einiger Wahrscheinlichkeit bei einem Unbeteiligten negative Gefühle hervorruft.
Punkt.

Wir sollten doch der Pupertät entwachsen sein, haben wir das echt nötig?

Ich denke es ist eher aufklärung angesagt ... Viele wissen nichts damit anzufangen oder haben horros bilder im Kopf ...


z.B. wurde ich ernsthaft gefragt ob es der sex wirklich wert wäre jedesmal grün und blau geschlagen zu werden ....und ich müsste dringend in Behandlung ...

doch so ist es ja nunmal nicht ...da steckt ja viel mehr hinter...

shaiyara -
ist es nicht auch ganz wichtig, zu wissen oder zu erfahren, warum dein Gegenüber diese Frage stellt?
Ist es aus ernstgemeinter Sorge, aus "freundschaftlicher Anteilnahme" oder um dich anzugreifen und runterzumachen?
Sooo unverständlich ist erstere Reaktion doch nicht, wenn Fragen und Sorge aufgeworfen wird.
In unserer Gesellschaft ist die persönliche Freiheit eines der höchsten Güter. da nimmt es die Meisten doch wunder, wenn ein Mensch sich freiwillig unterwirft und herumkommandieren lässt.
Oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit - wurde lange für gestritten - das jetzt freiwillig aufzugeben?
Die Furcht vor Schmerz ist bei fast allen Lebewesen biologisch angelegt - hilft beim Überleben. Hilflos einem Folterer ausgeliefert zu sein ist eine Panik verursachende Vorstellung.

Ich habe bewusst den Begriff "normal" nicht benutzt, denn er fasst nicht.
Aber vielleicht sollten wir auch Verständnis für unsere Umgebung haben?

oyo - wer so wie du Toleranz und Verständnis einfordert, sollte der nicht auch mal das Ganze aus Sicht des Herausgeforderten sehen?
Oder lautet dein Credo "Alles Schlampen - außer Mutti"?

zurück zum thema - bitte

warum wohl stehen zum christopher street day derart viele gutsituierte bürger an den strassenrändern und begucken sich die parade?
die wenigsten aus reiner toleranz ...

da fühlt sich allerdings kaum jemand provoziert - das ist eben auch eine zurschaustellung - nur unter anderen vorzeichen ...
dieselben bürger gucken den rest des jahres pikiert oder rufen gar die polizei wenn sich zwei leute ihre liebe mit handfesten argumenten beweisen wollen/müssen.

provokation / herausforderung ist immer eine gratwanderung
was in hamburg mit einem lächeln quittiert wird das bringt unter umständen in kleinhintertupfingen am moosbach den örtlichen ordnungshüter auf den plan und unter umständen einen anwalt in rage ....

....warum gehen so viele Leute in den Zoo?

gute antwort.

Der CSD mit den bunten Affen ist einfach nur peinlich.


Und zu deiner Eingangsfrage, die wäre vielleicht besser formuliert mit " Was empfindet die Öffentlichkeit als Provokation"

Ich habe das Gefühl das die Tolerenz sehr weit geht wenn herüberkommt das es persönliches Lebensgefühl bzw Lebensstil ist.

Hat allerdings jemand den Eindruck das er benutzt wird weil jemand sich daran aufgeilt sich oder Aktionen in der Öffentlichkeit "zu Zeigen" kann das schnell in negative Reaktionen umschlagen.

Auch die Umstände sind sicher relevant. Ein gefesselter Mann der von einer Frau durch den Wald gezogen wird löst eher ein Grinsen oder Kopfschütteln aus. Vertauschte Rollen vermutlich einen Polizeieinsatz.

Oyo, du liest dich so unentspannt.

also ich schrieb nicht von gefesselten mädels durch den wald schleifen, sondern das es auf die situation ankommt.

real isses schon gelegentlich im sommer passiert das ausgerechnet an der stelle an der sonst nie jemand vorbeikommt und die wir deshalb als geeignete outdoorlocation auserkoren haben spaziergänger oder pilzesucher durch den busch gekrochen kamen.
allerdings war eben die situation mann gefesslt am baum, frau mit rute in der hand.
das war immer entspannt
wenn ich es rechtzeitig mitbekommen habe , hab ich die leute auch abgefangen bevor sie etwas gesehen haben und erklärt das wir sm fotos machen. fast alle wollten gucken.
negative erfahrungen keine

vor ein paar jahren waren wir auf der fetisch fair in berlin und wollten abends noch ins second face . ich im roten latexcatsuit ohne kopfmaske. dummerweise konnte man sich da nicht umziehen bzw duschen, wir hatten aber noch zwei- drei stunden zeit totzuschlagen.
beschluß meiner damaligen regierung.. wir gehen jetzt kaffee trinken auf den kudamm. haben wir gemacht und uns normal unterhalten. sm riten wie knien vor dem tisch oder so haben wir uns geklemmt, man muss es ja nicht übertreiben.
ich glaub jeder angestellte des restaurants hat irgend etwas gebracht und wir haben noch ein eis und kuchen von der küchenmanschaft serviert gratis bekommen..gg

negative reaktionen oder kommentare keine. aufsehen.. ganz schön.

weiter. ich war mit einem studio/ haussklaven für eine party bei selgroß einkaufen. beide in zivilklamotten, er mit halsband. im auto hatte er die große klappe, ich würde mich nicht trauen ihn an die herumliegenden leine zu nehmen. war ein irrtum.
er also wagenschiebend an der leine und ich mit einkaufzettel vorneweg.
negative reaktionen oder kommentare keine. kommentare wie kann man den ausleihen, gehört der zum haus, etc..
ich hatte meinen spaß, er glaub ich in der konkreten situation weniger wobei er im nachhinein meinte er hätte es sehr geil gefunden.

usw... lässt sich fortsetzen mit diversen fotoaktionen zum beispiel
sobald jemand mit einer kamera herumspringt erklärt das offenbar sehr viel an vermeintlich merkwürdigen verhalten für unbeteiligte
.
es waren einfach situationen die zwar ungewöhnlich waren , aber wir haben unser ding gemacht ohne unbeteiligte bewußt einzubeziehen. das ist glaub ich der unterschied zu denen die die öffentlichkeit suchen um sich an ihren auftritt in selbiger aufzugeilen und entsprechend negative reaktionen ernten.

allerdings gibts grenzen. gv vor publikum, entblößte geschlechtsteile etc. fände ich als niveaulos und darauf würde ich mich nie einlassen.

oyo:
naja, wenn du eine derart unpräzise frage in den raum stellst, die vielfältige interpretationen zulässt (was dir als verbalanarcho doch eigentlich grad recht kommen müsste ), dann solltest du schon auch mit etlichen unterschiedlichen diskussionssträngen rechnen und klarkommen können. n'est ce pas?

und auch die betrachtungsweise aus sicht derer, die sich provoziert fühlen würden, macht ja durchaus sinn! ich empfand den gewalteinwurf jedenfalls nicht als schreddernd.

insofern: bevor man sechsen verteilt erstmal die eigene frage nochmal auf inkonsistenzen prüfen!

Das kann ich dir gerne erklären oyo

Wie in meinem Profil steht bin ich transsexuell( ich denke zumindest das es da steht.)
Heist ich habe einen ganzen Teil meines Lebens in einer männlichen Rolle verbracht.

Da ich mich ziemlich spät zu einem Wechsel durchgerungen habe und auch körperlich nicht die tollsten Voraussetzungen hatte, war ich eine ganze Weile mit der Tolereranz oder Reaktion der Gesellschaft auf eine nicht alltägliche Erscheinung konfrontiert.
Für mich war es entspannt, ich hatte keine ernsthaften Probleme, wobei doch auch viel ungewohntes dabei war. Und interessanterweise haben gerade die ein Problem mit mir gehabt, bzw ein Problem mit mir in Erscheinung zu treten die heute an diversen CSD wilde Sau spielen.

Im Swingerclub mal ins Separree, oder auf einer Party herummachen , das hätten sie zu gerne gehabt, aber im Supermarkt oder auf der Straße haben sie sich weggedreht. Dabei war ich bestimmt keine skurile und peinliche Gestalt, aber beim genauen hingucken konnte man schon sehen was ich mal war.

Außerdem , eine ganze Weile habe ich auch am CSD Teilgenommen. Allerdings bischen anders als das heute die meisten tun. Wir wollten etwas bewegen.
Das der CSD heute zu einem Klamauk und Karneval verkommen ist finde ich schade, aber am schlimmsten ist das mittlerweile jede Menge Leute die im realen Leben eher die Duckmäuser sind(siehe oben), und nach außen hin völlig normal an diesem Tag Wilde Sau spielen und ein völlig falsches Klischee prägen.
Wenn jemand so ist wie er/sie ist, dann ist das völlig ok, aber mittlerweile (und das könnte ich dir mit Namen belegen) produzieren sich dort Leute die im normalen Leben mit dem Finger auf alles zeigen was bischen anders vom 08-15 ist , sich aber auf diversen CSD wie die Schweine benehemen.
Daher sind das für mich bunte Affen. Wir wollten etwas bewegen, aber schon vor Jahren als das Adoptionsrecht für Homo und Transsexuelle in Dresden Thema war habe habe ich es dann sein gelassen. Wir hatten enstprechende Transparente und flyer auf denen eine gleichstellung gefordert wurde während ein paar meter weiter "normale" Hetero Frauen als Mitglieder der Spaßgesellschaft mit der Flasche in der Hand Kleinkinder hinter dröhnenden Boxen in der prallen Sonne herzerrten und Zuschauer zu recht entsetzt waren ist das für mich gestorben. zumal das die veranstalter auch völlig ok fanden.
Sorry ist bischen ot, wobei so richtig vielleicht auch wieder nicht, denn mit solchen Dingen war ich eine ganze Weile in der Übergangszeit als man mir meine Vergangenheit doch noch ganz schön angesehen hat konfrontiert.
irgendwie hab ichs rübergebracht das das mein leben ist. das ich das bin und das ich das nicht mache um mich irgendwie aufzugeilen oder mein kopfkino zu befriedigen. daher klappte es mit der toleranz und akzeptanz recht gut.

im gegensatz zum gejammer vieler tv´s die es eben geil fanden "als frau" in eine disko zu gehen sich aber dort wie ein baumstamm verhalten haben und ihrem kopfkino nachgehangen statt das zu tun was alle machen. zu feiern, oder einfach zu leben.
und das kam dann nicht so gut an

PS. Hier ist noch ein altes Bild, damit du siehst das ich nicht nur gemotzt habe. Das mit den roten Haaren an der Seite bin ich, und der Transparententwurf ist auch zum größten teil von mir. Heute sehen die CSd leider anders aus. Zum Schaden der wirklich betroffenen.

na sooo alt alt bin ich nun auch wieder nicht..gg das war 2006

Aber ansonsten hast du schon Recht. *liebzurückgeknuddelt *

Aber um wieder zum Thema zu kommen, ich denke das es ganz entscheidend auf die Öffentlichkeit wirkt wenn man aus dem gewohnten Rahmen fällt, das man mit sich im reinen ist.

Da kann schon ein freundliches Lächeln oder ein lockeres Hallo eine Situation entkrampfen. Egal ob nun SMler, Gothic , Trans**.

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht und nicht nur seinem Fetisch oder sein Kopfkino im Blick hat kann durchaus sehr viel machen ohne anzuecken und stößt auch garnicht selten auf reges Interesse statt Ablehnung.
Betrachtet man solches Handeln als Provokation, dann würde ich sagen, ja es ist vertretbar.

Jeder hat das Recht sein Leben so zu führen wie er/sie es für richtig hält solange keine Gesetze verletzt werden und anderen Schaden zugefügt wird.
Das die Meinungen bezüglich der einzuhaltenden gesellschaftlichen Normen auseinandergehen ist normal und hier sollte dann die Toleranz oder noch besser die Akzeptanz einsetzen.

Nicht vertretbar hingegen finde ich das bewußte Einbeziehen vorn unbeteiligten Fremden nach der Art eines Entblößers beispielsweise. Wer das nicht versteht und meint seine Sklavin nackt am Tag durch die Fußgängerzone führen zu müssen sollte sich einmal Gedanken machen wie er das minderjährigen erklärt.
Auch hier findet sich viel Potential für Ablehnung wenn Eltern die an sich garnicht spießig sind in Erklärungsnöte gegenüber ihren Kindern geraten.
Das ist dann auch kein Provokantes sondern asoziales Verhalten.

Vielleicht sehe ich es auch von einer anderen Seite, aber ich habe nie etwas gemacht um vorsätzlich zu provozieren, obwohl ich mir des öfteren bewußt war das etwas provokant wirken könnte, aber das war dann eine Begleiterscheinung nicht Antrieb.


Manche Dinge sind mittlerweile so alltäglich, die werden überhaupt nicht mehr beachtet. Ich hab zum Beispiel schon seit anderthalb Jahren einen verschlossenen Edelstahlhalsreif mit einem Ring an einem Anhänger. Aber in der ganzen Zeit hat mich einschließlich meiner Eltern noch nie jemand gefragt ob das einen tieferen Sinn hat.

Und so wie sich das Bild und die Einstellung zum BDSM im Laufe der Jahre geändert hat, so wird sich sicher noch vieles anderes ändern und manches was heute provokant wirkt in ein paar Jahren als normal betrachtet werden.