Interessantes Thema, auch spannende Antworten. Ich mag das Joy.
Zur Sache:
Krank ist BDSM für mich dann, wenn derjenige darunter leidet. Entweder direkt oder indirekt.
Mit "direkt" meine ich, dass derjenige selbst tatsächlich leidet unter seiner Neigung / seiner Vorliebe, er damit einfach nicht klar kommt und sich deswegen möglicherweise sogar selbst hasst.
Spätestens dann, wenn sich so ein Selbsthass einstellt, rate ich dringend zu einer Therapie. In der es dann nicht primär darum geht, diese Neigung "loszuwerden" (bei sehr stark veranlagten ist das schlicht nicht möglich), sondern mit ihr zu leben. Nicht zwingend um sie
auszuleben, sondern damit zu leben, dass man diese Gelüste ab und zu mal hat und haben darf.
Das von SM_Mietstudio angeführte Beispiel ist ein sehr gutes: BDSM hat den Burschen ja im Prinzip krank gemacht, weil es dazu führte in Opposition zu seinen Eltern gehen zu müssen und diese Auseinandersetzung im Prinzip nicht überlebt hat.
Als der Leidensdruck dann weg war, er es auslebte und damit annahm dass es in Ordnung ist, dass es ein Teil von ihm ist, war BDSM dann in Ordnung und dann eben auch nicht mehr krank.
Nun zum indirekten Teil.
Wenn jemand es angenommen hat, sich wohl damit fühlt und es auslebt, dann ist der innere Leidensdruck ja nicht da. Das bedeutet aber ja noch lange nicht, dass durch das Ausleben nicht doch der Rest des Lebens den Bach runtergeht ...
Beispielsweise, dass eine Sub sich die totale Kontrolle wünscht und es sie auch kickt, sie deswegen ihren Job aufgibt, um nur noch zuhause zu sitzen um IHM zu dienen, sämtliche Sozialkontakte abbricht weil ER es so will. Gut möglich dass sie sich damit wirklich wohl fühlt! Nur treibt es sie in eine derartige Unselbstständigkeit, dass sie dann mit hoher Wahrscheinlichkeit anders krank wird: Etwa zum Messie mutiert, oder Depressionen kriegt (mangelnde Sozialkontakte begünstigen das sehr).
In dem Fall hat BDSM diejenige auch krank gemacht. Nur eben indirekt.
Würde sie dies dann sein lassen, könnte sie wieder in die Spur finden.
Es kann aber auch recht extrem zugehen und trotzdem nicht krank sein - weil sich zwei "Kranke" halt gesucht und gefunden haben ...
Ein Beispiel: Wenn ER jedes Wochenende von IHR in einem Kerker bei Wasser und Brot eingeschlossen wird, in der Woche jede Nacht ans Bett gekettet wird, wirkt es sicher auf viele sehr schräg und - nun ja - wohl auch krank.
Nur, es könnte ja nun auch sein dass ihm das so viel gibt, dass er den Rest der Zeit viel gelassener ist, ja sogar glücklicher: Schließlich hat er durch diese "Tortur" ja vielleicht Zeit für sich selbst erhalten die er zuvor noch nicht hatte und die Einsperrzeiten aktiv genutzt um sich zu erholen? Dann ist das Ganze weit weg von irgend einem "Kranksein".
Schönes Beispiel auch das Kopf scheren weiter oben hier im Thema.
Es ist offiziell eigentlich Körperverletzung. Aber eben nur gegen den Willen des "Opfers".
Nun kann es ja auch dort so sein, dass sie total stolz ist, durch diese extreme Aktion allen zeigen zu können wie schön es ist, jemandem zu gehören. Dadurch, durch diese Hingabe und durch das Verlassen der "Komfortzone", auf einmal riesig wächst, sowohl in ihrer Persönlichkeit als auch in ihrem Selbstbewusstsein. Wo sie zuvor das duckmäuserische, ängstliche Mädchen war, ist sie nun auf einmal eine stolze Frau, die sich nun Dinge traut und die ihnen deswegen auch gelingen, die vorher niemals Thema waren.
Wirklich krank?
Kurzum kann ich es zusammenfassend auf einen Punkt bringen:
Krank ist für mich BDSM dann, wenn jemand darunter leidet oder wenn er hierdurch anderweitig krank wird oder geworden ist.
Meine 2 Euro
(für Cent ist's zu lang geworden ).