Jahrmarkt der Eitelkeiten
Ab und an schwelge ich in Erinnerungen an die "guten alten Zeiten".Zeiten in denen die Linie zwischen Dom und Sub recht klar definiert war, als es weder hipp noch chic war BDSM zu "machen". Denn in unserer heutigen schwammigen Zeit, in der kaum noch jemand den Mut hat klare Positionen zu beziehen und dann auch dazu zu stehen, ist diesem Trend auch BDSM zum Opfer gefallen.
Geht man heute auf etwaige BDSM-Partys, Events oder sonstiges, erlebt man den Jahrmarkt der Eitelkeiten. Ein Wettlauf um das einzigartigste Kostüm, das auffälligste Kostüm. Es muß exklusiv sein, teuer wirken und der schlimmste Fall wäre, dass ein umherirrender Fotograf einen nicht beachtet und ablichtet. Und wenn man nicht absolut cool und einzigartig ist wird man schon gleich abgestempelt. Ich kenne noch Events zu denen man (leicht übertrieben) in Jeans und T-Shirt gekommen ist und es war einfach .... wie soll ich sagen .... Echter?
Man hält sich heute alle Optionen offen, kaum jemand der bereit sich fest zu legen. Immer gern genommen die switchende Bi-Sie hinter deren Frauenprofil sich dann auch noch ein Paar verbirgt. Meine Frage: "Mit wie vielen Frauen hattest Du den schon was?"; ihre Antwort: "Noch keiner."; "woher weißt Du dann dass Du Bi bist?"; "Hab das in einem Film gesehen und fand es geil." - Alles klar. Meine Frage: „Wie sieht es mit Deinen Erfahrungen aus?“; ihre Antwort: „Ich habe schon so einiges hinter mir.“; Wenn sie dann bei mir ist wird sie schon alleine beim Anblick der Sammlung an Rohrstöcken und Anderem blass.
Angeschürt durch softpornographische Bücher und Filme wird der oder die Dom heutzutage mehr und mehr zum Erfüllungsgehilfen irgendwelcher obskuren romanischen Phantasien denen die Realität niemals Stand halten kann. Die Wunschzettel werden länger und wenn man nicht 24/7 ein komplett durchdachtes Unterhaltungsprogramm bietet, ist man plötzlich keine richtige Dom mehr. Wir leben in einer Bespaßungsgesellschaft in der den meißten Menschen die Tiefgründigkeit und damit auch die eigentliche, ehrliche Intensivität verborgen bleiben wird. Im Endeffekt geht der Trend mehr und mehr zur Oberflächlichkeit.
Menschen werden nach Profilen und ein paar wenigen Textzeilen beurteilt, richtig kommuniziert wird kaum noch. Und mal ganz ehrlich wer gibt sich selbst und anderen heute noch die Chance jemanden kennen zu lernen? Profil – Nachrichten – Daten – Ende
Es muß auch immer sofort ein Programm abgespult werden um zu zeigen was man alles tolles drauf hat. Ich erinnere mich an Zeiten, da hat man sich über Wochen oder sogar Monate hinweg kennen gelernt. Interessanter Weise waren diese Beziehungen immer stabiler und dauerhafter.
Und wieder einmal bleibt mir nicht viel anderes als einer meiner Lieblingssprüche: „Herrje, was sehne ich mich nach den Zeiten als BDSM noch verpönt und abartig war.“