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Wenn Schmerz zur Massage wird

*********e_65 Frau
442 Beiträge
Themenersteller 
Wenn Schmerz zur Massage wird
Jemand, der mit dem Joggen anfängt, kann bekanntlich furchtbar unter der Anstrengung und ungewohnten Bewegung leiden, doch wenige Monate später ist die morgendliche Jogging-Runde zum Lusterlebnis geworden: Man kann danach süchtig werden, sagen viele, die gerne laufen.

Der Körper passt sich im Lauf der Zeit an, lernt, aus der neuen Anforderung das Beste zu machen und schüttet hilfreiche Hormone aus, die die ehemals schmerzliche Anstrengung angenehm machen.

“Fliegen” ist manchmal nicht genug
Nicht viel anders ist es mit den Formen masochistischer Lust: Es ist LERNBAR, eine Flag-Session zu genießen. Mit zunehmender Übung und einem kompetenten Top hebt sich die Schmerzschwelle: Was früher nur weh tat, wird zur angenehmen Massage – und wenn das auf dem Level hoher Intensität passiert, machen die ausgeschütteten Endorphine das ganze zu einem beeindruckenden Rauscherlebnis. Manche nennen es “Fliegen”.

Eigentlich wunderbar – oder nicht? Die einen laufen Marathon, die anderen haben Freude am Gehauen werden, wo ist das Problem?

Aus vielen Forendiskussionen und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es eben nicht ganz unproblematisch ist, wenn das ehemals schmerzliche und ensprechend aufwühlende Erleben zur “interessanten Körperarbeit” verkommt. Masochismus hat viele Facetten, nicht nur die eine, die den Schmerz in physische Lust verwandelt und das dann einfach genießt.

Die Sehnsucht nach dem Grenzwertigen

Es gibt auch die Sehnsucht nach dem Schmerz, der im Empfinden Schmerz bleibt, denn ihn zu konfrontieren, ist eine Herausforderung, die die Tür zu anderen Erfahrungswelten öffnet, jenseits der Landschaft der einfachen Lüste. Sich dem aussetzen, was man üblicherweise vermeidet, ist ein Abenteuer, das bestanden werden will – sei es, weil es in der persönlichen Geschichte dafür Gründe gibt, sei es, weil man sein sogenanntes “normales Leben” so erfolgreich befriedet hat, dass eine Sehnsucht nach dem Drastischen, nach heftigen Gefühlswallungen entsteht, die die Psyche die eben auch mal wieder erleben will.

Was man auf der Sub/Maso-Seite PSYCHISCH von einer Session will, kann sich also drastisch unterscheiden:

1.) einfach lustvoll den Rausch genießen (der am besten immer weiter gehen soll…)

2.) ODER eine “Achterbahn der Gefühle” mit hoher PSYCHISCHER Beteiligung und dem Durchlaufen verschiedener “negativer” Gefühle (Ärger, Wut, Trotz, Selbstmitleid, Heulen etc.), die in einer Katharsis enden, mindestens aber in großer Erschöpfung.

Meine Erfahrung sagt, dass man nicht BEIDES auf einmal haben kann. Wenn sich aufgrund häufiger Praxis und Gewöhnung die Fähigkeit erweitert hat, Schmerz in Lust zu verwandeln, bzw. nur noch als Massage-Reiz zu spüren, ist natürlich die “Achterbahn der Gefühle” nicht mehr so einfach zu haben. Erst recht nicht, je mehr man mit sich, mit der eigenen Neigung und mit dem konkreten Partner “im Reinen ist”, also weder die Beziehung noch das Selbstbild Konfliktpotenzial beisteuern.

Höher, schneller, weiter?

Für viele öffnet sich an dieser Stelle der Weg ins “höher, schneller, weiter”. Um noch irgendwie “in die Bredouille zu kommen” wird nach immer intensiveren Spielweisen gesucht, an die sich der Körper noch nicht gewöhnt hat, vielleicht auch gar nicht gewöhnen kann. Manche sprechen davon, dass sie das geradezu “suchtartig” erleben und tatsächlich fürchten, den Blick für das richtige bzw. noch unschädliche Maß zu verlieren. Eine ungute Entwicklung!

Kann man sie vermeiden? Ich denke, ja! Doch nur, indem man das eigene Erleben und Verlangen unvoreingenommen reflektiert und mit dem Partner darüber redet. Beziehungen, die keine Ebene “gleicher Augenhöhe” mehr zulassen, wird das schwer fallen, zumindest dann, wenn ein freies Reden über Subs Bedürfnisse und Doms Vorgehensweisen, seine physischen und psychischen “Session-Techniken” gar nicht drin ist. Man will ja nicht “spielen”, es soll alles “ganz echt” sein, was für nicht wenige eine Diskussion der Session-Praktiken ausschließt.

Doch es kommt nun mal in hohem Maße auf Top an, ob und inwieweit Sub dem “höher, schneller, weiter” verfällt, wenn ein bestimmter Level an Behandlungsintensität nicht mehr dieselben Effekte vermittelt wie zu Beginn. Üblicherweise ÜBT ja auch Top, ein immer “besserer” Quälgeist zu werden, was quasi automatisch auf Sub-Seite zur optimalen Anpassung führt – also ‘rein in den bloßen “Lustschmerz”, der zwar ein schönes Rauscherlebnis vermittelt, aber nicht mehr BRISANT ist.

Um dann doch wieder die auch gefühlt “harte Tour” zu erleben, muss Sub um ihre Bedürfnisse wissen und mit dem Partner reden. Denn dafür muss Top es darauf anlegen, Sub eben NICHT ins “rauschhafte Fliegen” zu katapultieren, sondern “auf die Palme” zu bringen – indem er eben so “behandelt”, dass Sub immer wieder aus der Versenkung ins reine Fühlen aufgestört und genervt wird. Dazu braucht es dann ein Rahmenszenario, dass auch psychisch mehr fordernd und konfliktlastig gestaltet ist, als wenn es “nur” ums “harmonische Fliegen” gehen soll.

Zum Schluss will ich nicht unerwähnt lassen, dass alles eine Frage der Dosis ist! Konfliktreiche, aufwühlende, psychisch und physisch an die Grenzen führende Sessions sind für die meisten nichts für jedes Wochenende. Soft-SM, Sex-SM, Sessions mit zwinkerndem Auge und kundig ins lustvolle Genießen getriebene Flag-Szenen machen Freude und sind sehr befriedigend.

Aber manchmal, immer nur manchmal, haben Subs richtig dolle Quälereien gern…
**********berer Mann
7.280 Beiträge
Danke für den schönen Beitrag! *hutab*

Ich bin zwar weniger im SM zuhause, trotzdem aber mag ich es (leider) sehr, ihr ihren süßen Hintern zu versohlen. *selbstgefall* Daher finde ich Beiträge, die mir beschreiben, was in Subs passiert, welche so behandelt werden, ziemlich interessant. Also bitte rege beteiligen, damit ich noch was lernen kann!
Zitat von *********e_65:
Üblicherweise ÜBT ja auch Top, ein immer “besserer” Quälgeist zu werden, was quasi automatisch auf Sub-Seite zur optimalen Anpassung führt – also ‘rein in den bloßen “Lustschmerz”, der zwar ein schönes Rauscherlebnis vermittelt, aber nicht mehr BRISANT ist.

Ist immer eine schwierige Situation, wenn Ihre Grenzen hinter meinen Tabus liegen. Ich "spiele" auch reine Flag-Sessions für mein Partnerin, durchaus meditativ für uns beide. Aber nicht immer zufriedenstellend für Sie. Es ist dann die Kritik, warum ich nach den "Aufwärmen" abgebrochen habe. Ein Dilemma für mich, weil Ihr Körper schon sehr deutlich "Stop" gesagt hat.

Das höher, schneller und weiter hat seine Grenze in mir, zumal ich mein Arsenal an Schmerzmitteln schon durchgespielt habe und ich selten bis aufs Blut spiele. Es gilt dann andere Wege zu beschreiten. Schwierig, da es nicht direkt um den Schmerz an sich geht, sondern um bestimmte Nuancen in ihren Schmerzerleben.
*********nn82 Frau
6.569 Beiträge
Zitat von *********e_65:
Meine Erfahrung sagt, dass man nicht BEIDES auf einmal haben kann.
Ich scheine da wohl eine Ausnahme zu bilden... *nachdenk*
Denn ich kann innerhalb einer Session sowohl die Achterbahn, als auch zwischendurch den leichten Flug genießen.... Klar sind solche Sessions enorm anstrengend, aber möglich.

Aber dieses "Suchtpotential" ist ein Thema, welches ich letztes Wochenende erst mit meinem Spielpartner hatte. Ja, ich habe ein bisschen Bedenken, dass mir das jetzige Schmerzlevel irgendwann nicht mehr ausreicht, dass ich "höher, schneller, weiter" hinaus muss, um auf meine Kosten zu kommen. Und ich habe mir auch schon Gedanken gemacht, was ich unternehme, wenn die Lust auf Schmerz eines Tages eine selbst gesetzte Grenze überschreitet. Denn das Problem ist bei mir nicht nur die Lust am Schmerz, sondern auch eine scheinbar unstillbare Neugier. *guckguck*
Ich habe mich einmal auf ein Experiment eingelassen, weil ich wissen wollte, wie weit meine masochistische Neigung geht. Das ging voll daneben, und ich weiß es immer noch nicht. Wiederholen würde ich es dennoch nicht, auch wenn ich wüsste, dass es diesmal ohne "Nebenwirkungen" abläuft. Denn ich mag zur Zeit diese Ungewissheit, wie viel ich noch aushalte und wann ich an meine Grenzen stoße. Zumal jeder Schmerz jeden Tag anders sein kann. Was mir heute gefällt, kann morgen schon wieder grenzwertig sein...
*********e_65 Frau
442 Beiträge
Themenersteller 
Vielen lieben Dank Euch allen.

@******ver deine Reaktion finde ich gut von dir, das Du die Session beendest, wenn Du siehst und merkst, das deine Kleine am Ende ist.

@*********nn82 hmm... ich habe auch heute noch im Bekannten u. Freundeskreis Mädels, die können nicht genug davon bekommen und erleben beides. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ja, @*********nn82 bei mir ist es auch Tagesformabhängig, wie bei den meisten Mädels/Sub auch.
Zitat von *********e_65:
Dazu braucht es dann ein Rahmenszenario, dass auch psychisch mehr fordernd und konfliktlastig gestaltet ist, als wenn es “nur” ums “harmonische Fliegen” gehen soll.

Und hast Du ein Beispiel dafür, kannst das näher ausführen? Bewegt man sich in diesen Bereich, kommen Sachen zum Tragen, die vielleicht unangetastete bleiben sollten. Eine mentaler bzw. emotionaler Absturz lässt sich selten von der Beziehungsebene trennen. Es wird zu einer gefährlichen Gratwanderung.
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