Ein Kaninchen am Haken

„Heute kommt noch ein Päckchen für mich an.“ sagte er, ganz beiläufig, mit einem Grinsen im Gesicht.
Ich sah in fragend an, zog eine Augenbraue hoch. „Will ich wissen, was da drin ist?“
Das Grinsen wurde breiter, er strich mir mit der Hand über den Kopf. „Nein, willst du nicht. Oder vielleicht doch...? Du solltest dir überlegen, was du so alles in den Gruppen postest, das bringt mich nur auf dumme Ideen!“ Und mit den Worten steht er auf, verlässt den Raum, und lässt mich mit meinen Gedanken alleine.... Oh, ich wusste genau, auf welchen Beitrag er anspielte! Ich hatte mich mal ein bisschen in der Predicament Bondage Gruppe eingebracht. Ich hätte wissen müssen, dass er das nicht unbeachtet lässt....

Meine verdammte Neugier muss mich aber auch immer wieder in Schwierigkeiten bringen! Mittlerweile hat sie einen Namen. Ich nenne sie „mein Kaninchen“, weil dieses lästige kleine Biest immer wieder seine süße, kleine, unschuldig aussehende Nase aus dem Bau stecken muss, wenn es irgend etwas Neues wittert. Und wenn es diesen Duft erst mal aufgenommen hat, rennt es wie der Blitz los und sammelt alles ein, was irgendwie in Reichweite ist. Im günstigsten Fall nur theoretisch, manchmal stürzt es sich auf kopfüber in irgendwelche Praktiken, die einfach in dem Moment so unwiderstehlich spannend sind, dass sie direkt ausprobiert werden müssen.
Er kennt mein Kaninchen. Er weiß, dass er den kleinen Nager manchmal zurück in seinen Bau schicken muss, weil es zu viel oder zu früh ist. Aber er weiß es auch für sich zu nutzen, und legt ihm manchmal mit voller Absicht eine saftige Karotte vor den Bau. So wie heute.....

Aber was hatte er jetzt vor? Ich hatte eine böse Ahnung, da wir schon einmal kurz darüber gesprochen hatten. Aber ich meinte, mich zu erinnern, dass ich zu dem Ding ganz klar Stellung bezogen hätte, und zwar keine Positive!

Ein paar Stunden später klingelte es an der Tür, und er kam breit grinsend mit seiner Beute ins Zimmer. „Ganz schön schwer, hätte ich gar nicht gedacht.“
Ich war hin und her gerissen.
Mein Kaninchen wollte raus, mein Verstand rief: „Rückzug!“
Engel links, Teufel rechts.
Und ich dazwischen, vor mir ein grinsender Dom, der im Zeitlupentempo den Inhalt des Päckchens preis gab. Es klimperte in der Tüte, die er zum Vorschein brachte, und mir wurde klar, um was es sich handeln musste. Er hatte ihn bestellt....

Der Verstand packte schon die Tasche und war auf dem Weg nach Hause, während das Kaninchen neugierig seine kleine Nase ausstreckte. Jeglicher Versuch, es zurück zu pfeifen, scheiterte, wurde mit einem „Nur mal gucken!“ abgeschmettert.
Und so saß ich da, mit diesem Haken in der Hand, skeptisch, und eigentlich sehr überzeugt davon, dass das Ding nicht in meinem Hintern landen würde! Kaninchen hin oder her, ich bin doch kein Spanferkel!
Völlig unbeeindruckt von meiner überaus skeptischen Reaktion saß er da, desinfizierte in aller Seelenruhe sein neues Spielzeug, und grinste vor sich hin. „Du musst ja nicht....“ Doch er wusste genau, dass mein Kaninchen schon längst den Duft in der Nase hatte.

Das war vor ein paar Stunden, vielleicht auch weniger, denn ich habe mal wieder das Zeitgefühl verloren. Er hat mich mit seinen Seilen eingefangen, mich zur Ruhe kommen lassen, denn er weiß, welche Wirkung die Seile auf mich haben. Jetzt liege ich hier, verschnürt, und er greift nach dem Haken! Mein Kaninchen ist sofort wieder zur Stelle, schießt wie der geölte Blitz aus seinem Bau, und bevor ich meinen Verstand überhaupt wieder in die Realität zurück holen kann, merke ich, wie ich nicke. „Entspann dich!“, und schon wird es kalt..... Mein Kopf rotiert, das Kaninchen hüpft freudig im Kreis, und der Verstand wird mit einem „Es ist doch eigentlich nur ein Plug“-Mantra im Zaum gehalten.
Im selben Moment spüre ich, wie er sich an meinen Haaren zu schaffen macht, ein Seil einflechtet, und das Seil dann durch das Ende des Hakens zieht.

Ist das sein Ernst? Er wird doch wohl nicht...?

Doch, er wird. Mein Kopf wird nach hinten gezogen, gleichzeitig spüre ich den Zug auf dem Haken. Ich gebe sofort nach, überstrecke mich, er justiert nach, und ich weiß nicht, wie ich das gerade alles einsortieren soll... Mein Kopf fährt Achterbahn, mein Kaninchen schlägt Haken und macht zwischendurch noch Freudensprünge, und ich schwanke zwischen Fluchen, Stöhnen und Aufgeben......
So liege ich da, vollkommen seiner Gnade ausgeliefert, und habe einen letzten klaren Gedanken, bevor mein Kopf aufgibt und mich abtauchen lässt:
„Das nächste Mal kommst du an den Haken, kleines Kaninchen!“