Über die Legasthenie in der Erotik
Über die Legasthenie in der ErotikDer folgende Spruch wird seit einiger Zeit an vielen Stellen online kolportiert. Ich fand den Gedanken interessant aber stimme der These nicht zu.
Nachhilfeunterricht für erotische Unbegabte ist so sinnvoll wie ein Flugblatt für Analphabeten. (Mary Wendell)
Prinzipiell ist es in meine Augen sinnvoll Lernen und Entwicklung beim Menschen durch positive Verstärkung zu fördern, sprich auf Stärken auf zu bauen. Dies wird auch in der Erotik durch den Spruch von Mary Wendell nahe gelegt. Ich habe den Eindruck das BDSM sich dieser Philosophie voll anschließt. Das Bedürfnis nach Erleben der eigenen Geschlechtlichkeit, dass instinktiv in unserer Spezies verwurzelt ist, wird oft durch eine sex-negative Konditionierung verbaut. Das Ich findet keinen Zugang zu den instinktiven Wurzeln und sucht Lösungen wie man den Konflikt zwischen den Bedürfnissen einerseits und der Blockade des Erlebens anderseits einer Lösung zuführen kann.
Im BDSM haben wir uns eine Fetisch Kultur geschaffen, die in sehr abstrakter Form sexuelle Bedürfnisse auf unkonventionelle Art erfüllt. Die statistisch vorherrschende Welt der "Vanillas" betrachte ich als die Schüler der erotischen Bildung, die einen ausreichenden bis sehr guten Lernerfolg haben beim Erschließen der sozialen Kompetenzen und Praktiken, die ein glückliches sexuelle Leben ermöglichen. Die Fünfer und Sechser Schüler der Erotik stellen oft fest, dass sie anders sind - aus welchen individuellen Gründen auch immer - und finden in Subkulturen wie sie in der Fetisch Szene und im BDSM auftreten ihre Erfüllung.
Ich möchte ganz klar keine Wertung vornehmen zwischen BDSM und Vanilla auch wenn das in den Schulnoten vielleicht so anklingt. Was immer zwei oder mehr Menschen einvernehmlich im Konsens an intimen Dingen erleben ist gut und entzieht sich m.E. jeder äußeren Wertung. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass begabte Studenten der Vanilla Erotik ihre instinktiven Bedürfnisse öfter, vollständiger, schneller und tiefer erfüllen können als es die Fetish Liebhaber im Durchschnitt können.
Ich stelle mir dabei immer vor, dass das Stammhirns - als Sitz des vegetativen Nervensystems - eine gewisse Auftragsverwaltung für das Großhirn durchführt; gewissermassen eine unterbewusste Agenda, die die Benutzung und der Genitalien und die Ausübung geschlechtlicher Aktivität zum Inhalt hat. Wenn die bewusst gesteuerten Lebensabläufe diese Instinkt gesteuerten Bedürfnisse durch reales Erleben befriedigen können führt das zu einem ausgeglichenen Hormonhaushalt weil der Körper mit den durch sexuelle Aktivität erzeugten körpereigenen Drogen (Hormonen) ausreichend versorgt wird. Der Mensch ist glücklich.
Und mit diesen Überlegungen komme ich dann zu meiner Ablehnung der These von Mary Wendell. In Vanilla Erotik unbedarfte könne sehr wohl fabelhafte Sexpartner sein, wenn man die Lücken in der Panzerung findet, die sie zum Schutz gegen die Frustrationen eines unbefriedigenden Sexuallebens aufgebaut haben. Das kann durch einen komplementären Fetisch relativ leicht erfolgen und ist der Grund dafür dass BDSM Subkulturen in freieren, mehr sexpositiven Gesellschaften so stark florieren.
Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, das BDSM-ler mit devot/masochistischer Neigung wunderbar mit meinem Seilbondage und Reaktionsfetisch harmonieren. Menschen, die sich als fast asexuell und erotisch gehemmt bezeichnen werden zu Vulkanen der Lust wenn man sie fesselt und entsprechend antriggert. Mit der Fesselung wird die bewusste Kontrolle über den eigenen Körper abgegeben und in die Hände des aktiven Fesselpartners gelegt. Wenn entsprechende Empathie und eine klare Kommunikation über die Entwicklung des Konsens in der Fesselszene gegeben ist kann sich eine sehr große erotische Dynamik entfalten. Diese Art von "Nachhilfe" ist nicht nur sinnvoll sondern auch überaus lustvoll für den aktiven Fesselpartner.