Was ist dran an den Phrasen?

"Das hast du nicht verdient"

"Es trifft immer die, die es nicht verdient haben"

"Es trifft immer die Besten"

"Da bist du selber schuld"


Für mich sind es Äußerungen, die von purer Hilflosigkeit zeugen.
Wo Machtlosigkeit, Befremdlichkeit und vielleicht auch Unerfahrenheit in Situationen auf Menschen treffen,
bleiben bei Vielen oft leider nur "hohle Phrasen" ....

Ist es zu verurteilen, wenn jemand mit sowas ums Eck kommt?
Ich meine auch wenn man selber in so einer Situation ist und mit solchen Aussagen konfrontiert wird ....
Ich kann für mich sagen: NEIN !
Auch wenn mir diese Dinge nicht halfen, so merkte ich doch, dass die Menschen in meinem Umfeld
Anteil nahmen und machtlos waren.

Es ist mir selber, obwohl ich mich wirklich für feinfühlig und redegewandt halte, auch schon passiert.
Meine beste Freundin lag im Bett und hatte eine schwere Krebsoperation ....
Wir haben uns krampfhaft um eine "normale" Unterhaltung konzentriert
und sie fragte mich, wie es mir geht und was ich so treibe ....
Meine Antwort: Mei, woaßt eh ... die schlechten Leut gehts immer guat und ich krebs halt so rum !
Hat zu einem Lachanfall beiderseits geführt und damit haben wir die Barriere der verkrampften Hilflosigkeit hinter uns gelassen. Ab da konnten wir unbefangen miteinander weinen, lachen und kämpfen.

Ich glaube, ganz egal ob man sie Phrasen oder Redewendungen nennt, sie begleiten uns unser ganzes Leben.
Sie sind Selbstschutz, Trost und manchmal auch einfach Ausdruck der Sprachlosigkeit, die man in gewissen Situationen empfindet.
Viele Menschen verwenden Redewendungen auch unpassend, oberflächlich und in falschen Momenten und lassen sie deshalb zu Phrasen werden.

Phrasen treffen nur, wenn man sich entweder denselben Vorwurf macht, oder sie von jemandem kommen, der einen auf eine Weise verrät, daß nicht die Phrase, sondern der Verrat dahinter das Messer ist, was sich in Deinem Herzen suhlt.

In beiden Fällen überlasse ich es der individuellen Meinung, was der Phrasendrescher für ein Mensch sein mag...

Es ist wie mit Vorurteilen: Ein Teil ist meist doch wahr.

Ich denke Phrasen drücken den Gedanken in dem Moment aus.

Wer dachte sich denn noch nicht “da ist Person xy selber daran Schuld“ oder “die Arme hat schon so viel durchgemacht, das hat sie nicht verdient“

Sie auszuprechen spendet Trost, oder auch Kritik. Oft bleibt es ja nicht bei der Phrase alleine, sondern geht weiter. “Du Arme, das hast du wirklich nicht verdient, wenn ich dir irgendwie helfen kann sag Bescheid. Gerne helfe ich dir bei XYZ“ oder “Da bist du selber Schuld, wenn du immer wieder den gleichen Fehler machst, musst du dich nicht wundern wenn jedes mal das gleiche Ergebnis rauskommt“ oder “Du bist selber Schuld, nehme dir doch mal die Zeit, erst darüber nachzudenken und dann zu handeln“.

Kalt lassen Phrasen nur denjenigen der keinen Bezug zu dem Menschen hat der sie ausspricht. Ich denke man sollte sich Phrasen auch sparen auszusprechen wenn einen der Bezug zu dieser Person fehlt. Manchmal ist man aber von außen gezwungen etwas zu sagen. Bei Beerdigungen z.B. ich halte mich da sehr kurz, wenn ich die Familie nicht gut kenne und spreche nur “Mein Beileid“ aus.

Tjaaaaaaaa..... aus beruflicher Perspektive passt das halt schon häufig.
Wenn eine junge Mutter mit Fachwissen drei Wochen mit allerhand Symptomen nicht zum Arzt geht, fragt man sich schon warum. Sie ist übrigens gestorben.
Genau so verhält es sich mit den eher netten respektive nervigen Patienten. Sie netten nehmen immer jede Komplikation mit.
Und wenn da ein schwer übergewichtiger Kettenraucher mit Herzinfarkt liegt, weiß man heutzutage auch, das das halt gute Vorraussetzungen sind.

Man benutzt "sie", weil sich diese Redewendungen leider nicht selten bestädtigen oder zumindest im persönlichen Umfeld, mehr oder weniger objektiv, ihre Gültigkeit haben können.
Zudem passen diese Weisheiten im Einzelfall wie die Faust aufs Auge, daher ihre stetige Aktualität, ob sinnvoll oder nicht.
Was ist das eigentlich für ein Thema?