"Warum halten BDSM-Beziehungen nicht"
Ich erachte diese Fragestellung etwas zu sehr pauschaliert. Es gibt Männer die nach dem Weg fragen und Frauen die Einparken können, manche sogar besser als Männer. Will sagen, als Besucher einiger Stammtische kann ich bestätigen, dass es BDSM Beziehungen gibt, die halten, die Halbwertszeit von normalen Ehen schon ewig überschritten haben.
Ich denke wenn eine Beziehung in die Brüche geht, egal ob BDSM oder Stino, liegt es daran, dass die Erwartungshaltungen der Einzelnen nicht zusammen passen, mag sein, dass es im Kontext mit Bdsm noch schwieriger ist, man sucht ja etwas Gegensätzliches, völlig Konträres und eben dadurch perfekt passend, das Puzzleteil, welches das Bild vervollständigt.
Warum ist das so? ...
Deine weiteren Fragen reisen ein paar mögliche Gründe an, aber wie in normalen Beziehungen gibt es unzählige Gründe warum das so sein kann, ergänzt durch jene, welche durch die besondere Neigung hervorgehoben werden.
Eine BDSM-Beziehung läuft auf einer wesentlich tieferen Ebene ab als eine gewöhnliche Partnerschaft. Bei der Liebe reicht es, den Platz im Herzen zu gewähren, und den in jenem des Partners zu finden. Beim BDSM (ich spreche hier von einer echten Beziehung und nicht von temporären Spielen) lässt man sich in die Seele blicken, macht sich dadurch wesentlich verletzbarer, daher muss das Vertrauen, der gegenseitige Respekt umso größer sein, alle Schritte mit Bedacht und Achtsamkeit gewählt werden.
"Weil man nur eine Spielbeziehung sucht?"
Ich denke das ist keine Antwort auf die Fragestellung, sondern betrifft wieder die Erwartungshaltung. Wenn sich zwei, die sich genau das wünschen, auf eine Spielbeziehung einlassen, ist das primär kein Grund für ein Scheitern. Im Gegenteil, man teilt nicht die Sorgen und Lasten des Alltages, sondern trifft sich nur, um diesem zu entfliehen und eine Weile abzutauchen und sich selbst zu fühlen und zu spüren.
Natürlich besteht die Gefahr dass aus dieser Beziehung verschiedene Erwartungen heranwachsen, wenn die Gefühle zu groß werden, wenn einer der Partner mehr möchte als das Spiel. Niemand ist vor Gefühlen sicher, aber man sollte zu Beginn ganz klar seine Erwartungen und Wünsche definieren, um für sich zu entscheiden, ob man diesen Weg gehen, sich der Gefahr des Scheiterns aussetzen, oder sich das Risiko dieses Schmerzes ersparen möchte.
Ich denke eine Mitleserin dieses Themas weiß wovon ich rede, und ich finde es gut und habe vollstes Verständnis, dass sie sich nach einem einmaligen Erlebnis gegen den Weg entschieden hat, selbst wenn die gemeinsamen Stunden dazu beigetragen haben, dass sie viel über sich erfahren konnte, und ihr Interesse und Neugier geweckt wurden.
Es ist schwierig für Verheiratete (wie mich), die im Wissen, der Akzeptanz und Toleranz ihres Partners unerfüllte Wünsche und Neigungen, an anderer Stelle ausleben oder ausleben möchten, und eben "nur" eine, gern exklusive Spielbeziehung möchten, das passende Pendant zu finden. Ich glaube dass eine Beziehung mit Singles (außer sie sind beziehungsresistent) keine sehr guten Chancen für Beständigkeit hat, wenn der Partner zwar ziemlich bester Freund und engster Vertrauter ist, aber nicht der, mit dem man Weihnachten und Sylvester feiert, gemeinsam in Urlaub fährt und jeden Abend das Bett teilt.
Bei Singles hingegen glaube ich, dass gerade hinsichtlich der Intensität und der Tiefe des gelebten und erlebten BDSM, aus dem Wunsch einer Spielbeziehung früher oder später der Wunsch nach mehr, nach Beständigkeit heranreift.
"Weil Dom keine wahren Gefühle zulässt?"
... dann ist es kein Dom.
Ich weiß jetzt nicht, wie du die Frage verstehst. Lässt er seine Gefühle Sub gegenüber nicht zu oder unterdrück er die Gefühle der Sub?
Was zeichnet den Dom aus? Nicht die Lederhose an den Hüften und auch nicht die Peitsche in der Hand. Es gibt nicht den für alle perfekten Dom, wie es auch nicht (schon gar nicht
die perfekte Sub gibt. Wenn er aber erwartet dass sie sich ihm bedingungslos hingibt, und im Rahmen des SSC, der Freiwilligkeit und Einvernehmlichkeit welche für mich fester Bestandteil des BDSM sind, den Mut zur Demut besitzt, muss er ihr Vertrauen erwerben, es bewahren und sich ihm ständig würdig erweisen. Wie soll diese Offenheit ohne Gefühle, ohne gegenseitiges Verständnis erfolgen? Wie soll er dann ihre Körpersprache verstehen, wie ihre Blicke lesen können?
Sex ohne Gefühle kann ich mir (wenn es auch für mich keine Option ist) vorstellen, aber BDSM ohne Gefühle ist wie Suppe ohne Salz.
"Weil Sub zu wenig zulässt"
Damit kommen wir wieder zu den Erwartungen zurück. Was erwartet Dom? Was ist Sub bereit zu geben? Sicher können bei der Vielfalt der Spielarten des BDSM die Wünsche und Erwartungen auseinander gehen. Aber ist das in einer Ehe nicht auch so? Der eine will in die Berge, die andere ans Meer, treffen wir uns am Gardasee.
Wenn zweien ihre Beziehung wichtig ist, muss man erkennen, dass es neben schwarz und weiß auch grau oder kariert gibt. Kompromissbereitschaft ist der Schlüssel zur Beständigkeit. Daneben bietet BDSM vielfältige Möglichkeiten, wiederum unter der Voraussetzung des gegenseitigen Vertrauens, zu experimentieren, sich ständig neu zu entdecken und auch Grenzen zu verschieben.
Es liegt am Dom, von ihr nicht zu zwingen mehr zuzulassen, sondern ihr Verlangen zu wecken, für ihn mehr zulassen zu wollen, nicht durch Drohung und Strafe, sondern durch seine ganz individuelle Wirkung auf sie, seine fast perfekte Sub.