"Polyamorie ohne Eifersucht.. möglich?"
Die kurze Antwort ist meiner Meinung nach: ja, aber... 😉
Und vielleicht hilft es, in diesem Kontext zunächst zu fragen: "Beziehung ohne Eifersucht... möglich?"
Denn Eifersucht kann natürlich, so denke ich zumindest, in Mono- oder Nicht-Mono-Beziehungen gleichermaßen auftreten. Nur sehe ich im Durchschnitt ein deutlich größeres Potential für Eifersucht in Nicht-Mono-Konstellationen.
Die naheliegende Frage ist nun, warum es denn überhaupt zu Eifersucht kommt und was mir mein Gehirn damit sagen will. Ich glaube, die Gründe dafür können vielfältig sein. Zwei Beispiele:
Hat sich eines meiner Elternteil im Laufe meiner Kindheit wegen eines anderen Menschen getrennt, vielleicht sogar mit Umzug an einen für mich als Kind nicht selbstständig erreichbaren Ort, kann das ein traumatische Erlebnis sein, dass meine Bindungssicherheit nachhaltig stören wird.
Vielleicht habe ich erlebt, dass meine Leistungen in der Schule niemals den Ansprüchen meiner Eltern gerecht geworden sind. Es besteht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass ich unterbewusst von späteren Bezugspersonen ähnliches Verhalten erwarte und Angst davor habe, dass ein anderer Mensch meiner Bezugsperson besser gerecht wird und mich ersetzt.
Die offensichtliche Schnittmenge beider Beispiele liegt im zeitlichen Ursprung, Erfahrungen aus der Kindheit. Ich glaube, sehr viele wesentliche Trigger von Eifersucht sind dort zu finden, da wir hier in unserem Bindungsverhalten positiv und auch negativ geprägt werden. Wir lernen dazu einen Haufen gesellschaftliche Normen, die selbst dann, wenn wir sie im Erwachsenenalter auf rationaler Ebene in Frage stellen oder sogar ablehnen, unser Handeln und unsere Gefühle unterbewusst beeinflussen können.
Solche Trigger lassen sich in Nicht-Mono-Beziehungen sehr viel leichter auslösen, da wir zum Beispiel vielfach dazu erzogen werden, uns zu vergleichen. In der Schule, im Studium, im Job. Das schlägt natürlich durch ins Private und kann dann sehr fies unsere Ängste, deren Ursprung uns vielfach gar nicht bewusst ist, füttern.
Um dies vermeiden zu können, hilft letztlich nur das Auf- und Verarbeiten. Ob und wie dies geschieht, muss jede*r selbst entscheiden.
Ein spannendes Buch zu diesem Thema, dass ich weiterempfehlen kann, ist 'polysecure' von Dr. Jessica Fern. Wurde mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt und eignet sich auch zum gegenseitigen vorlesen. Erschienen ist es bisher nur auf englisch, soweit mir bekannt.
Ich hoffe, dieser Beitrag eröffnet vielleicht nochmal eine neue Perspektive.
Viele Grüße,
Flixxus