Naja, die Geschichte...
...hat ja noch ein klein wenig zur Unterhaltung beizutragen. Ende ist noch in weiter Ferne.
: Ich also mit fett ausgepolsterter Shorts raus aus dem Behandlungszimmer. 10 Lire für die Gedanken der anwesenden 100jährigen schwarz eingepackten Damen des Ortes...
Raus aus der Praxis, über die Strasse zu meinem Luxusgefährt. Gestartet und auf die Kreuzung gefahren... auf einmal kommt von rechts mit wehenden Rockschössen als weißer "Engel" der Doc in vollem Galopp über die Strasse auf mich zugehechtet...(wat woll die ollen Ommies bei ihm gedacht haben mögen? Ob die dachten, ich hab ihn beklaut und seine Kriegskasse total unauffällig in der Hose versteckt???) - Togal - Er radebrecht also auf Pidgin-English auf mich los, ob er mir nicht eine Ambulanz rufen soll. Klasse Angebot. Soll ich am A...der Welt, mitten in Italien mein Auto, dass besagte Omis mit ihrer Hutnadel im Vorbeigehen knacken können, voll mit meinen Campingsachen und den Schätzen der vorhergehenden Urlaubsreise am Straßenrand stehen lassen? Was fände ich nach einer möglichen Rückkehr dann wieder? Einen mittelgroßen Ölfleck im Sand? Und vor Allem wo in Gottes weiter Natur bin ich grade und wie käme ich die 80 Km wieder zurück? Taxi? Bin ich Millionär? Fliegender Teppich? In Spinosien??? Nix da! Selbst ist der mündige Patient!
Also herzlichst beim fliegenden Doc ein Dankeschön hinterlassen und losgedüst.
80 Km sind ja ein Katzensprung, wenn zwischen den Beinen jemand den Wasserschlauch mit Erdbeerbowle angedreht hat. Und das bei gefühlt 40°C im Schatten - aber kein Schatten weit und breit...
Irgendwann also in Sienna angekommen. Tatsächlich auch das Hospital und die Notaufnahme gefunden. Und (!) ein Wunder! In der Notaufnahme hatte eine deutsche Ärztin Dienst. Unseglaublich. Ich also mein Abenteuer berichtet. Sie, ein besorgter Blick. Den Dödel auspacken lassen, die Augenbrauen in schwindelnde Höhen gelüftet. Zack ans Telefon und den Oberurologen des Klinikums herangeflötet. Gefühlt zwei Stunden und 300 eindrucksvolle Gesten später, den Schniepel geröntgt, ge-ultraschallt und betastet, hat sie dann übersetzt. Harnröhre gebrochen. Super. Wollte ich immer schon mal. Vor allem im Urlaub, fern der Heimat.
Der Oberdoc hat dann den Lurch in seine Hände genommen, Katheter eingeführt und mit dem Inhalt einer Spritze, die einen Elefanten aufgepumpt hätte, geblockt. Geschmeidiges Gefühl. Natürlich alles ohne Betäubung.
Dann den staunenden Patienten aufgenommen und auf Station verfrachtet.
Draußen 40C°. Erdgeschoss und 1. Stock (die eh schon bauartbedingt kühler sind) voll mit Klimaanlagen. Klasse. Aber es geht weiter hoch. Ab dem 2. Stock nix Klimaanlagen. Es geht aber in den 5. Stock. Flachdach. Brüllend heiß. Ich auf ein 5 Bett-Zimmer. Alle Fenster und Türen offen. Jede Menge Menschen da. Alles schwatzt in gemütlicher Bahnhofsathmossphäre aufeinander ein. Riesen Fresskörbe an den Patientenbetten. Ich allein und verstehe nix.
17:00 Uhr. Nix zu Essen. 18.00 Uhr - dito. 19, 20, 21:00 Uhr...nix.
Nächster Morgen. Es gibt eine homöopathische Dosis schlammfarbene heiße Flüssigkeit in einen Schnapsglas und zwei eingeschweißte Kekse. Frugales Frühstück Kontinental.
Bis Mittag - nix. Dafür Besuch. Eine Tüte voll Ärzte und Krankenschwestern. Visite.. Die: kein Englisch, kein Deutsch, nur Italienisch. Ich, alles, aber kein Italienisch. Wo bin ich? Afrika?
Irgendwann. Eine Putzfrau - Überraschung. 6 Jahre in Oberhausen gearbeitet. Sie versteht mich! Ich klage ihr mein Leid. Sie holt einen Studenten. Der versteht wenigstens rudimentär Englisch. Holt besagte Ärztin aus der Notaufnahme. "Wie? Haben Sie denn nichts zu Essen mitgebracht? Nein, hier gibt es nichts. Ach, Camping? Alles im Auto? Nein, Sie sind aufgenommen. Auf den Parkplatz können wir Sie aus versicherungstechnischen Gründen nicht gehen lassen. Haben Sie denn den Autoschlüssel....blablabla..." Fazit: Sie entschwindet mit meinem Autoschlüssel und bringt eine Plastiktüte voll eigener Notvorräte. Ich bin vor dem Hungertod gerettet. Trinken aus der Leitung auf dem Klo. Geht. Besser als in Uganda. Da gibt es keine Wasserleitungen.
So. Genug für heute. Fortsetzung angedroht.