Was zum Teufel,...
...ist es wert, die Venus so über den Klee zu loben?
Liebe Freunde,
ich hatte das Vergnügen von einem Unternehmen eingeladen worden zu sein. Als "Professional" hat man am Ende weder einen Vor- noch einen Nachteil, deshalb kann ich frei von der Leber weg berichten.
Früher, in den goldenen Zeiten, roch es auf der Venus förmlich nach Geld. Überall war etwas los, ein einziger großer Knallbonbon. Als ich in die Halle kam, war allein schon der Geruch ein untrügliches Zeichen für den schlechten Zustand der Branche. Es roch schlecht.
Zuerst die Halle rechts. Wer da groß auftrumpft, sind "Realty Lovers" mit ihren Produkten. Dieser Stand kommt einem Messestand mit Abstand am nähesten. Schöne Frauen, viel TamTam, großes Kino!
Schon die Stände dahinter lassen es vermuten - es wird nicht mehr besser. Mit kleinern Ausnahmen handelt es sich um "Einzelkämpfer" oder "Hauptsache wir schreiben auf die Webseite Venus Aussteller"-Unternehmen, die ihre Stände zum überwiegenden Teil lieblos und oberflächlich ausgestattet haben.
Es geht bei sehr vielen Leuten darum zu verkaufen - keine Leistungsschau, sondern billigen Kram teuer zu verkaufen! - was so manchem Besucher (für viel Geld pro Karte) auf den Geist gehen dürfte. Gut, einige kommen gerade deshalb dorthin, nur im 21. Jahrhundert erwartet man doch mehr.
Visit X mit seinem Live-Studio arbeitet auf drei Ebenen. Studio, Bühne und Verkauf. Das ist zwar weit weg von einem modernen Kommunikationsunternehmen im Erotikbereich, jeoch was rüberkommen sollte, war wohl eher der Aufwand hinter der Seite. Da bin ich gut mitgekommen, das habe ich verstanden. Die Leute waren wirklich nett, es hat gepasst.
Lena Nitro mit ihrem Stand schräg gegenüber sorgt wenigstens für jede Menge Besucherstrom, gleiches tun ein paar wenige Firmen auch noch, indem sie richtige Livesexshows anbieten. Wenn es irgendwo blitzt, rennen die Besucher alle los. Am Ende sieht keiner so richtig etwas, es sei denn er ist schnell. Ja, das ist überall so, ich weiß. Sei es denen gegönnt, die es so mögen. Immerhin waren die Mädels toll. Ein paar hatten die besten Zeiten längst hinter sich, nur für jeden Geschmack passende Damen zu finden, ist eh ein Ding der Unmöglichkeit.
Wisst Ihr, wo es mich vom Hocker gehauen hat? Ein Stand der Firma DUREX, die jeder von Euch als Kondomhersteller Nr. 1 kennen dürfte. Ich traue mich fast nicht zu sagen, was ich da sehen musste:
Ein typisch weißer, schlichter Messestand 3x3m oder so. Hinten an der Wand ein olles Stoffbanner 2x1m (vielleicht etwas größer), ein welliges, angerissenes Plakat an der rechten Wand, eine Dame im weißen DUREX Poloshirt mit Flyern. Das war der Messestand des Markenherstellers DUREX mit fast 11 Millionen Fans auf Facebook!!!!!!!!!!!!!!!!
Jetzt meine Frage? Was zum Henker ist da los?!
Gehen wir weiter. Es folgen eine Live-Show-Area für 15 EUR Eintritt. Drei bulgarisch/rumänische Damen befingern sich ein bisschen, eine lässt sich von einer Fickmaschine bedienen. 45 Min. kobern für 10 Min. Show. Kann man gut finden, muss man aber nicht. Den Rest der Halle spare ich mir. Halt: Ich werfe einen Blick auf den Fußboden. Wo sogar auf der Grünen Woche ein Teppich liegt, sieht man nur Stückwerk. Große Teile des Belages sind nie verlegt worden, darunter häßliche, schmutzige Bodenplatten.
Zum Aushängeschild der größten Erotikmesse in ihrem 20. Jahr, der
echten Show Area. Auf dem Weg dorthin Fressbuden, die Raucherecke und das Klo. Viel los, sieht dennoch schwer mitgenommen aus. Erste Schnapsleichen an den Ständen (es war ja schon kurz nach 12 Uhr Mittags). Kommt man in die Halle, fällt einem sofort die große Leere vor einem auf. Wenige Stände, die ausnahmslos ihre Chinaware anpreisen wie Sauerbier, ganz hinten eine Bühne, auf der, kaum zu erkennen, eine Dame nach der anderen einen Strip vollführt. Links und rechts ein Monitor, auf dem man das dann sehen soll. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, hier war es voll. Gesehen habe ich trotzdem herzlich wenig und als die DVDs ins Publikum geworfen wurden, um sofort wieder zurück auf den Moderator zu fliegen, bin ich besser gegangen.
Kinky Area: Da hatte ich die witzigsten Gespräche mit ein paar sehr netten Damen eines Hotels aus dem Harz. Die waren so unfassbar nett, dort wäre ich gern länger geblieben. Wie so oft fühlt man sich dort am wohlsten, wo man nicht mit netten Leuten rechnet. Ich hatte meine Vorurteile. Vorbehalte habe ich noch immer, nur die Menschen machen mich jetzt noch deutlich neugieriger. Insgesamt leider hier in der Halle auch nur Mittelmaß.
Vielleicht muss man mal erklären, dass eine Messe eine Leistungsschau der Hersteller ist, keine Verkaufsmesse! Einschlägige Definitionen liest man am besten im Internet nach.
Da war doch noch eine Halle, wenn man rein kommt links die große. Kein Krach, keine Show. Alles sehr ruhig. Kopfstand hat die Firma Toyfactory. Das war das, was ich unter einem Messestand verstehe. Ich konnte mich sowohl über die Produkte als auch sofort über Geschäfte unterhalten. In dieser Halle geht es wohl doch noch ums Geschäft? Kaum war die Frage aufgekeimt, spricht mich der XXte Typ an, ob ich auf einen Wein oder einen Saft eingeladen werden möchte. Weinverkäufer machen diverse Prozente des Ausstellervolumens aus. Es nervt schrecklich. Brauchst Du Wein aus Ösiland für 17 EUR die Flasche, den Du bei einem Verbrauchermarkt für 3,99 EUR bekommst? Ich schätze, daran muss man glauben. Es edles Etikett ist kein Garant für guten Wein.
Auffällig schön war der Stand von RS-Dolls. Lebensechte Silikonpuppen. Meine Güte, was es nicht alles gibt. Immerhin ist der Stand gut besucht gewesen. Jeder will das mal anfassen. Klar, ich musste auch ran. Hier enthalte ich mich, weil ich hin und hergerissen bin. Wer das nutzt, ist ein vermutlich sehr einsamer Mensch. Ich habe eher Mitgefühl. Der Messestand war klar, richtig edel und vor allem hell. Toll gemacht. Fast zu edel für das restliche Ambiente. Und genau deshalb war es dort ja so voll!
Ein paar Videoplattformen präsentieren sich in der Halle. Die Messebauer waren damit vor Jahren mal betraut worden, so scheint es. Wir reden von HighTech-Unternehmen der Medienbranche, doch was man zu sehen bekommt ist ein LCD-Monitor, ein paar schwarze und goldene Platten, ein Schriftzug. Traurig zum Teil. Wirklich.
Mein persönliches Highlight: Jedes Teil 1 EUR! Ein Stand, der in die Abteilung "Müll und Mist, den bei Eis keine Sau mehr kauft, verscheuern wir den Idioten, statt es zu entsorgen" gehört. Besonders lachen musste ich, als ich mir die Werbeflyer noch einmal angesehen habe. EIS und weitere große Marken werben dort mit ihrer Ausstellerschaft, man findet sie nur nirgendwo. Statt dessen überall diese Ramschtische. Denen ist es ernsthaft PEINLICH mit ihrer wertvollen Marke auf dieser Messe auszustellen.
Hättest Du eine Firma, einen Laden zum Besipiel, würdest Du Dein schmuddeligstes oder Dein schönstes Gesicht zeigen, um Deine Marke und Dein Unternehmen, Deine Ware oder Deine Dienstleistung zu präsentieren? Meine Antwort ist klar, wie lautet Deine?
Für 32 EUR Eintritt (die ich zum Glück nicht zahlen musste) erwarte ich wesentlich mehr als das, was man den Menschen dort vorsetzt. Lange habe ich nicht mehr so viele enttäuschte Gesichter auf einer Verbrauchermesse gesehen, wie am Donnerstag und Freitag in Berlin auf der Venus.
Sicherlich tue ich Vielen Unrecht mit meinem Bericht, doch als erfahrener Messegänger, Kaufmann und als interessierter Kunde musste diese Kritik einfach raus. Diese Veranstaltung hat nichts, nicht einmal im Ansatz, mit dem auf den bunten Bildern promoteten Großevent zu tun, das man danach erwarten würde.
Guckt es Euch selbst an, seid kritisch, schaut in den Kalender (auf die Jahreszahl!) und entscheidet dann, ob Euch das 32 EUR pro Nase wert war oder ihr mit dem Geld lieber nächstes Jahr einen schönen langen Abend im Club genießen solltet.
Im nächsten Jahr kaufe ich meiner Frau zur Venus einen riesigen Blumenstrauß für 64 EUR, der hält länger, insbesondere bringt er mir mehr Spaß ein ^^
Herzlichst
Er von Akt24