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Ich verstehe Monogamie nicht so wirklich..

******cea
67 Beiträge
Themenersteller 
Ich verstehe Monogamie nicht so wirklich..
Den Titel für den Fred habe ich gewählt, weil es sich bei meinem Diskussionsvorschlag um einen (leider nur englischen) Text handelt, der diesen frei übersetzten Titel trägt.
Ich finde, er enthält einige wirklich spannende Gedanken - zwei haben mich direkt zum Weiterdenken angeregt:
  • Wessen L(i)bensweise eigentlich 'unsichtbar', unmarkiert ist und die Normalität stellt und welche die markierte, andere ist, die laufend als pervers, falsch, nicht lebbar etc. tituliert wird (ratet mal)? Welche Folgen hat das für poly_BA-lebende in der Praxis? [Wie betrifft euch selbst vielleicht Mononormativität im Alltag?]
  • Welche ungesagten Ansprüche werden mit der Schließung einer Beziehung für nur zwei Personen eigentlich an den Körper, die Zeit und die Beziehungen zu anderen Menschen (als dem Mono-Beziehungsmenschen)?


Das nur als erste Anstöße - ich bin gespannt auf eure Gedanken dazu..

Hier der Link zum Text, in der Hoffnung, dass möglichst viele Interessierte Englisch verstehen:

I Don't Actually Get Monogamy
*******na57 Frau
22.245 Beiträge
JOY-Angels Gruppen-Mod 
Ich will mal ein bisschen ausführlicher darstellen, was der Autor (ist es ein Mann?) sagt:

Zu Beginn sagt er, dass er versteht, dass für manche Leute Polyamory nichts ist, aber er versteht nicht so wirklich, warum Monogamie vorzuziehen ist.

Die Argumente, die er so hört, sind: Monogamie ist einfacher und praktischer (man muss nicht so viel miteinander absprechen und koordinieren), es gibt weniger merkwürdige Blicke bei Familie und Freunden, es gibt das Problem der Eifersucht nicht (außer, wenn sie auftritt), man muss nicht Angst haben, für einen anderen verlassen zu werden (außer es passiert), man hat mehr gemeinsame Zeit, man fühlt sich "einzigartig" für den anderen.

So betrachtet sieht er die Argumente pro Monogamie als illusorisch oder wenigstens als an Bedingungen geknüpft.

Der wichtigste Einwand für ihn ist die Tatsache, dass Monogamie bedeutet, dem Partner vorzuschreiben, was er mit seinem Körper, seiner Zeit und seinen Beziehungen machen soll. Und er fragt sich, warum selbst monogam lebende Paare, die behaupten, den Partner nicht zu kontrollieren, so eine "Regel" brauchen.

Er selber sieht seine Beziehungen so, dass er selber sich im Laufe der Zeit verändern kann, auch in einer Weise, die er nicht vorhersehen kann. Von daher will er keine Beschränkungen dieser Art in seinen Beziehungen.

Dazu kommt, dass im Sprachgebrauch Monogamie zwei Bedeutungen hat: es bedeutet einerseits "Wir dürfen keine anderen Partner haben.", aber auch "Wir haben keine anderen Partner." Das zweite kann durchaus eintreten, selbst, wenn man sich das erste Verbot nicht zugesteht.

Also sieht er den Unterschied nicht in der Frage "Hast du noch andere Partner?", sondern in der Frage "Bestehst du darauf, dass sich dein Partner nur mit dir einlässt?"

Im weiteren Verlauf zerlegt er noch das Argument, dass es "unfair" sei, wenn ein Partner außerhalb datet und der andere nicht - im Wesentlichen läuft es darauf hinaus, dass jeder für sein Glück und seine geistige Balance selber verantwortlich ist und man den Partner nicht zwingen kann, auf etwas zu verzichten, was für ihn gut ist.

Abschließend kommt er auf den Punkt, dass Monogamie einfach die vorherrschende Lebensweise ist und damit für die meisten Menschen keine Begründung braucht. Monogam lebende Menschen "dürfen" Polyamory einfach ablehnen, ohne dass sie voreingenommen oder rechthaberisch genannt werden. Und den Vorwurf, sie wollten alle zu ihrer Lebensweise missisonieren, hören sie auch nicht.



Und damit finde ich auch die beiden Gedanken, die Du herausgearbeitet hast, als Fazit. Meine Stellungnahme folgt später.
******cea
67 Beiträge
Themenersteller 
Danke
fürs Zusammenfassen, so können wirklich alle, die mögen, mitdiskutieren! *gg*

Die Autorin ist wohl eine nicht-männliche Person, vermutlich sieht sie sich als Frau; das kommt aber nur in anderen Artikeln und indirekt heraus.
Sie spricht an anderer Stelle davon, dass es sie nervt, wenn das Gegenüber erpicht darauf ist, ihr einen Orgasmus zu besorgen; das scheint mir eine eher weibliche Perspektive auf bestimmte Situationen bei heterosexuellem Sex zu sein..
*******na57 Frau
22.245 Beiträge
JOY-Angels Gruppen-Mod 
Hmmm ... ist es ok, wenn ich trotzdem die männliche Form lasse, weil ich einfach zu faul bin, das zu ändern ?
******cea
67 Beiträge
Themenersteller 
ja, ach naja, das geht schon. die (sprach)feministisn in mir meckert zwar ein bisschen, aber die faule in mir kann dich da seeehr gut verstehen.. *zwinker*

es steht ja jetzt da - und hat sich bei meinem weiterlesen bestätigt: es handelt sich um eine vormals bisexuelle, mittlerweile homoflexible frau. *g*
**********1ss63 Mann
91 Beiträge
Ich muss darüber erst einmal nachdenken. Werde mich später selbstreflektierend hierzu äussern, aber ich finde, es sind spannende Fragen aufgetaucht....
*******na57 Frau
22.245 Beiträge
JOY-Angels Gruppen-Mod 
Bei Diskussionen um das Thema - sei es im "Realen Leben", sei es außerhalb der entsprechenden Gruppen - habe ich auch die Erfahrung gemacht: Monogamie ist eben die Normalität und da braucht man nicht zu begründen oder zu diskutieren.

Dabei frage ich mich, wie viele Menschen wirklich sexuell exklusiv mit jemandem leben, wie viele hinter der braven Fassade fremd gehen und vor allem, was denn die berühmte und anerkannte "serielle Monogamie" eigentlich ist.

Letztes Jahr war ich auf dem 60. einer Freundin, da waren sie dann alle mit ihren zweiten oder gar dritten Ehepartnern. Eine Freundin sah ihren zweiten Ex-Mann mit seiner dritten Frau. Und da war die Freundin, die sich nicht traut, sich von ihrem Freund zu trennen, weil sie Angst vor dem Alleinsein hat.

Aber sobald die Rede auf alternative Beziehungsformen kommt, wird lautstark erklärt, dass "das nicht funktioniert" ... *fiesgrins*

Und man guckt mich mitleidig an, weil ich "keinen Mann an meiner Seite" habe. Dabei habe ich nur keine Lust, ihn zu zwingen, auch noch mit mir zu solchen Veranstaltungen zu gehen.

Und interessanterweise steht man auch im JOY immer wieder vor der Aufgabe, zu erklären, dass man kein kalt und wahllos vor sich hin rammelndes Trieb-Tier ist ... dabei ist es das doch, wovon sie alle träumen . *fiesgrins*

Und ist es wirklich so, dass in "unseren Medien" die Poly-Formen den armen Monogamisten "aufgezwungen" werden ?
*umfall*
Ich dachte wir sind in dieser gruppe,weil uns das alles bewußt ist mit der monogamie.
Aber warum polyamor anarchistisch sein soll,versteh ich net.
Dabei frage ich mich, wie viele Menschen wirklich sexuell exklusiv mit jemandem leben, wie viele hinter der braven Fassade fremd gehen und vor allem, was denn die berühmte und anerkannte "serielle Monogamie" eigentlich ist.

Ich lese im Internet allgemein davon, das 50% aller Menschen in Beziehungen schonmal fremd gegangen sind, Männer wie Frauen. Wenn ich das hochrechne beträfe das dann 2/3tel aller Beziehungen.
Das hieße, das nur in einem Drittel aller Beziehungen diese Exclusivität auch tatsächlich gelebt wird. Das nur so derbe eingeschränkt gehalten wird, was als Anspruch an die Monogamie vorgehalten wird.

Allerdings hinkt die Rechnung ein kleines bisschen, aber so völlig falsch wird das auch nicht sein.

Ich habe mit dem Thema Monogamie nicht mehr so viele Schnittmengen. Einerseits begegnen mir diese "schlechten" Erlebnisse kaum noch, in denen z.B. althergebrachte "Argumente" eine Rolle spielen und ich erlebe eher einen offeneren Umgang mit diesen Themen in meinem Umfeld. Und andererseits liegt das natürlich auch an meinem Umfeld.

Ich glaube aber auch das ein Hauptaspekt mein Selbstverständnis Poly zu leben ist, und dabei eine Rolle spielt, was mir für Situationen begegnen und ob und wie ich mich auf´s Disskutieren einlasse.


Leider ist mein Englisch zu mager um den Text zu lesen, aber in der Beschreibung unserer Moderatorin sind einige interessante Gedankengänge.
Ich finde es nur immerwieder schwierig die schlechteren Erfahrungen heranzuziehen, um über die monogame Denkweise zu sprechen, das hat für mich zu spekulative Anteile. Die schlechteren Erfahrungen sind zwar die Einprägsameren, aber nicht die Schnittmenge. Und sich mit einem Thema auseinander zu setzen bedeutet auch die Kapazitäten dafür haben zu müssen, menthal und physisch. Ich arbeite halbtag´s, um dieses Leben entspannt so leben zu können. Wer nicht darüber nachdenken möchte, ich finde der darf das.
Die Folge ist dann nur, das wir einen inneren Konflikt damit haben wenn wir´s gerne anders hätten.
*******eta Frau
347 Beiträge
Gedanken
Meines Erachtens finde ich die kurz aufgeworfene Frage von http://www.joyclub.de/my/2549400.sissy_hankshaw.html genau richtig, denn für mich persönlich geht es weder um Monogamie noch um Polyamorie - letzteres habe ich mal gelebt in einer Gruppe & fand das furchtbar zwanghaft - habe auch schnell gemerkt, dass da viel zu wenig Zeit für mich mit mir bleibt & das ist mir nunmal sehr wichtig ...

Viele genannte Punkte von Katharina57 empfinde ich ebenso - selbst hier im Joy muss man erklären, warum man nicht mit Jeder/Jedem, mit der/dem man schreibt Kennenlernen kann &/oder dann auch noch durch die Betten hüpfen soll, will, kann, muss ....
& auch ich halte Nichts davon irgendwelche merkwürdigen gesellschaftlichen Zwänge zu leben, weil man das so macht oder weil eben mal den "Neuen" an meiner Seite sehen wollen ...

Ich denke, angelehnt an ein tolles Gespräch, was ich letztens hatte, dass bei all den Diskussionen unser gesellschaftlicher Kontext verloren geht - unser Leben heute ist so vielschichtiger als das vor 50Jahren & da genügt eben kaum der EINE Mensch, mit dem ich das alles teilen kann - letztlich sind es meiner Meinung nach heute grundsätzlich Entscheidungsfragen & wenn man im Herzen berührt wird, braucht es eben die nichtrosaReflektion, um sagen zu können, was man leben will & was nicht ...

Nunja, irgendwie merke ich, dass ich noch nicht ganz wach bin - ich melde mich sicher an späterer Stelle nochmal ...
*******na57 Frau
22.245 Beiträge
JOY-Angels Gruppen-Mod 
Die gesellschaftlichen Veränderungen wurden in einem Thread im allgemeinen Forum auchangesprochen - wobei ich denke, dass "Poly" und sonstige Arrangements eigentlich nichts Neues sind. Es gab schon immer Menschen, die anders lebten, sie konnten es nur nicht öffentlich zugeben, weil sie dann gesellschaftlich geächtet waren.

Ebenso sehe ich Mobilität und Flexibilität als Gebot der globalisierten Wirtschaft - die alten Familienbande verschwinden. Aber es entstehen neue, finde ich, denn Menschen können ohne stabile und vertrauensvolle soziale Bindungen nicht überleben. Als mein Sohn klein war, waren seine Großeltern weit weg, fielen also als Betreuung weg. Also hatten wir ein Netzwerk von Familien, die die Kinder irgendwie "gemeinsam" groß zogen.

Und so ändern sich eben auch die Liebesbeziehungen. Oder besser, sie werden vielfältiger, aber dass es "weniger Liebe und Verbindlichkeit" in z.B. BA gibt, sehe ich nicht. Im Gegenteil.

Die Autorin schreibt übrigens nicht ausgewogen und neutral, es wird ganz deutlich, was sie lebt und was sie für sich gut findet. Der Titel bezieht sich auf etwas, was man oft hören kann, wenn man mit "Monos" über alternative Formen spricht: "Ich verstehe das nicht, ich kann das nicht nachvollziehen, für mich ist das nix ..." -- mit dem Unterton: das ist unnormal, weil ICH es nicht lebe. Die Autorin stellt dem mal mit Absicht den entgegengesetzten Standpunkt entgegen.

Den Punkt mit der "Zeit für mich" , den Lady_Greta anspricht, finde ich sehr interessant, da denke ich noch mal drüber nach.
*******eta Frau
347 Beiträge
Zustimmend
Yeap, das mit dem nicht objektiven Unterton der Autorin habe ich ebenfalls als unangenehm empfunden & würde in der Realität auch nach ein-zweimal Anmerken der mangelnden Objektivität aus einem solchen Gespräch herausgehen ...

Mir ist letztlich bis zu gewissen Punkten egal, was wer lebt & wie ...

Ich denke da ganz ähnlich wie Katharina57 - Netzwerke sind das Leben unserer Zeit - auch ich habe mein Kind alleine großgezogen - in einem solchen Freundesverband & wollte das auch ganz bewusst so, damit mein Kind sieht, dass mein Lebensentwurf nicht der "einzig Wahre" ist ...
Für mich ist es ebenfalls so, dass die engsten Freunde mein moderner Großfamilienersatz sind & ich liebe das - allerdings ist es keine Clique, denn da sind mir dann die Regeln schon wieder zu streng - die unbewussten, meine ich & so empfinde ich das auch oft bei Polyamorie, von der Monogamie mal ganz abgesehen ...
Ich will ebenfalls in Netzwerken lieben & muss da im Grunde auch gar nicht durch alle Betten hüpfen ...

Ach, es gäbe so herrlich viel darüber zu diskutieren - ich suche auf jeden Fall noch Antworten, wie das so geht in der Realität & will im Grunde einfach bloß keine Vorurteile oder mitleidigen Blicke ... *g*
Hallo
Ich für mich habe eine Entwicklung an mir und meiner Meinung zur Monogamie festgestellt.
Für mich war Monogamie die richtige Wahl
in der ich meine Kinder großgezogen hab.
Stell mir das etwas kompliziert vor in einer polygamen Beziehung. Obwohl ich Leute kenne,wo das auch mit Kindern gut zu klappen scheint. Für mich gab es damals nichts anderes. Als die Kinder auszogen und sich mein Weg änderte und auch meine Sichtweise, stelle ich die Monogamie in Frage. Denn auch die Bedürfnisse der Menschen haben sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Ein freies Selbstbedtimmtes Leben hat viele Facetten, das wird mir immer mehr bewusst und warum soll man nicht mehrere Menschen lieben, wenn es sich gut anfühlt.
******cea
67 Beiträge
Themenersteller 
Spannende Perspektiven sind hier aufgekommen!
Ich mach meine Gedanken mal entlang von Zitaten auf, die in mir Zuspruch oder Widerstand erzeugt haben:

*********kshaw:
Ich dachte wir sind in dieser gruppe,weil uns das alles bewußt ist mit der monogamie.
Aber warum polyamor anarchistisch sein soll,versteh ich net.

Zuerst: Ich denke, es gibt verschiedenste Auslegungen davon, was poly* sein kann. Die einen, wie wir hier, verstehen darunter mehr als nur 'Mehrfachlieben', mehrere Liebesbeziehungen einvernehmlich nebeneinander zu führen - die wiederum 'mehr wert' sind als Freund*innenschaften.
Beziehungsanarchie bedeutet für mich politisch-praktisch die konsequente Fortführung meiner gesellschaftskritischen Einsichten in meine Beziehungen zu Menschen hinein ("das Private ist politisch"), die Verneinung der romantisch-zwanghaften Exklusivität von Liebesbeziehungen á la RZB. Biographisch habe ich für mich zunächst poly/die Schlampagne als Lebensentwurf entdeckt, irgendwann später dann den Begriff Beziehungsanarchie entdeckt und ihn für mich als passend empfunden.
Ich denke darum durchaus, dass Poly* und BA nicht so weit voneinander weg sind.
Und ich glaube im Gegensatz zu Sissy_Hankshaw nicht daran, dass "uns das alles bewusst ist" - nur, weil eine*r nicht monogam-heterosexuell lebt, muss si*er längst keine Kritik an der heterosexistischen Normalität formuliert haben. Es gibt genügend unpolitisch vor sich hinlebende LGBT*s und poly*s. Mensch kann auch einfach - ganz ohne gesellschaftskritische Perspektive auf diese Normen - das (Mehrfachlieben-/ LGBT*-)Leben genießen, ohne sich nen Kopf zu machen. Und das ist aus meiner Sicht vielleicht diskutierbar, aber ihre Entscheidung und die spreche ich ihnen nicht ab.
Insofern, um damit als Antwort auf die oben zitierte Frage auf meine Motivation, den Artikel zur Diskussion zu stellen, zurück zu kommen: Ich finde es wichtig, sich immer auch wieder die Implikationen eines L(i)ebens neben üblichen Wegen klar zu machen. Der Artikel gibt meines Erachtens sehr schön Beobachtungen einer Person (Frau - vielleicht nicht ganz unwichtig..) wieder, wie monoamor lebende Menschen auf sie reagieren und dreht den Spieß in diesem Blogartikel auf (aus meiner Perspektive) erfrischende Weise um.

*******eta:
Yeap, das mit dem nicht objektiven Unterton der Autorin habe ich ebenfalls als unangenehm empfunden & würde in der Realität auch nach ein-zweimal Anmerken der mangelnden Objektivität aus einem solchen Gespräch herausgehen ...

Bei dem Artikel handelt es sich um einen Blogbeitrag. Das Blog, so unter "about" zu lesen, hat nicht den Anspruch, objektiv zu sein. Die Autorin formuliert nicht nur in diesem Beitrag eine klare Kritik an sexistischen, hetero- und mononormativen Zuständen, Abwertungen des eigenen Lebensstils und Diskriminierungen, die sie immer wieder erfährt. Das objektiv zu formulieren, käme mir vermutlich eher merkwürdig vor. Insofern: Da es sich hier um einen Blogeintrag und nicht ein Angebot zur Diskussion handelt, eine subjektive Perspektive, die hier nun halt umfassend ausgeführt werden muss (weil keine*r nachfragen kann und Gedanken auf dem Papier entwickelt werden), finde ich die subjektive Formulierungsweise absolut okay - mich daran zu reiben, ist dann ja das spannende.

Der Punkt, den sie um die Überschrift herum entwickelt, ist doch tatsächlich ein nicht-objektiver, nicht-wertfreier: Sie sagt "I get Monogamy", weil sie muss ("To be honest, I say these things because I have to.") - monoamor Lebende müssen genau das poly* Menschen gegenüber nicht. Sie haben mit ihrem als Norm gesetzten Lebensstil 'das Recht' (zumindest ist das eine der o.g. Implikationen, mit denen wir umzugehen haben), andere L(i)ebensweisen abzuwerten, als nicht lebbar abzutun. Ich übersetze mal den Absatz ("What I think is notable [...] valid et all."), der mir da wichtig erscheint :
Ich denke, der springende Punkt hier ist nicht, dass ich Monogamie nicht verstehe, sondern wie viele Menschen Polyamorie nicht verstehen und das - regelmäßig, laut - ohne Widerstand kundtun. Wie oft habe ich schon gehört: "Wow, ich könnte das nicht," "Aber wie soll das überhaupt funktionieren?", "Aber wie kannst Du eine*n wirklich lieben, wenn Du es okay findest, dass si*er mit wem anderes schläft?", "Ich hatte ein*e Freund*in, die das mal probiert und si*er war unglücklich und hat nach ein paar Monaten wieder damit aufgehört," "Das ist einfach falsch," "Warum kannst Du nicht einfach mit einer Person zufrieden sein?", "Das klingt einfach so furchtbar!"? Sehr oft. Und im Gegensatz zu mir sagen diese Leute nicht wenigstens "Aber ich glaube dir, wenn Du sagst, dass das für Dich funktioniert." Sie streiten in der Regel ab, wenigstens implizit, dass meine Gefühle auch nicht die geringste Berechtigung haben.
Und deshalb sehe ich folgendes
*******eta:
Mir ist letztlich bis zu gewissen Punkten egal, was wer lebt & wie ...
auch eher ambivalent.
(Wobei ich lese, Lady_Greta, dass Du schreibst "bis zu einem gewissen Punkt" und nicht unterstelle, dass Du das anders siehst! Ich schreibe hier erstmal nur über die Gefühle, die bei diesem Satz aufkommen. Bitte verstehe das nicht als Angriff, sondern meine Assoziation und Angebot zur Antwort/Diskussion.)
Ja, mir ist das erst einmal auch egal.
Mir ist es aber nicht egal, wenn Leute, sogar vormals gute Freund*innen, mir sagen, dass das nur eine Phase ist, dass ich nur zu oft enttäuscht worden bin und deshalb nicht mehr zu einer festen, innigen Bindung fähig sei, dass "Männer viel besser zu mir passen" (genau so gesagt bekommen), dass poly* bedeute, ich würde nicht richtig lieben (die Autorin schreibt auch dazu eine schöne Replik), dass ja die gescheiterte Beziehung zu XY beweise, dass poly* nicht funktioniert, ...
Die Reihe der Äußerungen, die meinen L(i)ebensstil aberkennt und Monogamie zur einzig gültigen und lebbaren Beziehungsform erhebt, ist quasi unendlich. Mir ist das nicht egal. Ich kann nicht einfach so tun, als wäre es okay für mich, dass Menschen meinen Lebensstil nicht anerkennen, insbesondere Menschen, denen ich nahe stehe (stand). Da wird es dann auch irrelevant, ob es mir eigentlich egal ist, weil ich trotzdem in die Diskussion gehen und mich auf eine Auseinandersetzung über Mono, Poly*, BA einlassen muss.
Ja: muss. Für mich ist das ein wichtiger Punkt meines kritisch-politischen Daseins, Kritik an der Abwertung auch sichtbar zu machen, meinen L(i)ebensstil als anerkennungswürdigen sicht- und diskutierbar zu machen.
Die Ablehnung der romantischen zweierbeziehung. Is bei mir nur ein teil meiner mich ausmachenden persönlichkeit.ich definiert mich auch nicht über meine sexualität.
Mir ist klar,das hier wohl die wenigsten eine anarchistische lebenseinstellung teilen/obwohl von paar weiß ichs,grüsse
Das heisst aber nicht das ich mogelpackungen nicht beanstanden kann
Immerhin weht ja meine Flagge überm Tor
Es gibt bestimmt Mitglieder,die wohl eher teil des Problems und nicht der Lösung sind
In Bezug auf Toleranz und Respekt Gegenüber anderen Lebens/liebensweisen
******cea
67 Beiträge
Themenersteller 
Da bin ich ganz bei Deiner Aussage: Meine Identifizierungen mit Sachen gehen auch weit tiefer als "ich l(i)ebe poly*". Ich konzentriere mich hier aber erstmal auf den Aspekt, weil es um den im Artikel geht.

Wenn mir eine Person sagt, sie sei poly oder gar beziehungsanarchistisch, werde ich, so mich das interessiert, ein Gespräch darüber führen, wie wir beide das jeweils verstehen. Ich hab genug höchst enttäuschende Begegnungen allein mit angeblichen "Anarchisten" (sic; bislang nur Männer..) gehabt, dass ich eine Selbstbezeichung nicht automatisch identisch mit meiner eigenen setze. In den mir bislang bekannten Fällen findet Anarchie dann doch nur hinterm Schreibtisch, in den Büchern, in der Theorie statt und wenns dann um solidarisch-wertschätzenden Umgang geht: Pustekuchen.

Und bei poly* nehme ich schonmal gar nicht an, dass wir automatisch auf einer Welle schwimmen. Da werden in so verdammt vielen Ansätzen so verdammt viele Macht- und Herrschaftsmechanismen reproduziert, das gebe ich mir dann in der Praxis ganz sicher nicht.
Für mich, ganz subjektiv, ist in meinem Verständnis poly* ausgeschlossen, wenn zwei Personen im Beziehungsnetz heiraten. Dann wird eine bürokratisch-staatlich subventionierte Hierarchie ins Netz geholt, die (ganz nebenbei und möglicherweise nicht reflektiert/beabsichtigt) allen nicht-hetero-Verbindungen einen dicken Mittelfinger zeigt.
*******ara Frau
1.303 Beiträge
Es gibt bestimmt Mitglieder,die wohl eher teil des Problems und nicht der Lösung sind

*top*!

Für mich, ganz subjektiv, ist in meinem Verständnis poly* ausgeschlossen, wenn zwei Personen im Beziehungsnetz heiraten. Dann wird eine bürokratisch-staatlich subventionierte Hierarchie ins Netz geholt, die (ganz nebenbei und möglicherweise nicht reflektiert/beabsichtigt) allen nicht-hetero-Verbindungen einen dicken Mittelfinger zeigt.

Kann so sein, muss es aber nicht! Vielleicht ist die Entscheidung von ganz rationalen Erwägungen wie Sorgerecht für Kinder (heute wohl nicht mehr sooo dringlich), Erbberechtigung (zB ein gemeinsames Haus) oder ganz banalen finanziellen Vorteilen getragen.

So lange es zB die Splittingtabelle gibt - warum den Vorteil nicht nutzen, nur um ein politisches Statement zu setzen?
Ja
Und
um sich selbst ernster zu nehmen
******cea
67 Beiträge
Themenersteller 
*******ara:
Kann so sein, muss es aber nicht! Vielleicht ist die Entscheidung von ganz rationalen Erwägungen wie Sorgerecht für Kinder (heute wohl nicht mehr sooo dringlich), Erbberechtigung (zB ein gemeinsames Haus) oder ganz banalen finanziellen Vorteilen getragen.

So lange es zB die Splittingtabelle gibt - warum den Vorteil nicht nutzen, nur um ein politisches Statement zu setzen?
Ganz einfache Antwort: Um ein politisches Statement zu setzen.

Genau das ist der Punkt: Sich als Hetero-Paar durch einen Eheschließung die staatlich legitimierten Vorteile verschaffen, die andere in der Gesellschaft nicht haben. Ich kenne die Ehe-Vorteile, ich kenne auch die Argumente. Für mich ziehen die aber nunmal nicht - ganz besonders nicht vor dem Hintergrund der Beziehungsanarchie als L(i)ebensweise. Das könnte auch daran liegen, dass ich mich noch nie der Heterowelt zugehörig gefühlt habe und es für mich schon immer ein Geschmäckle hatte, die Privilegien unhinterfragt zu leben oder sie zu rechtfertigen mit einem "das gibts nun mal". Warum gibt es die denn?
"Wer kann sich ohne Angst auf der Straße küssen?" läuft für mich ebenso unter strukturellem Heterosexismus wie "Wer darf die Ehe (mit allen Vorteilen) eingehen?" -- mal ganz abgesehen davon, was ich von der Ehe als Institution an sich halte.

Das genau meinte ich: Ich war mir höchst sicher, dass das eine Kontroverse aufmacht. Deshalb auch der Zusatz "Für mich, ganz subjektiv" - das ist kein so daher gesagtes Pamphlet. Ich hab mich damit auseinandergesetzt und keine der altbekannten Argumente werden mich (ganz persönlich, subjektiv) überzeugen, dass Ehe und poly*/BA zusammenpassen. Wenn andere das leben können, ist mir das recht - ich werde mich aber eben nie auf verheiratete Menschen einlassen. (Und auch bei verpartnerten ist das eher fraglich, aber das ist eine andere Ebene der Diskussion.)
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