Die Kleinfamilie
ist gar nicht so "klassisch", wie es den Anschein hat. In früheren Jahrhunderten lebte man in größeren Einheiten. Da war nicht die Mama mit den Kleinen alleine in einer Vorortsiedlung und wartete, bis Papa heim kam ... da arbeiteten alle Erwachsenen auf dem Feld oder im Handwerksbetrieb und die, die nicht mehr arbeiten konnten, beaufsichtigten die Kinder.
In Aldous Huxley's Roma "Island" wird eine Gesellschaft beschrieben, in der die Kinder nicht unbedingt mit ihren genetischen Eltern zusammen bleiben mussten. Sie gehörten zu einer Gruppe von Familien und wenn es bei ihnen Probleme gab (z.B. weil die Eltern eine Krise hatten), dann konnten sie auch "auswandern" und in einer anderen Familie leben. Mit allen Rechten und Pflichten, die Erwachsenen dort behandelten sie wie ihre eigenen Kinder
Der Gedanke war, dass all die psychischen Störungen, die in gestörten Familien auftauchen können, zu vermeiden sind, wenn man nicht so auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen ist.
Und in der Realität gibt es das ja schon z.B. in WGs, wo sich alle Erwachsenen um die Kids kümmern, wenn nötig. Wenn ein Kind aus seiner Familie in eine Pflegefamilie gebracht werden muss, dann geschieht ja auch nichts anderes.
Meine Erfahrungen mit meinem eigenen Kind sind, dass es ihm gut tat, alternative Formen des Lebens kennen zu lernen. So verbrachte er, das Einzelkind, gerne eine Woche bei seinem Freund (vier Kinder) und der kam dann eine Woche zu uns uns freute sich über die Ruhe. Er war mit Jugendgruppen unterwegs, guckte sich die Ehe meines schwulen Cousins an ... und als er in der Pubertät mit seinem Vater dauernd in Konflikte geriet, suchte er sich andere männliche Vorbilder (und das sehr weise). Er weiß, wo er herkommt, wer seine Eltern sind und Großeltern, kennt die Familiengeschichten, war sehr berührt, als er mit 24 ein Foto meines Vaters im selben Alter sah und eine verblüffende Ähnlichkeit festzustellen war ... aber seine Persönlichkeit wurde auch durch die anderen Erfahrungen geprägt. Und so finde ich es auch richtig.