Eifersucht und Selbstliebe

Eine bekannte moralische Vorschrift, an der ich allerdings schon länger zweifele. Der Selbstmordattentäter liebt die (buchstäblich ) Nächsten auch wie sich selbst - aber das führt hier nicht zu einer besseren Welt...


Bei solchen Sätzen komme ich immer ins Grübeln. Denkt ihr denn alle, dass ihr euch selbst mehr liebt, als alle anderen?


Gruß
Stefan

Und wo ich schon am Schreiben bin eine vielleicht banale, sprachliche Frage: Auf wen ist man denn eigentlich in einer Dreierkonstellation eifersüchtig: Auf die PartnerIn oder den DritteN? Irgendwie habe ich das nie klar gekriegt.


Gruß
Stefan

Diese Denkweise finde ich für die Beziehungsanarchie doch i.O.

Wichtige Werte sind für Beziehungsanarchisten vor allem Ehrlichkeit und Respekt und Vertrauen.
Wenn diese Werte von allen Beteiligten gelebt werden, gibt es wenig Gründe für Eifersucht.

LG
Joe

Ich finde die Eifersucht an sich zwar nicht direkt "fehl am Platz" in einer Beziehung … aber im Unterschied zu anderen Gefühlen sagt sie mir "da stimmt was nicht, sieh mal genauer hin und überlege dir, was eigentlich los ist".

Ist für mich eine gruselige Vorstellung.

Egal, ob Eifersucht bei mir aufkommt oder eine Lebenspartnerin / Geliebte Eifersucht verspürt. In beiden Fällen möchte ich alles dafür tun, die Ursachen bzw. Auslöser dieser Eifersucht zu beseitigen (wenn ich es kann, ohne mich selbst zu leugnen).

Eifersucht lässt einen nur leiden. Es ist ein ungutes Gefühl und ich mag es nicht.
Das hat wohl viel mit Vertrauen zu tun .
Seltsamerweise bin ich nicht eifersüchtig, wenn ich weiss was vor sich geht oder ich dabei bin.

Eifersucht in der Beziehungsanarchie--da könnte man nun geteilter Meinung
sein--für mich pers. eigentlich ein "no-go".

Gefühle von Eifersucht oder auch Neid (geht für mich in die gleiche Richtung) würde ich selber nicht in den Kontext von Liebe bringen.

Ich kann da aber auch nicht gut mit umgehen wenn jemand auf etwas eifersüchtig ist. Ich frage mich dann zwar was der Person in Wirklichkeit fehlen mag, habe aber das Gefühl dass ich da nicht helfen kann.

Geht das überhaupt? Für jemand anderen die Ursache der Eifersucht zu beseitigen?

Wenn ich selbst Teil der Ursache bin (oder besser: des Auslösers, die Ursache liegt ja eher in der eifersüchtigen Person selbst bzw. in ihren früheren Erfahrungen oder auch ihrer Erziehung), dann kann ich da schon helfen.

Ich kann auch helfen, das (Selbst-)Vertrauen zu stärken - dann arbeite ich direkt an einer Ursache für die Eifersucht.

Wenn ich jemanden liebe, möchte ich besonders, dass es diesem Menschen gut geht, dass er/sie glücklich ist. Die meisten Menschen sind mit Eifersucht nicht glücklich, also bin ich bestrebt, bei der Verarbeitung und auch Vermeidung von Eifersucht zu helfen.

Da müsste mir schon eine Geliebte ehrlich ins Gesicht sagen: "Ich mag es, wenn ich auf dich oder andere Geliebte eifersüchtig sein kann.", um mich davon abzuhalten, Eifersuchtsauslöser zu vermeiden. Allerdings würde mich so eine Situation auch ins Grübeln bringen ...

Das hört sich ja ideal an.

In allen Situationen die mir gerade so einfallen wurde ich beschimpft und ich sollte verstehen dass ich mich falsch verhalte. Das ich, wenn ich wirklich liebte, mich gar nicht so verhalten würde. Im besten Fall wurde mehr oder weniger stillschweigend erwartet dass ich mich bessere und mein "Fehlverhalten" durch noch besseres Verhalten wieder gut mache.

Außerdem kommt regelmäßig dazu dass bei Eifersucht, nachdem schon darüber gesprochen wurde, extreme (mir kommt es so vor) Ausmaße an Selbstzweifeln auftreten. Zum Beispiel: Ich bin dir nicht gut genug, ich befriedige dich nicht, mein Schwanz ist zu klein, du willst mich loswerden... bis hin zu den quälenden Fragen ob und was am anderen besser ist

Alle meine Versuche das aus dem Weg zu räumen sind bisher gescheitert, deshalb meine Frage ob man da überhaupt noch helfen kann.

Meine Erfahrung: Nein.

Der Grund ist einfach: solche Aussagen gründen sich auf mangelndes Selbstbewusstsein. Das muss schon dem Wortsinn nach aus einem selbst kommen, das kann ich dem Partner nicht geben. Schon gar nicht in einer Situation, in der ich aufgrund meiner Zweitbeziehung gefühlt Teil des Problems bin und nicht der Lösung.

Genau da is wieder der Knackpunkt. Selbstbewusstsein, bzw. SelbstWERTgefühl. Diese innere Grundstimmung, die immer wieder nach außen projiziert und von anderen abhängig gemacht wird. Weil man es so "gelernt", bzw. erlebt, erfahren, vorgelebt gekriegt hat.

Die Aussage von Sonnenstrahl kenne ich so auch: "WENN Du mich WIRKLICH lieben würdest, DANN ... ABER Du WEISST ja gar nicht was ECHTE Liebe ist."

Eifersucht als Resultat einer Bedingung, die man an jemanden stellt, der diese nicht erfüllt ?

Nach schmerzlichen Erfahrungen habe ich dem Ganzen den Begriff „DU-Syndrom“ gegeben („Du bist, Du denkst, Du glaubst, Du hast, Du willst...“. Woher will die mir nahestehendste Person eigentlich, besser als ich selbst, wissen, wie es in mir aussieht? Als Harmoniejunkie habe ich es (zu) lange mitgemacht. Für mich ein Faß ohne Boden.

Wie schon vorher gesagt wurde sehe auch ich den Anlass im Selbstbewusstsein des "DU-Syndromaten". Allerdings als - naja, sagen wir-, „Defizit“ im Bewusstsein. Warum?

Es ist sehr angenehm alle Widrigkeiten Anderen zuzuschieben. Weil ich die Auseinandersetzung mit mir selbst ausblende. Und mit dem einblenden fängt -in meinen Augen- die Arbeit an. Die mir niemand abnehmen kann. Für die ich eine respektierte, vertrauensvolle und starke Partnerin zur Reflektion brauche.

Meine Meinung:
So lange er nicht begreift, daß er selbst für seine Gefühle verantwortlich ist, hast Du schlechte Karten. Ist der Spiegel verantwortlich, wenn ich einen Pickel sehe?

Das ist ein interessanter Punkt. Offenbar werden diese eifersuchtauslösenden Selbstzweifel (fast) ausschließlich durch Gefühl sexueller Unzulänglichkeit hervorgerufen. Wer würde schon ernsthaft Selbstzweifel bekommen, weil der Partner mit dem besten Freund oder der besten Freundin etwas teilt, wozu man selbst keinen Zugang hat? Natürlich mag es das Gefühl geben, dass der Partner (subjektiv) zu viel Zeit mit der besten Freundin verbringt und man selbst zu kurz kommt. Aber deshalb gerät so schnell niemand in Selbstzweifel (glaub ich zumindest). Nein, bei Eifersucht geht es um sexuelle Selbstzweifel.

Das bestärkt mich in der These, dass Eifersucht a) mit der immer noch weit verbreiteten Tabuisierung von Sex und b) mit der antiquierten Vorstellung sexueller Leistungsfähigkeit zu tun hat. Ich hab es an anderer Stelle ja schon gesagt, Eifersucht ist für mich in erster Linie ein kulturelles Artefakt. Eifersucht dient dem Schutz der monogamen Lebensweise gegenüber promiskuitiven Angriffen von außen.

Habt ihr schon einmal Erfahrungen mit der Verführbarkeit von Menschen gemacht, die für sich selbst das "Recht auf Eifersucht" in Anspruch nehmen? Ulkig!

... auf jeden Fall eine reizvolle Herausforderung. Sind die Dämme erst gebrochen, gibt es kein Halten mehr: "Also, wenn mein Freund so etwas machen würde... Verdammt, mach weiter!"

Das kenne ich anders. Meine bisherigen Eifersuchtsanfälle hatten nichts mit Sex zu tun, sondern alle mit "meine Frau/Freundin macht X mit dem Y statt mit mir, obwohl sie genau weiß, dass ich X gerne tue und das mit ihr teilen möchte". Ohne vorher mit mir zu reden, wieso sie dafür den Y nimmt statt mich, wohlgemerkt.

Auch bei dem Beispiel frage ich mich: ist das Eifersucht? Oder Verlustangst kombiniert mit Neid?

Oder ist Eifersucht eigentlich eher eine Bezeichnung für ein solches Mischgefühl?

Eifersucht hat mehrere Aspekte/Ursprünge, wie schon am Anfang des Threads beschrieben...
Neid, Missgunst, Verlustangst und Unsicherheit (seiner und des anderen selbst !)
Ob es jetzt ein Mischgefühl ist, würde ich aus dieser Warte verneinen !?

Ich beleuchte dieses Thema auch mitnichten nur auf sexuelle Ebene, es (kann) jede Lebenssituation tangieren/befallen...

Auch halte ich viele Idealvorstellungen, die hier propagiert werden für Wunschdenken, denn, nicht jeder kann sich gut ausdrücken und sich dem anderen in "ich-Botschaften" mitteilen...dies ist aber IMMER zwingend erforderlich !

Ps: ich bin dieser Gruppe beispielsweise auch beigetreten, weil ich NICHT Polyamore bin, sondern weil ich, WENN ich in eine Beziehung treten würde, nicht an die "Allmacht" einer Person, in sämtlichen Facetten, meiner breit gestreuten Interessen glaube ...und das, nicht nur beim Sex, aber vllt. in Verbindung

...frage ich mich, wenn mal etwas von diesem Gefühl aufkommt. Weil der Mensch der mir viel bedeutet gerade mit wem anderen Zeit verbringt? Nein, mache ich ja im Gegenzug auch. Angst jemanden zu verlieren weil der andere besser oder toller sein könnte? Mag sein, aber auch dann bringt mir die Eifersucht nichts, außer ein scheiß Gefühl in der Magengegend. Vllt ist das eine zu Rationale weise das zu sehen, aber seitdem ich das verinnerlicht habe, werde ich nur noch eifersüchtig wenn ich in einer Beziehung bin und da etwas abläuft was nicht abgesprochen war und persönliche Grenzen überschritten werden.
Und nein, ich glaube nicht das Eifersucht ein eher weibliches Problem ist, kenne da genug Typen die schon ausrasten wenn man nur sagt das ihre Freundin heute aber gut ausschaut.

Im Konzept der "Gewaltfreien Kommunikation" (Marshal Rosenberg, einigen von Euch sicherlich ein Begriff) wird Eifersucht nicht als reines Gefühl betrachtet, sondern immer als Mischgefühl, z.B. aus Angst, Neid, Unsicherheit, etc.

...aber ist ja auch "nur" die Meinung, eines denkenden Menschens !

Ich denke es tatsächlich nicht...

DarkVeritas

...aber genau hier wird's doch erst spannend !?