Und noch was - diesmal ernsthafter
Es hat seinen guten Grund, warum man bei Bikertreffs und in der Szene allgemein ein relativ niedriges Niveau von Speisen und Getränken geradezu kultiviert: billig, einfach, anspruchslos.
Der Grund ist der Egalitäre: Motorradfahrer rekrutieren sich aus den unterschiedlichsten Schichten. Hier kenne ich mich nicht so aus - aber in meinem Markenforum, in dem ich inzwischen sehr viele persönlich kenne, haben wir alles: vom Millionär mit Villa am Zürchsee bis zum Hartz IV-Empfänger, für den wir gesammelt haben, als sein Getriebe den Abgang gemacht hat; von der teilzeitbeschäftigten Hausfrau und Mutti bis zum 70h-Karrieretyp. Wenn bei uns ein Treffen veranstaltet wird - egal ob die Jahreshauptversammlung, oder auch kleinere, regionale Treffen, dann sollen sie offen sein für jeden: jeder soll es sich leisten können - und auch für die Veranstalter soll die Latte so niedrig wie möglich liegen, damit es leichter fällt, so ein Treffen überhaupt auszurichten.
Bier & Bratwurst ranzukarren, zuzubereiten und rüberzureichen ist nun mal billig, einfach und schnell - und mindestens 90% aller, die da kommen, sind damit auch zufrieden.
Mit Sicherheit gibt es etliche, die zu diesen Treffen fahren, die bei diesen Treffen die einzige Bratwurst des Jahres essen, und zuhause auch kein Bier trinken. Aber wenn es nicht darum geht, kulinarische Highlights zu erleben, und ernährungsphysiologisch korrekte und nachhaltige Ernährung zu praktizieren, sondern sich mit Leuten zu treffen, die kraft gemeinsamer Motorradleidenschaft zusammengefunden haben - dann stellt sich auch derjenige, der ansonsten einen leckeren Salat geniesst und dazu einen k.b.A-Wein süffelt, nun mal mit Bier und Bratwurst zu allen anderen mit Bier und Bratwurst. Man trägt Leder oder Plastik statt Jute, ist ungeduscht, und stinkt nach Benzin und Schweiß. Weil: ein Motorradtreffen ist normalerweise kein Swingertreffen, und wenn man doch vom sexten Sinn eingeholt wird, ja mein Gott - dann duscht man halt irgendwo vorher, oder hüpft zünftig in einen zu diesem Zweck meistens treffensnah angebrachten See zusammen. Wenns überhaupt sein muß. Weil: wenn alle nach Benzin und Schweiss riechen, stört es irgendwann auch nicht mehr.
Natürlich stimmt das alles nur bei Treffen - aber auch "sonst" ist diese Sitte "proletarischer" Ernährung irgendwie auch ein Symbol für diese Gleichheit unter Kumpels.
Und was das Rauchen anbetrifft: in meinem Markenforum haben wir eine "Frauenbeauftragte" - sie ist Moderatorin (eine von nur 2 unter dem Websi), und eine strikte Nichtraucherin. Ich hab sie 2x zuhause besucht, und mußte zum quarzen immer schön brav vor die Haustür. Macht mir nix aus - ich bin kein Kettenraucher.
Aber wenn sie aufs Treffen fährt, dann trinkt sie Bier, ißt Bratwurst - und raucht ! Weil: "Helden und Nichtraucher - welch ein Gegensatz!" (Peter Bamm)
Wenn man Wert darauf legt, auch unter freiem Himmel nicht vom ekelerregenden Anblick von Nikotinsüchtigen belästigt zu werden, den furchtbar popeligen Geruch von Bier nicht ertragen kann, und es sozialethisch verantwortungslos findet, wie man Leichenteile und Operationsabfälle in sich hineinstopfen kann, und eine unter verkehrsökologischen Gesichtspunkten geplante und in bewußter Verantwortung für die künftigen Generationen durchgeführte, natürlich strengstens StVO-konforme Motorradtour im vegetarischen Restaurant "La carrotte" bei Sellerie-Zucchini-consommé, Auberginenmousse mit Cashew-Curry-Sahne und Heidelbeer-Mango-Flan ausklingen lassen will - dann kann man das zwar so halten und findet mit Sicherheit auch irgendwann mal Gleichgesinnte, nix dagegen, jedem Tierchen sein Plaisierchen - aber man muß sich darüber im klaren sein, daß einem ein ganz wesentlicher Bestandteil dessen, was die Faszination am Motorradfahren ausmacht - auf ewig und immer verschlossen bleiben wird.
Gruß vom
Nacktzeiger