Alteisen
Tach !
Alte Eisen müssen nicht unbedingt schlechtere Motorräder sein, als aktuelle Modelle - nicht selten sind sie sogar wesentlich robuster.
Meine blauweisse Marke leidet unter einem solchen Problem, am heftigsten meiner Kenntnis nach bei ihrem super-duper-top-Erfolgsmodel R 1200 GS. Da brechen manchmal die Rahmen teilweise noch während der Garantiezeit, die Serienstreuung ist so groß geworden, daß man, wenn man Pech hat, richtig doll in die Scheisse greift, weil das Gerät selbst, seine Ersatzteile und Werkstattpreise auch richtig Schotter kosten.
Auch die technischen Neuerungen sind nicht unbedingt immer von Vorteil, weil sie das "System Motorrad" immer komplizierter machen, zu Deutsch: fehleranfälliger. Die Vorzüge von neueren Maschinen im fahrerischen Bereich hmja ... da ist immer das Problem, Fahrer online einzuschätzen ... aber ich wills mal so sagen: um die Verbesserungen am Fahrwerk seit den 90er Jahren tatsächlich im Alltagsbetrieb zu registrieren, und einen wirklichen Vorteil davon zu haben, da muß man schon ganz schön flott unterwegs sein. Ähnlich verhält es sich mit der absurden PSomanie, die im wesentlichen auf eine Kundschaft abzielt, die schon als Kids ganze Sommerferien mit Quartettspielen verbracht hat: wer die meisten Zylinder hat, die höchste Leistung, die größte Vmax - der gewinnt. Diese Vorschulweisheit lässt sich allerdings leider nur bedingt auf die Strasse übertragen.
Die wirklich sicherheitsrelevanten Verbesserungen wie ABS gibt es schon viel länger.
Der einzige wirkliche Nachteil des Alteisens ist häufig das Imitsch. Motorradfahren und Motorradszene hat nun mal eben auch viel mit Imitsch zu tun - mit Selbstinszenierung und Selbstdarstellung.
Klar haben ältere Motorräder ihre Wehwechen. Das Material altert, und gelegentlich geht was kaputt. Nur bei den neuen geht genausoviel kaputt, weil ihre Fertigungsqualität geringer geworden ist von wegen der Globalisierung und der shareholder value und Ignacio Lopez und der Finanzkrise und überhaupt. Auch stehen irgendwann große Reparaturen an: Fahrwerk und Kupplung sind nun mal normalerweise keine "Lebensdauerteile", und gerade bei den Kardan-BMW kann die Kupplung in der Werkstatt locker 2 große Scheine kosten. Irgendwo um die 100.000 km ist sie irgendwann fällig.
Man kann sich nur auf eine Art dagegen schützen: durch regelmässige gute Wartung, daß, was die Schrauber "Inspektionstechnik" nennen. Da liegt öfters der Hase im Pfeffer, als man denkt. Die Schrauber werden oft nur aktiv, wenn ein Fehler eine Funktionsstörung verursacht, und wenn man es nicht kann, macht man oft mehr kaputt beim reparieren, als vorher schon kaputt war. Wenn ich in einem Motorradforum lese, daß einer wissen will, wie er den Bremssattel runterkriegt oder wieder drauf - dann kriege ich schon immer eine leichte Krise: da wagt sich einer an sicherheitsrelevante Technik, die er nicht beherrscht. Aber bei den Werkstätten ist es auch oft nicht viel besser - auch da wird manchmal gepfutscht, was das Zeug hält. Wenn man es nicht selbst kann, braucht man eine guten zuverlässige Werkstatt oder einen guten zuverlässigen Hobbyschrauber. Die muß man suchen, finden, und dann auch ordentlich bezahlen. Daß es gute Arbeit für lau oder billich gäbe, ist ein Irrtum, und Geiz ist nicht geil, sondern, wenn es um die Motorradwartung geht, lebensgefährlich.
Last not least: mit den bikes isses nicht anders als mit den Dosen: in den ersten 2-3 Jahren ist der Wertverlust am brutalsten - die berühmte "Badewanne". Dann kommt eine Zeit mehr oder weniger stabilen Wertes auf mehr oder weniger niedrigem Niveau, bevor es irgendwann noch mal den richtigen Absturz gibt, und sich Schrottwert mit den Entsorgungskosten gerade noch so die Waage halten. Ausgenommen sind stehts natürlich die liebevoll gepflegten Teile derjenigen, die mehr Motorradbesitzer, als Motorradfahrer sind, und die ihr Gerät auch noch nach 20 Jahren im Auslieferungszustand halten: wie frisch aus dem showroom gerollt sehen sie aus - und haben auch häufig ihren Neupreis schon wieder erreicht oder gar überschritten, wenn sie erstmal bei der Redaktion von "Classic Motorrad" oder wie das Teil nochmal heißt, angekommen sind. Zu Deutsch: wenn man "bikers value" betrachtet, dann ist der Neukäufer ebenso wie der Neukäufer der Dose eigentlich der gearschte. Er verbrennt buchstäblich Geld, nämlich salopp gesagt: die Hälfte des Neupreises in den ersten 3 Jahren.
Gruß vom
Nacktzeiger