Mir persönlich - isses eigentlich egal
Buell - das war bis vor ein paar Tagen eine von jenen Marken, die man weitaus öfters in der Motorradpresse gesehen hat, als auf der Landstrasse. Selbst an den Treffs, die als etwas "Milwaukee-lastig" gelten, sieht man sie nur selten. Ihr Charme war es wohl gewesen, diese brachialen V2s von Harley in halbwegs fahrbare Rahmen zu hängen: good vibrations, days of thunder, easy rider - aber trotzdem keinen Gabelstabler zu brauchen, um den Eisenhaufen um die Kurve zu kriegen, diese Idee hatte schon was, hat auch mir gefallen.
Allerdings nur theoretisch - praktisch kriegen mich auf sone "Bjuhl" keine 10 Pferde drauf, noch nicht mal mit den 100 Pferden zusammen, die da an der Motorausgangswelle drücken. Da hat es auch ausgereicht, zu lesen, was in der Motorradpresse stand: ein bike "mit Charakter" - und da hab ich eigentlich noch nie was für über gehabt. Mir isses lieber, daß Motorrad lässt sich gut fahren und ist zuverlässig. "Charakter", das hat für mich heute noch den Klang, daß man sich Konstruktionsfehler schön redet. Es braucht halt einen ganzen Kerl, um ein "Charakter-bike" fahren zu können. Es will "beherrscht" sein. Naja ... wem's Spaß macht, warum nicht ? Ist halt ne andere Welt.
In unserer kleinen Stadt hat man immer nur eine einzige Buell wahrgenommen, so eine XB irgendwas. Der Typ ist immer nur hier in der Umgebung herumgefahren - herumgebollert. Irgendwas hatter garantiert am Auspuff gefrickelt - wenn man Benzin im Blut hat, war der Sound wirklich cool, ansonsten ne krasse Lärmbelästigung. Irgendwann war das Teil dann weg vom Fenster, und später hörte ich dann, daß er sich am "Rohrer Berg" abgelegt hat. Das ist eine eckelige Strecke, mit heimtückischen Kurven, wo man langsam machen sollte. Die Buell jedenfalls ging in den Acker oder den Wald ... keine Ahnung, wieviel von ihr überlebt hat. Der Fahrer soll unverletzt geblieben sein. Wenigstens etwas.
Und dann war da mal eine Begegnung im Südschwarzwald, am Stammtisch der Bikerkneipe. Da war so ein Paar ... sagen wir mal, hier im JC wären se in der "Exklusiv-Gruppe für Paare mit extra Niveau" (oder würden so eine aufmachen). Sie waren schon überall, kannten alles, hatten alles, und in ihrer Garage standen 5 - in Worten: fünef - Motorräder und eine davon - Pause, Zeigefinger - ist sogar eine Bjuhl. Aha. Selbstverständlich warense nicht mit der Buell im Schwarzwald, um Gottes Willen, da habense die TDM genommen. Große Tour mit der Buell ? Fehlanzeige.
Nur zum rumbollern rund um die Hausstrecke taugen diese Dinger - diesen Eindruck ist "Buell" für mich niemals losgeworden. Erst in den letzten Jahren hat Eric Buell mal ein paar zögernde Versuche gemacht, sein puristisches Konzept zu Motorrädern zu entwickeln, die auch zu mehr tauglich sind. Mit der "Ulysses" steckte man frech das Feldzeichen im BMW-County der Großenduros auf, eine verkleidete, rennstreckentaugliche Sportvariante, der sogar Kult-Zeichner Holger Aue die Ehre gegeben hatte, folgte. Doch es war wohl zu spät geworden.
War die Firma Buell jemals wirklich profitabel ? Ist sie von ihrer "Mutter" aus Milwaukee ausgezuzzelt worden, wie eine Weißwurstpelle, und dann weggeworfen worden ? Das Schicksal von MZ lässt grüssen - aber Harley-Davidson ist nicht Hong Leong, und die Maschinen von Eric Buell waren stets auf dem Markt weitaus willkommener wie die MZ von Dr. Christoph Baumgärtner und Jens vom Brauck - obschon mir persönlich deren Kreationen sogar ganz gut gefielen, im Gegensatz zur US-Ware waren es durch und durch "europäische" Motorräder.
Ich vermute: Buell war der Versuch von HD, aus dem Ghetto der Easy-Rider-Cruiser auszubrechen, und sich neue Kundenkreise zu erschließen. Dieses HD-Ghetto ist zwar ein recht großzügiges Ghetto - aber auf einem Bein stehts sich nun mal schlecht. KTM hats vorgemacht, wie man sich aus dieser Einseitigkeit befreit, und der weißblaue Branchenprimus demonstriert in den letzten Jahren immer wieder fulminant, wie man auch auf einem schrumpfenden Markt immer wieder zulegen kann: eine gutlaufende Innovation folgt der nächsten. Also wolltense das in Milwaukee auch so machen - und sind dabei baden gegangen, haben offen oder verdeckt "zugesetzt", und irgendwann die Reißleine gezogen. Es reicht eben nicht, gute Motorräder zu bauen - wenn sie am Markt vorbeigebaut werden. BMW hat mit seinem Boxer-Cruiser ja auch so eine Pleite hingelegt - aber das war nur ein geflopptes Modell, das man schnell wieder hat auslaufen lassen - der Branchenprimus kann sich solche Spielchen eher mal erlauben, zumal er mit der K 1200 LT sogar schon mal den eingefleischten Goldwingern die Zähne gezeigt hatte. Das Teil lief überraschend gut ... HD hat es versucht, über viele Jahre, ganze Jahrzehnte hinweg - und irgendwann wird halt Schluß gemacht.
Ob das wirklich Anlass zur Trauer ist ? Für die kleine Schar der Buell-Fahrer mit Sicherheit, sie werden sich so einige Gedanken über die Ersatzteilversorgung machen müssen.
Ansonsten glaube ich: es ist so, wie es mit den Buells war, als sie noch fröhlich produziert wurden: in der Motorradpresse wird die Bedeutung der Marke weit übertrieben - wenn man es mit dem Strassenbild vergleicht. Zumindest hier in Deutschland.
Gruß
Nacktzeiger