Zitat von *********rgara:
„Ganz oft aber bin ich auch wütend geworden in der Annahme , jemand wolle mir schaden oder sei zumindest gleichgültig gegenüber den Folgen für mich und bei näherem Hinsehen stellte sich heraus, dass seine Motivation Angst oder Selbstschutz war.
Bei der Beschreibung muss ich ad hoc an mangelnde Abstimmungsprozesse denken, die zu Schaden führen.
Zum Beispiel das klassische "Ich wollte Dir doch nur helfen."
Meine Eltern und ich haben diesbezüglich eine Entwicklung durchlaufen.
Als ich ein Kind war, kannte ich die Welt noch nicht, hatte viele Fähigkeiten noch nicht entwickelt, meine Eltern wussten und konnten so vieles so viel besser als ich. Selbstverständlich haben sie da oft für mich entschieden, welche Hilfestellung gut für mich sei und mir Anleitung gegeben. Nach besten Wissen und Gewissen. Oft lagen sie mit ihrer Einschätzung auch richtig. Manchmal so völlig daneben. Insgesamt haben sie ihre Sache gut gemacht.
Untereinander haben sich meine Eltern aber abgestimmt. Haben sich gegenseitig gefragt, wie sie einander helfen können bzw. wie sie beim Teamwork die Aufgaben verteilen und Hand in Hand arbeiten können.
Wenn nicht, war die "Hilfestellung" schon mal kontraproduktiv, die beiden haben unwissentlich gegeneinander gearbeitet, die Sache lief schief und dann war der Schaden da. Das gab dann Wut und Streit. Und es endete oftmals damit, dass der eigenmächtig Handelnde anerkannte, dass er/ sie der/ dem Partner(in) unabsichtlich Schaden oder Schmerzen verursacht hatte und sich dafür entschuldigte. Manchmal hatten es auch beide versäumt, sich abzustimmen. Gute Absichten hin oder her: Er/ sie hätte zum Zeitpunkt XY fragen und sich abstimmen können. Dann wäre die Sache gut gelaufen. Dann wäre gar kein Schaden entstanden und der/ die Partnerin wäre froh und dankbar über die Hilfsbereitschaft gewesen. So würden sie das in Zukunft handhaben.
Im Laufe der Jahre liefen die Abstimmungsprozesse zwischen meinen Eltern immer besser.
Einerseits, weil beide in solchen Situationen immer seltener eigenmächtig handelten und sich mit dem/ der Partner(in) abstimmten, bevor sie irgendwie zur Tat schritten.
Andererseits, waren sie in immer mehr Bereichen ein gut eingespieltes Team geworden.
Während meiner Pubertät und im jungen Erwachsenenalter gab es dann zahlreiche Konflikte zwischen mir und meinen Eltern. So nach und nach waren meine Eltern dann auch in immer mehr Lebensbereichen bereit, sich mit mir abzustimmen. Also mir die Entscheidung zu überlassen, wie ich etwas angehen will. Ob ich die Hilfestellung, die ich mir von ihnen wünschte bekommen konnte, stand auf einem anderen Blatt.
Schließlich war ich eines Tages erwachsen. Um Hilfe bitten kann ich immer. Aber ich habe keinen Anspruch auf Hilfestellung XY, welchen ich irgendwie geltend machen könne. Vice versa.
Seit etlichen Jahren pflegen wir bzgl. gegenseitiger Hilfe den Umgang unter gleichberechtigten Erwachsenen.
Aber mit den Männern, die ich im Laufe meines Lebens kennenlernte, war das so eine Sache.
Viele hatten bzgl. "Hilfe & Unterstützung" keine Eltern, die Wert auf eine gleichberechtigte Partnerschaft legten. Da gab es kein Vorbild, wie so ein Abstimmungsprozess überhaupt laufen könne...
Nun wollte die Mehrheit dieser Männer eine gleichberechtigte Partnerschaft führen. Die träumten auch von gegenseitiger Hilfe und Unterstützung innerhalb einer Partnerschaft. Doch sie hatten von Haus aus ein ganz anderes Verhaltensmuster in Punkto "Frauen helfen/ unterstützen" laufen als bei ihren männlichen Freunden, Vereinskammeraden oder Kollegen.
Und dieses Verhalten gegenüber Frauen zeigte sich bei einigen nicht nur in sexuellen Beziehungen sondern auch in platonischen Freundschaften mit Frauen. Zum Teil legten sogar völlig fremde Männer dieses Verhalten an den Tag und griffen irgendwo ungefragt ein.
So als wäre ein "Ich habe gute Absichten. Ich will ihr helfen", die General-Ausrede um darüber zu bestimmen, wie eine Frau - wie ich - mein Leben zu führen habe!
Also um sich ungefragt in meine Angelegenheiten einzumischen und irgendeinen Scheiß zu veranstalten!
Das ist doch die reinste Ego-Masche: "Schaut her, ich bin ein Mann! Meine Problemlösestrategien sind die Besten! Applaus bitte."
Oftmals war noch nicht einmal die Zielsetzung eindeutig geklärt.
Und eine Zurückweisung kontraproduktiver Hilfe von Seiten der Frau wirkte wie eine persönliche Kränkung. Großes Drama!
Gegenüber fremden Männern oder männlichen Freunden macht sowas kaum einer. Warum wohl?
Früher schon, in meiner Kindheit hatte ich ein Jungs-Rudel. Das ging mir durch unseren Umzug flöten. Da war ich 8. Doch im späten Teenageralter bin ich aufgrund diverser Hobbies wieder in einen rein männlichen Freundeskreis hinein gerutscht. Die ersten sieben Jahren war ich das einzige Mädel der Truppe.
Meine emotionale Reaktion auf das oben geschilderte Verhalten ist nun mal das, was unter Jungs/ Männern völlig normal ist. Die sind bei kontraproduktiver Hilfe verärgert bis leicht wütend. Die Verärgerung war früher auch nie besonders groß. Da störte, nervte etwas und das wurde zum Ausdruck gebracht. Die Zurückweisung ist meist kurz und knapp: "Nein!" oder "Lass das!" oder "Hör auf!" Damit ist klar: "OK, damit brauch ich dem nicht zu kommen." Mehr passiert da in der Regel nicht.
Wenn ein Kumpel bei seinem Problem eine andere Problemlösestrategie fahren will, ist das eben so. Ist ja sein Problem. Da wird nicht viel geredet oder diskutiert. Nach dem Stopp der Hilfestellung XY oder Zurückweisung der Idee XY wird sich früher oder später zeigen, wo und wie man mitanpacken bzw. helfen kann. Bzw. sagt der Kumpel dann was. Da wird einfach gewartet.
So einfach kann Kommunikation mit Männern sein, wenn man erst mal als Kumpel akzeptiert ist.
Diskussionen oder Erörterungsgespräche, wer da nun welche "gute Absichten" hatte, die gefälligst anerkannt werden sollten, gibt es unter Kumpels nicht. Wozu auch? Da gibt es keine Bühne für gescheiterte Helden. Wenn ein Kumpel Unterstützung oder Hilfe braucht, hat der doch gar nicht den Nerv über so 'n Scheiß zu quasseln. Der will seine eigene Sache geregelt bekommen. Ist doch klar.
Ich seh auch gar nicht ein, warum ich als Frau dazu verdammt sein sollte, irgendeinem Menschen nach Zurückweisung kontraproduktiver Hilfe und entstandendem Schaden eine Bühne für
"Das Drama des gescheiterten Helden zu bieten."
Klar könnte ich dadurch ein paar Menschen mehr abholen. Am Ende eines mehrstündigen Dramas, in welchem ich mehrfach "die guten Absichten" anerkannte, waren viele dann auch bereit, einzusehen, dass sie mir einen Schaden verursacht haben. Und dass dieser Schaden durch Abstimmung im Vorfeld vermeidbar gewesen wäre.
Da schöpfte auch ich Hoffnung auf eine allmähliche Veränderung. Doch die Mehrheit der Männer änderte sich nicht.
Dann hatte ich solche mehrstündigen Dramas in Wiederholungsschleife. Gut für das Ego des Mannes. Er hat Scheiße gebaut, mir geschadet und bekommt dafür ein/ zwei Stunden Aufmerksamkeit inklusive etlcihen Streicheleinheiten für sein ach so bedürftiges Ego.
Ja, so eine Phase hatte ich früher.
Während weibliche Freundinnen auch noch das Herumrätseln um die Beweggründe der betreffenden Männer schürten, haben sich meine männlichen Freunde an den Kopf gepackt:
"Der Kerl verarscht dich doch. Der wirft dir ein paar Brocken hin, damit du dich stundenlang mit ihm und seinem Problem beschäftigst. Hör auf darüber nachzudenken. Vergiss ihn. Der wird sich nicht ändern."
Inzwischen ist mir meine Zeit dafür auch zu schade.
Nach meinen Erfahrungen durchbricht man diese alten patriachalistischen Muster eben nicht, indem man Verständnis für die "guten Absichten" des Mannes zeigt.
Und ich lasse mich auch in sexuellen Beziehungen nicht mehr in die Rolle des Weibchens drängen, welches sich doch bitteschön Gedanken um die guten Absichten des Mannes machen solle. Wenn es mir trotz all der Negativ-Erfahrungen gelingt, einfach bei dem zu bleiben, was mich im Moment nervt und stört (kontraproduktive Hilfe), dann verspüre ich auch nur Verärgerung bis leichte Wut. So wie unter Kumpels. Dann bin ich eben wieder das kleine Kind bzw. die Teenagerin, die verständnislos guckt und kurz angebunden antwortet, wenn er versucht ein Drama daraus zu machen. Hauptsache, er stört mich nicht mit seinem Ego-Anerkennungs-Problem. Und wenn einer weiterbohrt, stelle ich klar: Ich kümmere mich jetzt um meinen Scheiß. Und wenn er mir dabei nicht assistieren mag, geht das auch in Ordnung. Aber er müsse sich nun entscheiden: Den Assistenten spielen oder gehen?
Entweder der Mann nahm rasch wieder Abstand von einer sexuellen Beziehung mit mir. (Es tut mir gut, solche Typen schnell los zu werden.)
Oder aber ich hatte es mit einem Exemplar zu tun, welches tatsächlich mehr und mehr Interesse an den Tag legte, sich vorher abzustimmen.