„ Wie ist es denn, haben hier die Models auch mehrere Fesselpartner? Und wie reagiert da der Rigger?
Meine Gedanken dazu:
• Wer "switcht", hat oft (nicht immer) automatisch mehr als einen Fesselpartner. Das ist auch bei mir so, da ich aktiv, wie passiv fessele, und zumindest der Rigger bisher immer "straight" war.
• Die Angst vor der
Gleich-Konkurrenz: Meistens haben nur wenige Partner etwas gegen eine BI-Neigung einzuwenden, werden aber zu Furien, wenn das eigene Geschlecht involviert ist. So mit Sicherheit auch beim Fesseln, sprich "Rigger darf sich woanders gern passiv fesseln lassen, aber bloß nicht jemand anders aktiv verschnüren!"
Was ist die Angst dabei? Ich vermute hauptsächlich "verglichen werden" und dabei "verlieren". (Typische defizitäre Sichtweise, wenn es um Beziehungen geht. Denn man kann ja nicht gleichzeitig starke Gefühle für zwei verschiedene Menschen empfinden. Das entspricht nicht dem, was wir in 99% der Romantik-Komödien sehen. Es muss immer einen "Gewinner", sprich eine "Hauptbeziehung" geben.)
• Aktiv-/Passiv-Fesseln beherbergt immer irgendeine Form von temporärem
Machtgefälle, und sei es nur die Tatsache, dass ich jemandem erlaube mir Bewegungsspielraum zu nehmen.
Ein Bunny kann nun die Empfindung haben sich verletzlicher zu machen als der Rigger, da es "etwas mit sich machen lässt". Verantwortung und Kontrolle abgeben heißt auch jemand anderem Macht zu geben. Dieses "Geschenk" soll der Rigger bitte entsprechend sorgsam behandeln, worunter nun aber jeder etwas anderes verstehen kann. Für manche ist das dann "Du fesselst dafür AUSSCHLIEßLICH mit mir.". Entzieht sich der Rigger dieser Forderung, kann das vom Bunny so verstanden werden, dass er das Geschenk der eigenen Hingabe nicht wertschätzt bzw. nicht erwidert.
Was dabei oft nicht gesehen wird: Auch ein aktiver Part lässt sich bei seinem Bunny individuell fallen und baut Vertrauen auf. Das Machtverhältnis könnte also auch lauten "Ich erlaube dir mich zu fesseln. Weil du mir vertrauenswürdig erscheinst, darfst du für zwei Stunden mein Rigger sein. Überschreite eine Grenze und das Spiel ist sofort vorbei!" (Machtvolle Position)
• Die
eigene Freiheit ablehnen. Was meine ich damit? Ich selbst kenne es gut, dass ich schon mal eifersüchtig werde, wenn sich ein Partner etwas "herausnimmt", was ich mich im Leben nicht trauen würde. Die Lösung kann sein: Ich nehme mich selbst als einen freien und unabhängigen Menschen wahr. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen und bin niemals nur auf die Intimität mit diesem einen Partner angewiesen. Ich nehme freiwillig diese Verbindung an, bin dankbar und wertschätze unsere Beziehung. Ein Teil von mir bleibt jedoch weiterhin unabhängig, wild und frei. Und ich entscheide selbst, was ich damit mache. Zudem erkenne ich an, dass auch in meinem Partner eine unabhängige, wilde, freie und neugierige Seite weiterexistiert. Und ich gestehe ihm/ihr zu, dass er/sie diese Seite unabhängig von mir leben möchte, kann und wird.
Fragen dazu:
+ Bin ich bereit meine (sexuelle) Lust und meine Triebe vollkommen anzunehmen und aktiv Wege zu finden diese auszuleben?
+ Bin ich imstande die volle Verantwortung für meine Bedürfnisse zu übernehmen?
+ Bin ich in der Lage zu unterscheiden zwischen "Ich brauche im Allgemeinen mind. 3x/Woche fesseln, egal von/mit wem" und "Ich brauche speziell mit PartnerX drei Fesseleinheiten in der Woche, damit ich mich von ihm geliebt und wertgeschätzt fühle"?
+ Kann ich es aushalten, wenn mein Partner etwas auslebt, das ich selbst nicht ausleben möchte, nicht nachvollziehen kann oder mir selbst nicht erlaube zu leben?
(Das kenne ich z.B. auch vom Orgasmus: Für viele Frauen gehört der Orgasmus des Mannes automatisch zum Sex dazu, aber wenn es um ihren eigenen geht, trauen sie sich nicht dem Mann so viel Zeit oder "Arbeit" abzuverlangen. Schlimmstensfalls werden sie am Ende grantig und werfen dem Partner vor, dass er/sie nicht einfühlsam genug gemerkt hat, dass man selbst doch eigentlich auch Lust aufs Kommen hatte. Sprich: Sich selbst das "Nehmen" zu erlauben, auch beim Fesseln, kann dem Ungleichgewicht des "Ich schenke dir meine Hingabe und du Perverser dankst es mir mit der Lust auf andere" entgegenwirken. Du bist niemals der hilflose Part bzw. das "Opfer", auch beim einvernehmlichen Fesseln nicht.)
Eine Schlussbemerkung:
Ich erlebe es vor allem in D/s-Konstellationen häufig, dass die Subi zu 100% abhängig wird von der Fürsorge dieses einen Menschen wird, dies umgekehrt aber häufig nicht so ist. Ich habe deshalb meine eigene Meinung zu diesem Thema.
Ein Mensch gehört in meiner Welt ZU KEINEM ZEITPUNKT einem anderen Menschen. Deshalb ist D/s auch für mich nur ein temporäres Rollenspiel. Ich gehe Beziehungen immer aus freien Stücken ein und bleibe dennoch weiterhin ein eigenständiger, unabhängiger Mensch (bzw. ein in sich abgeschlossenes System). Die Hauptverantwortung für mich trage ich selbst.
Mein/e Partner darf/dürfen demnach ebenfalls eigenständige Menschen sein, die eigeneständige Bedürfnisse entwickeln.
Gemeinsam schauen wir, dass wir eine liebevolle, wertschätzende Beziehung führen und gleichzeitig trotzdem auch unsere freien Anteile weiterexistieren dürfen.
Eine dauerhafte Vorstellung von Macht und Hierarchie innerhalb einer Beziehung halte ich deshalb für gefährlich. Irgendeiner verliert dabei letztlich immer. Und dann kommen nämlich genau solche Dynamiken zustande wie "Ich gebe dir soooooo viel von mir und Du bist einfach nur so gemein zu mir, indem du ..... " usw.