Und jetzt jenseits des Moderationshinweises zu einer Sachantwort
Haben Anfänger*innen Angst vor Fortgeschrittenen?
Ich habe die Frage eher als bewusst provokant wahrgenommen, mag mich da aber täuschen.
Oft diskutieren wir in den Szenen eher andersherum: Warum haben es Anfänger*innen so schwer?
Da diskutiert man im Grunde immer dasselbe. Eine provokante Frage, die dazu einlädt eher zu widersprechen und zu argumentieren, warum gerade Anfänger*innen keine Sorge vor Fortgeschrittenen haben ist da ein netter, neuer Ansatz.
Allerdings denke ich, dass Teile der Frage durchaus auch ernst gemeint sind. An dieser Stelle würde ich aber etwas differenzieren, denn ich glaube, dass dabei der Hintergrund des Fragestellers durchaus mit bedacht werden muss. So kann ich mir durchaus vorstellen, dass Anfänger*innen "Angst", was ich eher als Respekt bezeichnen würde, vor Riggern wie dir haben,
@*******ion. Das betrifft aber eben nicht nur dich, wie du schon selbst schriebst.
Für mich gibt es einen Unterschied zwischen "Fortgeschritten" und "Fortgeschritten+".
Nehmen wir den normalen Fortgeschrittenen Rigger - und ich nutze bewusst ab hier die Begriffe "Rigger" und "Bunny", weil damit jeder etwas anfangen kann und man nicht in pseudofachbegriffe abwandert, mit denen bestimmte Subszenen agieren, die anderen aber nichts sagen, obschon sie am Ende eigentlich auch nur "Bunny und Rigger" meinen.
Der fortgeschrittene Rigger ist das, was die meisten suchen.
Das ist auch die Person, zu denen vielen exklusiv geraten wird.
Es gibt diverse Bunny-Guides, die ganz klar sagen, dass ein Bunny nicht mit Anfänger*innen fesseln sollte. Vielmehr sollte man sich sogar die Referenzen des potentiellen Riggers anschauen, nach Bildern suchen, mit anderen Bunnys, die mit diesem Rigger bereits fesselten, Kontakt aufnehmen und abklären wie diese Person so drauf ist.
Das klappt wunderbar für eine Art des Bondage, die ich gerne als "Swinger-Bondage" bezeichne, ohne dies abwertend zu meinen. Es meint lediglich, dass man Bondage nicht so sehr personenbezogen betreibt, sondern vornehmlich einen Fesselpartner sucht, dort auch durchaus mal den Partner wechselt und gar Eventbezogen, oder Fesseltreffbezogen, mit unterschiedlichen Partner*innen unterwegs ist. Das ist alles fein, weshalb ich noch einmal betonen möchte, dass ich das nicht abwertend finde.
Bei solchen Fesselpartner*innen kann ich den Wunsch nach Referenzen und einem quasi "Backgroundcheck" verstehen, ehe man auf einem Event mit einer bisher unbekannten Person sofort in die Vollen geht, weil man auch sofort in die Vollen gehen will. Man möchte Satisfaktion mit einem erfahrenen Rigger. Man sucht eine Session, keinen Anfänger, mit dem man zunächst beginnen muss einen Weg zu gehen.
Was diese Tipps völlig ausklammern ist alles was nicht diesem "Swinger-Bondage" entspricht.
Wenn man pauschal allen Bunnys, egal was sie eigentlich suchen, sagt, dass sie die Finger von Anfängern lassen sollen, dann werden Rigger irgendwann aussterben, weil Neueinsteiger keine neuen Bunnys mehr finden, sofern sich eben wirklich alle daran halten würden.
Vielleicht sucht Bunny auch gar nicht die schnelle Satisfaktion, sondern eine feste Paarbindung die "der Weg ist das Ziel", damit auch den Werdungsprozess eines Riggers, einschließen würde. Diese Person wird von solchen Bunny-Guide-Aussagen gar nicht bedacht.
Rigger, die keine Referenzen vorzuweisen haben, weil sie zwar seit Jahren fesseln, dies aber jahrelang außerhalb der öffentlichen Szene mit einer festen Beziehungspartnerin taten, würden ebenfalls nie wieder eine neue Partnerin finden.
Man sieht, dass ich der Meinung bin, dass nicht jeder Guide für jede Person passt, weil Guides nun einmal "Guides" sind, Richtlinien, Vorschläge, und keine Szenebibeln, keine Gesetze. Gerade Guides, die die Suche nach Partner*innen beinhalten, sollten eher als Tipps und Denkanstöße wahrgenommen werden.
Erfahrene Rigger haben es da deutlich einfacher.
Aber was ist mit "Fortgeschritten+"?
"Fortgeschritten+" sind für mich nicht nur persönlich fortgeschrittene, damit erfahrene, Rigger, sondern Rigger, die weit mehr machen. Rigger eben, die Workshops geben, die Shows geben, die in der Szene exponiert sind oder das sogar hauptberuflich betreiben.
Hier kommt dann meiner Wahrnehmung nach eine große Menge Respekt dazu.
So wird etwa angenommen, dass solche Rigger primär mit sehr erfahrenen Bunnys fesseln, da diese die "höheren Ansprüche" des Riggers Marke "Fortgeschritten+" erfüllen können.
So wird überdies ein gewisses Trainingslevel, eine gewisse körperliche Fitness, etc. als quasi Pflicht gesehen. Anfänger*innen glauben dann nicht zu genügen und vergleichen sich mit "Show-Bunnys" aus den Fesselshows, weshalb sie glauben, dass sie ohnehin nie eine "Schnitte" hätten und nicht wahrgenommen würden.
Zusätzlich kommt da die Szeneexponiertheit mit dazu.
Ein Bunny eines "Fortgeschritten+"-Riggers, der in der Szene aktiv ist, wird ebenfalls eher an dessen Seite wahrgenommen. Vielleicht wollen das manche nicht, bzw. haben davor Respekt. Gemischt mit dem was ich oben schrieb, der Sorge nicht zu genügen, mag das Druck erzeugen.
Ich bin in anderen Lebensbereichen öffentlich etwas exponiert und nehme in bestimmten Gruppen eine exponierte Stellung ein. Da erlebe ich ebenfalls eine gewisse Zurückhaltung was private Kontakte angeht, weil Menschen denken, dass man sofort schneller wahrgenommen werden würde und Menschen auch etwas falschen denken könnten. Etwas wie "guck mal, Person XY ist häufig mit dem privat unterwegs. Was da wohl passiert?"