Ich muss hier nun aber einmal leider wieder eingreifen.
Definierende Sprache ist nicht gleich exkludierend oder gar elitär.
Wir reden hier auch nicht von Krankheitsbegriffen, oder von körperlich, bzw. geistig einschränkenden Krankheits- oder Einschränkungsbildern.
Hier bitte die Kirche / Moschee / Synagoge / Hindu-Tempel / Odin-Schrein im Dorf lassen!
Natürlich kann man sich auch zu Tode definieren. Wenn ich nun für einen linkshändigen Rigger einen anderen Kunstbegriff erfinden würde wie für einen rechtshändigen, dann wäre das eine unnötige Definitionsfrage.
"Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“
• Wittgenstein
Etwas zu definieren und ansprechen zu können bedeutet noch lange nicht, dass man als Mensch permanent in Schubladen spricht.
Sehr einfaches Beispiel: Wenn ich als Tape-Bondagemensch zu einem Treff gehe, der einfach nur "Fesseltreff" heißt, dann würde ich mich vielleicht wundern, wenn dort nur Shibari-Menschen sitzen.
Als Shibari-Mensch wundere ich mich, wenn ich mit einem Menschen in Kontakt komme der oder die angibt "total" auf Bondage zu stehen, damit aber eigentlich "nur" Handschellenfixierung meint.
Es macht also durchaus Sinn Begriffe für Dinge zu finden.
Umso abstrakter man bleibt, umso abstraker können die Begriffe auch bleiben.
Ich bin beispielweise gar kein Freund davon auf einem allgemeinen BDSM-Stammtisch statt "ich mag Seilbondage" gleich mit "ich mag Shibari nach Osada-Ryu" anzukommen, weil einfach kein Mensch damit etwas anfangen wird können, gerade wenn kein anderer Shibariliebhaber mit am Tisch sitzt.
Sofern ich mich aber mit Shibariliebhabern an einem Tisch befinde wird die Sprache natürlich auch exklusiver, weil man wesentlich konkreter im Detail diskutiert.
Jemand schrieb weiter oben, dass man, wenn man einfach alle Termini weglassen wollte, auch einfach generell sagen könnte "wir mögen BDSM". Ende. Keine weiteren Begriffe notwendig. Dann könnte diese Gruppe mit einer allgemeinen BDSM-Gruppe verschmelzen, denn alleine schon, dass sie explizit für (Seil-)Bondage steht wäre, der Argumentation folgend, schon eine exkludierende Schublade.
Bei dem Thema hier befinden wir uns nun in einer Detailfrage.
Nämlich bei: Fesselpartnerfindungen - Ist der Begriff "Swingen" grundsätzlich negativ konnotiert und warum?
Wenn ich einen Menschen kennenlerne, dann mag man romantisierend sagen, dass einem egal ist ob diese Person Poly, Pan, Offen, oder wie auch immer sexuell sei.
Wenn ich mit einem Menschen aber konkret zusammenkomme, dann ist das gar nicht mehr so egal. Dann möchte ich schon wissen, ob dieser Mensch möglicherweise Poly leben möchte. Das möchte ich spätestens dann wissen, wenn ich selbst mit Polybeziehungen nicht anfangen kann und damit nicht leben könnte. Es klingt sehr "open minded" wenn man sagt, dass einem das egal ist. Es ist auch gut, wenn einem das persönlich egal ist. Als allgemeiner Leitsatz, dass dies allen egaler sein müsste, taugt die Aussage aber leider nicht, weil sie an der Wirklichkeit zerbricht.
So wie die Aussage, dass einem die Partnerwahl im Bondage doch eigentlich egal sein könnte.
Wenn Person A eine feste Fesselpartnerschaft auf mono-Level sucht dann kommt sie eben nicht mit einem Partner klar, der eher die spontane einmalige Fesselung wünscht. Wenn beide sich zu einem Date verabreden, bzw. gedenken gemeinsam zu einem Event zu fahren um sich dort kennenzulernen ist Frustration auf einer Seite vorprogrammiert, wenn das für Person A ein erstes Date für "mehr" ist aber für Person B, die "Bondage-Swinger" ist (um den Begriff erneut einmal wieder zu benutzen) nur ein einmaliges Date um von einem Rigger vor Ort gefesselt zu werden ohne hinterher erneut Kontakt zu suchen.
Hätten beide darüber was sie eigentlich suchen vorher gesprochen, dann ließe sich Stress vermeiden der aufkommt, weil beide ganz unterschiedliche Wünsche und Hoffnungen in und aneinander haben.
Und wenn sie miteinander sprechen, dann hilft es auch verbalisieren zu können was man möchte. Dazu helfen Beschreibungen. Ansonsten müssten wir auch Begriffe wie "Monogam", "Offene Beziehung" und "Poly" streichen, weil das dann auch nur Schubladen wären.
Und hier ging es ganz konkret um die Frage ob dieser Begriff stört und warum, bzw. was er eigentlich ausdrücken soll.
Leider haben sich daraus einige unschöne Formulierungen ergeben die, da gebe ich einigen Recht, durchaus als Kinkshaming verstanden werden könnten.