Ausgeliefert, eine Weihnachtsgeschichte
Ausgeliefert, eine WeihnachtsgeschichteAls Schreiner ist man es gewohnt mit Holz umzugehen, das ist mir aber schon in die Wiege gelegt worden, da ich aus einer Familie komme, die mit Holz aufgewachsen ist und vom Holz lebt. Jetzt stehe ich deshalb hier auf dem Marktplatz und verkaufe Weihnachtsbäume meiner Familie, weil mein Vater krankgeschrieben ist und mich als Aushilfe angefragt hat, da konnte ich ja nicht nein sagen, auch wenn es Heiligabend ist. Der Strom der Besucher reißt nicht ab, denn selbst heute, gibt es Menschen, die noch am letzten Tag gucken, das sie ein passendes Exemplar finden.
Es ist kurz vor Schließung des Verkaufs, als mich eine Frau anspricht und auf einen Baum zeigt, den sie haben möchte. Als ich die Stimme höre, bekomme ich eine Gänsehaut, mein Herzschlag beschleunigt sich, ich sehe die Frau direkt an und da steht sie. In ihrem Mantel und mit der Mütze hatte ich sie nicht sofort erkannt, aber die Stimme und nun ihren Blick habe ich nicht vergessen.
Der ausgesuchte Baum ist nicht sehr groß, aber schlank und gleichmäßig gewachsen, passt genau zu ihr. Ich nehme das Exemplar, schiebe es durch den Netztrichter und stelle es gegen den Zaun, sie gibt mir das Geld und fragt mich, ob ich den Baum auch in Ihre Wohnung liefern würde. Ich verneine, denn ich muss gleich alles aufräumen und verstauen, bevor ich nach Hause fahre.
Sie guckt mich mit leicht geneigtem Kopf und einem Lächeln an, bevor sie sagt, dass sie sich das gedacht hat, aber sie würde sich sehr freuen, wenn ich ihr den Gefallen tuen würde. Außerdem wollte sie mir doch noch mehr von Ihrer Leidenschaft zeigen, sie glaubte das es mir beim letzten Mal gefallen hat. Mein Körper sagt ja, mein Kopf ruft nein, leider ist das Feuer in meinem Körper nicht mehr aufzuhalten und ich sage, dass ich erst noch aufräumen muss, aber dann würde ich ihr helfen.
Wir kommen in ihrer Wohnung an und ich sehe mich nach einem Ständer für den Baum um, kann aber nichts entdecken außer das Möbelstück, das von mir seinerzeit geliefert wurde. Sie sieht anscheinend meine Fragezeichen im Kopf und sagt mir, er soll dort vor der Wand an der Decke gehängen. Anscheinend blicke ich so verwundert, dass sie auflacht und meint, dass sei ihrer Leidenschaft geschuldet, ich weiß gerade nicht mehr, was ich sagen soll.
Sie greift in eine Kiste, holt ein Seil heraus und bittet mich, den Baum kurz festzuhalten. Mit gekonnten Handgriffen knotet sie das Seil am Baum fest, führt es durch eine Öse an der Decke, löst meine Hand und der Baum schwebt kerzengerade von der Decke und nur Zentimeter über dem Boden. Das hätte sie aber schon öfters gemacht, gebe ich meine Überraschung zum Ausdruck und sie sagte mir, dass Seile eine ihrer größten Leidenschaften sind. Sie sieht mich so an, als schätze sie meine Unsicherheit ein und fragt mich, ob ich mich traue, sich ihren Seilen auszuliefern. Ich glaube, sie meint sich ihr auszuliefern, aber bevor ich groß darüber nachdenken kann, willige ich ein.
Sie beginnt direkt mit einigen Vorbereitungen, bei denen ich ihr aufmerksam zusehe und mir kommen Zweifel, ob ich nicht zu vorlaut war. Zunächst holt sie mehrere Metallteile und beginnt diese an Ösen in der Decke zu befestigen, da sie nicht sehr groß ist, benötigt sie eine Leiter und ich frage, ob ich helfen könne. Sie verneint und ich sehe wie jetzt Ringe und Rohre befestigt werden und ich werde doch etwas nervös bei dem Anblick. Dann legt sie darunter dickere Matten aus, mit Decken darauf und holt aus der Kiste verschiedene Seile. Dann bitten sie mich meine Klamotten auszuziehen und erklärt sogleich, als sie meinem Blick begegneten, dass ich so die Seile besser und intensiver spüre, ich solle ihr vertrauen. Meine Boxershorts lasse ich besser an, sonst sieht sie gleich, dass mich ihre Nähe erregt. Ich solle mich entspannen, wie sie mir sagt, als sie Sie sieht, dass mir die Situation unangenehm zu sein scheint und ich errötete.
Nachdem alles vorbereitet ist, geht sie kurz in ihr Schlafzimmer und kommt zurück, ebenfalls nur mit einer schwarzen Shorts und einem ärmellosen Top bekleidet, mir wird heiß, aber auch bange, als ich ihre Arme und Beine sehe, verziert von Tattoos mit mystisch bizarren Gestalten. Sie erklärt mir, wie sie vorgeht, ich solle mich entspannen, fühlen und mich in die Seile fallen lassen, sie wird mich führen und halten.
Dann geht es los, ich sitze vor ihr auf dem Boden, sie nimmt ein Seil und beginnt meine Hände aneinander zu binden. Dann werden meine Augen mit einem großen Tuch verbunden, sie streift über meine Arme und führt sie überkreuzt vor meine Brust. Mit schnellen Bewegungen windet sie Seile um meine Arme und Brust, verknotet diese und ich erkenne, ich bin ihr nun völlig ausgeliefert. Plötzlich spüre ich, wie mein ganzer Körper hochgezogen wird und mein ganzes Gewicht in den Seilen hängt. Dann bekomme ich Seile um die Beine gebunden und nachdem alles verknotet ist, werden auch diese hochgezogenen, so dass ich nun komplett hänge. Weiter Seite legt Sie um meine Hüfte und bindet auch das Tuch um meine Augen fest, jetzt hänge ich waagerecht in der Luft. Bei alledem sagt sie kein Wort.
Fallen lassen hatte sie gesagt und tatsächlich entspanne ich meine Muskeln, meinen ganzen Körper und spüre, wie die Seile mich halten. Je mehr ich mich entspannen kann, desto weniger spüre ich die Seile und dann gar nicht mehr, als ob ich schwebe wie eine Feder, gleite wie ein Vogel über den Wolken, ein Gefühl von Freiheit macht sich in mir breit. Ich fühle mich wohl, gehalten von Seilen, mit denen eine faszinierende Frau mich gefangen genommen hat. Dann spüre ich ihre Hände über meine Brust streichen bis runter zu meinen Beinen. Sie scheint unter mir zu liegen, ich genieße es und komme in die Realität zurück. Die Seile werden nun nach und nach gelöst, bis sie mich auf den Boden legt, sie löst die Augenbinde und ich sehe sie neben mir sitzen und mich zufrieden anlächeln.
Ich gucke auf die Uhr, ist es so spät? Ich sage, dass es mir sehr gefallen hat, ich jetzt aber gehen muss, ziehe mich an und verabschiedete mich. Sie bittet mich um meine Handynummer, um mir ein paar Bilder von meiner Erfahrung in den Seilen zusenden zu können. An der Tür umarmt sie mich und wünscht mir fröhliche Weihnachten, ich tue es ihr gleich und geht runter, dreht mich nochmal um und sage, dass ich gerne mehr von Ihrer bizarren Welt kennen lernen möchte.
Am heutigen Heiligabend bin ich nicht bei der Sache und starre ständig auf mein Handy und dann vibriert es und die Bilder sind da. Ich bin überrascht, wie es aussieht, wenn ich so in den Seilen hänge, aber sogleich kommen die Gedanken und Gefühle zurück. Ich bedanke mich und frage, ob ich ihr Morgen ein Geschenk bringen kann. Sie sei zu Hause antwortet sie, ich könne einfach vorbeikommen.
Direkt nach dem Frühstück fahre ich los, denn ich muss sie sehen und als ich hochkomme, steht sie schon im Türrahmen. Sie streckt mir ihre Hand entgegen, ich gebe ihr einen Handkuss. Sie lächelte, zieht mich in die Wohnung und blicken an mir herunter, um zu fragen, ob ich das Geschenk vergessen hätte. Ich verneine, denn es stehe vor ihr. Zunächst scheint sie irritiert, doch dann versteht sie und zieht meinen Kopf zu sich heran, um mir einen Kuss zu geben.
Mein Körper fängt Feuer und ich sage ihr, dass ich in ihre Welt eintauchen möchte, gefangen von ihren Seilen, ihrer Stärke, ihren Fantasien. Sie umarmt mich, mein Herz pocht wie verrückt und ich spüre, dass ich ihr ausgeliefert bin, aber der Gedanke daran macht mir Freude. Es beginnt das schönste, bizarrste und freudigste Weihnachtsfest meines bisherigen Lebens, denn Sie führt mich in ihre Welt, eine Welt voller bizarrer Fantasien, die ich bisher nicht kannte, die nun aber unsere gemeinsamen werden.
(Happy End)