Dann erlaube ich mir mal etwas für Aufklärung zu sorgen.
Ich habe dabei geholfen einem netten Paar aus dem Joy ein Stahlboot zu kaufen. Es wurde eine Zeeschouw rund 11 Meter lang und echt ein schönes Ding.
JA ...das ist ein Schiff, ein Schiff weil es "Plattbodenschiff" heisst. Plattbodenboote gibt es nicht.
Gleichzeitig würde ich auch mal gerne mit diesen ganzen Stereotypen aufräumen.
Ja man kann selber ein Stahlschiff kaufen. Aktuell gibt es einen Preisverfall, das bedeutet die allgemeine wirtschaftliche Situation wirkt auf die Käufer die extrem zurückhaltend sind.
Gleichzeitig ist der Markt übersättigt, weil im Zuge der gesellschaftlichen Alterung viele ihr Bott abgeben.
Ein Stahlschiff (nur davon kann ich reden) kauft man idealerweise in Holland. NEIN nicht alle Holländer sind Betrüger und NEIN nicht alle Holländer handeln kriminell mit Boten.
Zunächt sollte man sich bei einem Plattbodenschiff 2 Dinge klar machen. Maßgeblich für den Kauf ist der Rumpf und der Antrieb. Plattbodenschiffe haben den Vorteil imens viel Platz zu bieten und den Nachteil dass sie meist gering motorisiert sind.
Die meisten Plattbodenschiffe sind als Segler ausgelegt und man sollte genau hinsehen was man mit so einem Pott wirklich vorhat.
Der Rumpf:
So ein Schiff rostet von innnen. Die Pötte sind meist aus einfachem Baustahl und eben mehrheitlich über 30 Jahre alt.
Um den Rumpf zu untersuchen empfiehlt sich ein Gerät, ich habe ein
Elektrophysik Minitest 440 inkl. Sensor (rund € 1.500,--)
Es hat den Vorteil dass man damit auch die Dicke von beschichteten Rümpfen gut messen kann. Es ist sehr genau. Man scannt also den Rumpf und sicherlich ist eine Rumpfdicke von mehr als 3 mm Voraussetzung.
Dann sieht man sich das Wasserschiff von innen an. Krazt mal ein wenig mit dem Schraubenzieher und sieht wie gut/schlecht der Korrosionsschutz ist.
Danach ein Blick aufs Stevenrohr, die Seeventile (meist 2). Ist das alles soweit in Ordnung hat man schon mal die halbe Miete.
Der Idealfall. Der Rumpf wurde gestrahlt, gute Grundierung, 1 Lage 2k Epoxy gerollt, 1 Lage 2K Epoxy glatt gespachtelt. 2 Lagen Antifouling gerollt. Wer kontakte zum Brücken oder Stahlbau hat, kommt da sehr günstig an sehr gute Korosionsschutzsysteme.
Das Schiff MUSS man kranen. Also an Land bringen. Das kostest je nach Hafen seltsamerweise ganz unterschiedlich viel Geld. In ner Nobelmarina wie Olderplass Roermond nehmen die für ein 7 Tonnenboot locker € 300,-- geht man in eine kleine Marina etwas abseits muss man erst checken ob deren Kran das hebt aber man ist meist mit € 140,-- dabei.
Der Antrieb:
Anseits aller Tips die man im Internet liest und mit denen sich Leute versuchen zu profilieren. Ein Diesel ist eine komplizierte Sache. Selber kann man sicherlich einen "Vorcheck" machen aber nur
ein Dieselmotortechniker kann die Kompressions messen und damit wesentliche Ausssagen zum Rumpfmotor machen. Er kann den Druck der Dieselpumpe checken, wie der Rücklauf der Injektoren ist, und was die Kurbelwelle so macht.
Diese Leute findet man idealerweise bei Ebay Kleinanzeigen. Da es ältere Motoren sind, bietet sich auch immer gerne ein Rentner an der sowas lange beruflich gemacht hat, was die alleine mit den "Ohren" schon erkennen ist beeindruckend.
Ich habe jemanden gefunden der 40 Jahre Erfahrung mit Deutz-Dieselmotoren hat und der kennt sich gut auch mit den anderen Motoren aus. Saugdiesel funktionieren alle ziemlich gleich. Der Mann nimmt für einen Tag - wenn Sie ihn mitnehmen rund € 300,--. Sein Einsatz hat 3 potentielle Boote nach 10 Min untersuchung direkt ins ausgeschossen.
Hat man also ein Go für den Rump und ein go für den Motor kann soviel gar nicht mehr schiefgehen.
Eines aber, sogar ein "relativ" (für diese Schiffe) großer Motor also sagen wir mal 40 PS ist eben geeignet, durch ein Kanälchen, das Isselmehr, die Maasplassen und sicher auch an einer Küste entlang (ja die Plattbodenschiffe sind Küstentauglich) keinesfalls fahren Sie damit den Rhein gegen die Strömung hoch.
Ein Wort zu den "Gutachtern". Das ist in der praxis eine heikle Sache. Sehen Sie es mal nüchtern. Auch in Holland ist "Gutachter" kein geschützter Beruf. Und diese Gutachter sind eben Unternehmer mit allen dazu gehörenden Eigenschaften. Der Gutachter weiss dass er Sie nach dem Bootskauf vermutlich als Kunde nie wiedersehen wird. Den Makler aber schon und das mehrmals ... der Rest erklärt sich durch den normalen Menschenvertand und Grundkenntnissen der Marktwirtschaft.
Der Rest des Bootes ist Holz. Meist wirken die Innen sehr "altbacken" und es müffelt auch etwas. Das muss jeder für sich entscheiden. Ich persönlich reisse diese Holzinnenbauteile raus und ersetze sie - gerne mit neuem Grundriss - aus guten Hartschaumplatten, die sind leichter als Holz und - je nach Typ - stabiler.
Die Elektrik:
Diese Schiffe haben meist eine einfache Installation. 12 V als Grundversorgung. Getrennt nach "Bootsstrom" und "Anlasserstrom" also 3 Batterien. Sinnvoll ist eine 70 AH für den Anlasser/Motor und 2 mal min. 140 AH Batterien für die Bootsversorgung. Ob man alle 3 über den Anlasser speist oder die Bootsstrombatterien über den Landanschluss muss man je nach Verwendung des Bootes entscheiden. Der Rest ist sehr einfach. Sinn macht eine Kombiabschicherund in einem Sicherungskasten für beide Stromarten. Der Rest sind eben einfach nur Kabel die man in Kanälen verlegt.
Der Makler:
In Holland ist ein großer Teil des Bootsmarktes in den Händen der Makler. Machen Sie sich eines klar, das sind "Vermittler" deren Provision ist im Bootspreis enthalten also ein Aufschlag. Ich will diese Leute nicht schlecht machen, die halten eine Menge Equipment vor, haben oft ganze eigene Häfen. Aber die verteuern eben ein Boot.
Faktisch haften diese Makler für nix, es gibt auch keine Gewährleistung oder Garantie. Sie "verkaufen" das Boot im Auftrag des Eigentümers, nicht mehr und nicht weniger.
Gerne bieten Ihnen die Makler dann eben einen "unabhängigen Gutachter" an, entscheiden Sie selber welche Mechanismen Sie dann erwarten.
Machen Sie sich klar, die Makler leben davon das Boot zu verkaufen, sie kennen jeden Trick das Boot ideal darzustellen. Und natürlich kennen die auch alle "Gegenmaßnahmen" um die "Eigenüberprüfung" eines Dieselmotors in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Als Privatmarktplatz bietet sich
https://www.marktplaats.nl/
an. Sie werden überrascht sein weil viele Boote dort und eben auch auf den Maklerplattformen angeboten werden, der Preisunterschied ist oft frappierend.
Dieses Boot wurde dort auch gefunden.
So, ich wollte einfach mal ganz sachlich und wertfrei einen Beitrag leisten zu "wie kaufe ich ein Stahlboot".
Wen Interesse daran hat oder sich gerne das eine oder anderen Gerät dazu ausleihen möchte oder einen Tip braucht, kann mich gerne anschreiben.
Da viele Antworten in diesem Thread auf meine einfache Fragestellung weder etwas mit meiner Frage noch irgendeinen wirklich verwertbaren und zielführenden Beitrag geleistet haben, nehme ich mich dann mal aus dem Ding raus.
Zum Schluß noch ein Bild von dem "Schiff" ein schönes Ding und ich wünsche den neuen Eigentümer viel Spaß damit.
Und hier ist das "Schiff"