Madame Bovary
Madame Bovary
von: Gustave Flaubert [*1821 Rouen † 1880 Canteleu]
Sohn eines Chirurgen, was seine guten Detailkenntnisse über Anatomie und medizinische Handlungsmethoden erklärt; denn den Ehemann der Madame Bovary lässt er als Landarzt arbeiten.
Kurzinhalt:
Die junge Emma, Tochter eines reichen Bauern, heiratet den Landarzt Charles Bovary, beginnt sich jedoch schon bald in der Ehe und auf dem Land zu langweilen, da sie sich von Leben und Liebe etwas Größeres erhofft. Sie vertieft sich in Bücher und träumt sich in deren Handlung hinein. Auf einem Ball finden ihre Träumereien scheinbar Erfüllung. Jedoch hält der nachfolgende Alltag ihren Wunschvorstellungen nicht stand. Die Liebhaber enttäuschen sie genauso wie der amusische Ehemann. Emma wird melancholisch, verschuldet sich und schluckt in ihrer Verzweiflung Arsen.
Charles kommt nicht über Emmas Tod hinweg, zudem bewirken die noch offenen finanziellen Forderungen und Pfändungen bald, dass er mit Tochter Berthe in Armut und Elend stürzt. Als er die Briefe der Liebhaber an Emma findet, ist er endgültig ein gebrochener Mann und stirbt kurze Zeit später. Berthe muss nun ihr Geld in einer Baumwollspinnerei verdienen.
Der Erstling von Flaubert rief bei seinem Erscheinen einen Skandal hervor. Obwohl der darin geschilderte Sex heute von jeder einzelnen Berlin-Tag-und-Nacht-Folge bei weitem übertroffen wird. Das 19-te Jahrhundert war prüde. Zumindest nach außen hin.
Der Roman wurde zunächst 1856 in der Zeitschrift La Revue de Paris veröffentlicht; daraufhin klagte die Zensurbehörde den Autor wegen „Verstoßes gegen die guten Sitten“ an; unter anderem wurde ihm „Verherrlichung des Ehebruchs“ vorgeworfen. In einem Prozess wurde Flaubert freigesprochen. 1857 erschien die vollständige Romanausgabe in Buchform und war sofort ein großer Erfolg.
Madame Bovary gilt als Geburtsstunde des modernen Romans. Weil Flaubert ein zeitgenössisches Thema aussuchte [der Fall hatte sich 1848 tatsächlich zugetragen] und in der Darstellung stets nah an der Sache dranblieb. Nichts erklärte oder gar beschönigte, sondern bloß erzählte. Zudem wählte er eine klare Sprache und nutzte kurze Sätze.
40 Jahre später wurde ein neuer Begriff kreiert: Bovarysmus.
Sich mit einem Buch, dessen Handlungsstrang und den Figuren komplett identifizieren. Glauben, man sei selbst Teil des Romans. Alles um sich herum vergessen, solange die Buchstaben vor den Augen flimmern. Eintauchen in eine Fantasiewelt.
Ich habe den Roman gerade zum 2-ten Mal (jetzt als E-Book) gelesen. Aufgestöbert im Projekt Gutenberg in einer Übersetzung von 1912. Sind einige Begriffe drin enthalten- bspw. Ellenreiter für Textil-Einzelhändler bzw. Boutique-Besitzer -, die ich nachschlagen musste; was ja Spaß macht.
Nach wie vor ein Vergnügen, das Buch in die Hand zu nehmen.
In einer Rezension fand ich folgenden Satz des Autors: »Als ich die Vergiftung Emmas beschrieb, fühlte ich den Geschmack von Arsen auf meiner Zunge.« Das gefällt mir!!