"Ancillary Justice" (Ann Leckie)
OK nach langer Zeit raffe ich mich mal wieder zu einer Buchbesprechung (oder zumindest -empfehlung) auf. Nach einer Reihe von ausgezeichneten aber auch fordernden Büchern, die man aus verschiedenen Gründen als
highly intellectual bullshit klassifizieren könnte ("Die siebte Sprachfunktion", "2666", "Echopraxia") brauchte ich etwas Bodenständiges und habe einer amazon-Empfehlung für einen ganz normalen SF-Roman nachgegeben. Einen ganz normalen sehr guten SF-Roman, wie die Kritik, und jetzt auch ich, meint.
Ann Leckie, "Ancillary Justice", ISBN 0356502406. Deutsche Ausgabe: "Die Maschinen", ISBN 3453316363.
Ich habe das englischsprachige Original gelesen, aber die Übersetzung dürfte auch so gut sein, wie Übersetzungen halt sein können, denn Bernhard Kempen ist schon ein guter Übersetzer.
Der Debütroman von Ann Leckie hat so ziemlich alle wichtigen SF-Preise eingesammelt (angefangen mit Hugo und Nebula). Und apropos
Debüt: Leckie hat erste Entwürfe 2002, mit 36 geschrieben, dann mit Unterbrechungen bis 2011 weiter an dem Roman gearbeitet, der dann schließlich tatsächlich von einem Verlag zur Veröffentlichung angenommen wurde (frühere Versuche Leckies ihre Werke zu veröffentlichen waren erfolglos). Ein Glücksfall für Autorin und Leser.
Es handelt sich um
Hard SF, aber nur in dem Sinne, dass alles eine technische und keine magische Erklärung hat. Mit großartigen Erklärungen zur fiktiven Wirkungsweise oder auch nur technischen Details, befasst Leckie sich nicht. Die Stärke besteht vielmehr in der Beschreibung der Gesellschaft und der handelnden Personen (und AIs).
Warum das Buch vielerorts als Space Opera klassifiziert ist, erschließt sich mir nicht. Es schwelgt nicht genretypisch in Raumschlachten oder auch nur Schusswechseln. Und wenn diese auch vorkommen, so wird bestimmt auf mindestens dreimal mehr Seiten Tee getrunken. Oder Arrack.
Anfangs sehr irritierend ist das generische Femininum, das für alle zivilisierten Personen benutzt wird. Im fiktiven Reich der Raadch ist das Geschlecht nahezu irrelevant, und mit dem generischem Femininum wird der Leser ständig daran erinnert. Nur jenseits der Grenzen, oder bei erst kürzlich dem Reich einverleibten Systemen, bei den Barbaren also, ist das anders. Und nur Barbaren tragen nicht ständig Handschuhe, denn bei den Raadch wäre das äußerst obszön. Oder sehr erotisch, je nach Kontext.
Ansonsten ist das Reich der Raadch eine Aristokratie, mit einem absolutem Despoten an der Spitze, nicht gerade eine Idee, die in der SF noch nie umgesetzt wurde...
Aber der Reiz des Buches ist halt die erzählerische Qualität, weswegen ich mich jetzt auch gar nicht weiter in Inhaltsangabe übe.