Angst vorm Fliegen
Erica Jong - schon wieder
Ich dachte mir, wenn ich schon Sappho gelesen habe von ihr, wäre es an der Zeit mir ihr berühmtestes (berüchtigtes) Buch auch zu Gemüte zu führen.
Ein Skandal in den 1970ern! Eine Frau, die über Sex schreibt, von Penis, Möse, ficken, vöglen schreibt und von ihren sexuellen Fantasien mit fremden Männern, wo sie doch eine verheiratete Frau ist!
Ich weiß noch, es stand im Bücherschrank meiner Eltern, doch ehrlichgesagt bin ich skeptisch, ob meine Mutter es je gelesen hat. (Ich werde sie bei nächster Gelegenheit fragen
)
Bislang geht es zwar auch schon um ihre sexuellen Fantasien, viel (viel!) mehr Raum nimmt jedoch ihre Auseinandersetzung mit dem eigenen Jüdisch-Sein ein, die virulent wird, weil sie gerade auf einem Kongress in Wien ist und 2 Jahre in Heidelberg gelebt hat. Ein interessanter Einblick auch in das deutsch-österreichische Leben der 1960er aus der Sicht einer Außenstehenden.
Ich bin erst auf S. 112 von 359, und warum ich, entgegen meiner Art, schon jetzt mit der Besprechung rausplatze, ist eine geniale Passage auf S. 109, die ich euch nicht vorenthalten möchte.
Denn die Ich-Erzählerin ist auch eine wunderbare sich-selbst-analysierende und sexuelles-zwischenmenschliches berücksichtigende Philosophin.
Das letzte Mittel, den Gegner zu demütigen: der Schwanz, der einem (wem? ihm oder mir?) den Dienst verweigert. Die tödliche Waffe im Kampf der Geschlechter: der schlaffe Schwanz.
Das Banner des feindlichen Lagers: der Schwanz auf halbmast. Das Symbol der Apokalypse: der Atomsprengkopf-Schwanz, der sich selbst vernichtet.
Das ist die fundamentale Ungerechtigkeit, die nie aus der Welt geschafft werden kann: nicht dass das Männchen eine einmalige zusätzliche Attraktion, genannt Penis, besitzt, sondern dass das Weibchen eine einmalige Allwetter-Möse ihr eigen nennt. Weder Sturm noch Hagel noch das Dunkel der Nacht können ihr etwas anhaben. Sie ist immer da, immer bereit. Ziemlich beängstigend, wenn man darüber nachdenkt. Kein Wunder, dass Männer die Frauen hassen. Kein Wunder, dass sie das Märchen von der weiblichen Unzulänglichkeit erfunden haben."